Adel

Autor: Erwin Eugster | Stand: 31.12.2011

Das Wort Adel ist vom althochdeutschen ůdal (Erbhof) abgeleitet. In zahlreichen Kulturen ist die Aussonderung erblich bevorrechteter Familien zu beobachten, die einen eigenen Adelsstand bilden. Im Frankenreich und in dessen Nachfolgestaaten verkörperte der Adel in seiner Gesamtheit Staatsvolk und Reich und erhob aus seinen Reihen den König, der seinerseits über die von ihm verliehenen Ämter die Rangfolge innerhalb des Adels beeinflusste. Bis ins 10./11. Jahrhundert dominierten beim Adel die kognatischen, d.h. durch Heiratsverbindungen hergestellten Sippenbindungen. Mit dem Bau namensgebender Burgen als fester Herrschaftssitze setzten sich die agnatischen Bindungen, d.h. die Abfolge von Generationen in männlicher Linie, durch. Neben den alten, durch edelfreie Geburt gekennzeichneten Adel trat seit dem 11. Jahrhundert der Dienstadel (→ Ministerialität und → Rittertum), der sich zum Grossteil aus unfreien Eigenleuten rekrutierte und erst im 13. Jahrhundert die persönliche Freiheit erlangte.

Das Gebiet Liechtensteins gehörte zu der 806 errichteten Grafschaft Rätien (später Unterrätien), die von den gräflichen Sippen der Hunfridinger und dann der Udalrichinger (9./10. Jahrhundert) verwaltet wurde. Mit Graf Rudolf erloschen 1150 die Grafen von Bregenz, ein Zweig der Udalrichinger. Pfalzgraf Hugo von Tübingen, der mit Rudolfs Tochter Elisabeth verheiratet war, übernahm einen Grossteil des Erbes. Von seinem Sohn Hugo stammen die Grafen von Montfort und von Werdenberg ab.

Die Grafen von Werdenberg-Sargans-Vaduz und nach ihnen die Freiherren von Brandis und die Grafen von Sulz strebten danach, im Gebiet Liechtensteins eine Landesherrschaft zu errichten; von besonderer Bedeutung waren hierbei die Regalien und die Brandisischen Freiheiten sowie die Durchsetzung von Landsteuer und Umgeld. Obwohl sie sich gelegentlich als Landesherren bezeichneten und mit dem Landsbrauch auch ein eigenes Recht schufen, kam es nicht zur Bildung eines Landes aus ihren Herrschaften. Wie die ihnen nachfolgenden Grafen von Hohenems lehnten sie sich zumeist an die sich seit dem 14. Jahrhundert im Alpenrheintal festsetzenden Habsburger an.

Die Fürsten von Liechtenstein, die 1699 die Herrschaft Schellenberg und 1712 die Grafschaft Vaduz erwarben, bildeten daraus das nach ihnen benannte Fürstentum, mit dem sie Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat erhielten. Der von ihnen durchgesetzte fürstliche Absolutismus erhielt mit der Erlangung der Souveränität 1806 weiteren Auftrieb. Erst die konstitutionelle Verfassung von 1862 brachte mit dem Landtag die Beteiligung des Volks an einzelnen Staatsaufgaben. Im Hausgesetz von 1993 lebt die im Spätmittelalter entstandene Idee eines sich selbst, einer guten Regierung und der christlichen Religion verpflichteten Hochadelsgeschlechtes weiter.

Literatur

  • Erwin Eugster: Ostschweizer Adel vom 12. bis zum 15. Jahrhundert, in: Sankt-Galler Geschichte 2003, Bd. 2: Hochmittelalter und Spätmittelalter, St. Gallen 2003, S. 103–128.
  • Dieter Stievermann: Geschichte der Herrschaften Vaduz und Schellenberg zwischen Mittelalter und Neuzeit, in: Liechtenstein – Fürstliches Haus und staatliche Ordnung, hg. von Volker Press und Dietmar Willoweit, Vaduz/München/Wien 21988, S. 87–128.
  • Karl F. Werner: Adel. A. Fränkisches Reich, Imperium, Frankreich, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 1 (1980), Sp. 118–128.
  • Christian Meier, Werner Conze: Adel, Aristokratie, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, hg. von Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck, Bd. 1, Stuttgart 1972, S. 1–48.

Zitierweise

<<Autor>>, «Adel», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 6.2.2025.