Arbeitsbeschaffung

Autor: Stefan Frey | Stand: 31.12.2011

Unter Arbeitsbeschaffung versteht man alle staatlichen Massnahmen, die direkt (durch Aufträge) oder indirekt (durch Subventionen) Stellen schaffen und zur Senkung der Arbeitslosigkeit beitragen sollen. In Liechtenstein setzte der Staat erstmals während und nach dem Ersten Weltkrieg auf Arbeitsbeschaffung: Land und Gemeinden versuchten, der Arbeitslosigkeit durch Notstandsarbeiten (v.a. Strassenbau und Rüfeverbauungen) zu begegnen.

Arbeitsbeschaffungsprogramme in weit grösserem Massstab führte der Staat in der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre durch. Um den zahlreichen Arbeitslosen Beschäftigung zu verschaffen, steigerte das Land, dessen Einnahmen nur kurzzeitig zurückgingen, die Infrastrukturinvestitionen massiv. Ab Winter 1930/31 boten der Bau des Binnenkanals, Strassenbauten sowie die Erstellung von Rüfeverbauungen ständig mehreren 100 Männern Arbeit. Auch die Gemeinden führten, unterstützt durch Subventionen des Landes, zur Arbeitsbeschaffung zahlreiche Bauprojekte aus (Strassen, öffentliche Gebäude). Der Arbeitsbeschaffung dienten zudem Subventionen für Gewerbe und Landwirtschaft. Trotz dieser umfangreichen Massnahmen konnten nicht genügend Stellen geschaffen werden. Die Zuteilung der Arbeit gab daher, zumal noch keine Arbeitslosenversicherung bestand, immer wieder Anlass zu Streit und zu Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition, da die regierende Fortschrittliche Bürgerpartei (FBP) zeitweilig ihre Parteigänger bevorzugte. Schliesslich wachte eine paritätische Kommission und ab 1938 die Koalitionsregierung über die gerechte Arbeitszuteilung. Ab 1941/42 erübrigten sich Massnahmen zur Arbeitsbeschaffung allmählich, da sich in Liechtenstein dank dem verbesserten Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt durch das schweizerisch-liechtensteinische Fremdenpolizeiabkommen (1941), dank der Arbeitsnachfrage aus dem Deutschen Reich (v.a. aus Vorarlberg) und der von der Kriegskonjunktur profitierenden liechtensteinischen Metallindustrie praktisch Vollbeschäftigung einstellte.

In den 1990er Jahren, als die Arbeitslosenquote erstmals wieder auf über 1 % stieg, war Arbeitsbeschaffung kein Thema. Hingegen wurden Programme geschaffen, um Arbeitslosen die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Literatur

  • Peter Geiger, Arthur Brunhart, David Bankier, Dan Michman, Carlo Moos, Erika Weinzierl: Fragen zu Liechtenstein in der NS-Zeit und im Zweiten Weltkrieg. Flüchtlinge, Vermögenswerte, Kunst, Rüstungsproduktion. Schlussbericht der Unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg, Vaduz/Zürich 2005, S. 41–43.
  • Peter Geiger: Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren 1928–1939, Triesen/Zürich 1997, 22000, Bd. 1, S. 197–293.
  • Rupert Quaderer: «Die soziale Frage ist nicht eine blosse Magenfrage…». Die Arbeiterbewegung in Liechtenstein zwischen Erstem Weltkrieg und Zollanschluss (1914 bis 1924), in: Fabriklerleben. Industriearchäologie und Anthropologie, Publikation zur Ausstellung, hg. von Hansjörg Frommelt im Auftrag des Liechtensteinischen Landesmuseums, Redaktion: Robert Allgäuer, Hansjörg Frommelt, Hanspeter Gassner, Triesen/Zürich/Vaduz 1994, S. 255–280, hier S. 256–259, 272–274.

Zitierweise

<<Autor>>, «Arbeitsbeschaffung», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 8.2.2025.