Batliner, Gerard

Autor: Redaktion | Stand: 31.12.2011

Regierungschef und Landtagspräsident. *9.12.1928 Eschen, †25.6.2008 Eschen, von Eschen. Sohn des Landwirts Andreas und der Karolina, geb. Schafhauser, fünf Geschwister.  17.7.1965 Christina Negele (*30.7.1946), zwei Söhne. Gymnasium in Schwyz, 1949–56 Studium der Rechtswissenschaften in Zürich, Freiburg i.Üe. und Paris sowie der Philosophie in Freiburg i.Br., 1957 Dr. iur. Ab 1956 als selbständiger Rechtsanwalt in Vaduz tätig.

Batliner begann seine politische Karriere als Vizepräsident der FBP (1958–62) und Vizegemeindevorsteher von Eschen (1960–62). 1959–62 war er zudem Mitglied des Verwaltungsrats der AHV/IV/FAK. Als liechtensteinischer Regierungschef von 1962 bis 1970 betreute er die Ressorts Präsidium, Äusseres, Finanzen, Erziehung und Kultur. Batliner arbeitete intensiv auf eine aussenpolitische Öffnung Liechtensteins hin, besonders auf den Beitritt zum Europarat. In seine Amtszeit fielen u.a. die Errichtung verschiedener öffentlich-rechtlicher Kulturstiftungen (z.B. Liechtensteinische Musikschule 1963, Kultur- und Jugendbeirat 1964, Liechtensteinische Staatliche Kunstsammlung 1969), die Schaffung des Sozialhilfegesetzes (1965), die Gründung des Liechtensteinischen Entwicklungsdienstes (1965) und des Vereins für Heilpädagogische Hilfe (1967). 1965–70 führte er den Vorsitz des Technikumsrats des Abendtechnikums Vaduz. 1973 war Batliner an der Gründung der Liechtensteinischen Gesellschaft für Umweltschutz beteiligt.

1974–82 engagierte sich Batliner als Landtagsabgeordneter erneut in der Politik. Er war 1974–78 Landtagspräsident und 1978–82 Landtagsvizepräsident sowie zeitweilig Vorsitzender der Finanzkommission, der Aussenpolitischen Kommission und des Landesausschusses. 1974–78 leitete er die Parlamentarische Beobachterdelegation und 1978–82 die liechtensteinische Parlamentarierdelegation beim Europarat, 1981–82 war er Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Seine Tätigkeit auf europäischer Ebene setzte er 1983–90 als Mitglied der Europäische Menschenrechtskommission, 1991 als liechtensteinischer Delegationsleiter an diversen KSZE-Expertentreffen, 1991–2003 als Mitglied der Europäischen Kommission für Demokratie durch das Recht (Venedig-Kommission) und ab 1995 als Schiedsrichter am Gerichtshof der OSZE fort.

In der liechtensteinischen Staatskrise 1992 war Batliner an der Vermittlung eines Kompromisses zwischen Fürst und Regierung/Landtag beteiligt. Während der bis 2003 dauernden Verfassungsdiskussion engagierte er sich u.a. mit seiner Schrift «Aktuelle Fragen des liechtensteinischen Verfassungsrechts» (1998) gegen die fürstlichen Verfassungsvorschläge (→Verfassung), in denen er eine Schwächung des demokratischen Verfassungselements erkannte.

1951 war Batliner Gründungsmitglied und 1951–52, 1958 und 1982–83 Präsidenten der Liechtensteinischen Akademischen Gesellschaft (LAG) sowie 1972–98 Leiter des LAG-Verlags, der v.a. die von Batliner ins Leben gerufene Publikationsreihe «Liechtenstein Politische Schriften» herausgibt. Seine intensive gedankliche Auseinandersetzung mit dem Kleinstaat Liechtenstein schlug sich in diversen Monografien und Aufsätzen u.a. zu Politik, Volksrechten und Verfassungsrecht nieder. 1986 initiierte Batliner die Gründung des Liechtenstein-Instituts und war 1987–97 am Institut Vorsitzender des Wissenschaftlichen Rats.

Ehrungen: Ehrendoktor der Universitäten Basel (1988) und Innsbruck (2001), Grosskreuz des fürstlich liechtensteinischen Verdienstordens (1967), Fürstlicher Justizrat (1970), Grosses Silbernes Ehrenzeichen am Bande der Republik Österreich, Ehrenmitglied des Historischen Vereins für das Fürstentums Liechtenstein (1994).

Archive

  • Archiv des Historischen Lexikons des Fürstentums Liechtenstein online (AeHLFL).

Quellen

  • Rechenschaftsbericht der Regierung an den Hohen Landtag, Vaduz 1962–70.

Literatur

  • «Was will Liechtenstein sein?». Texte aus dem Nachlass von Gerard Batliner (1928–2008), hg. vom Liechtenstein-Institut, Schaan 2009 (= Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 46) [mit einer Kurzbiografie von Georg Malin und Werkverzeichnis].
  • Christoph Maria Merki: Liechtensteins Verfassung, 1992–2003. Ein Quellen- und Lesebuch, Vaduz/Zürich 2015, S. 725, passim.
  • Alois Riklin, Luzius Wildhaber, Herbert Wille (Hg.): Kleinstaat und Menschenrechte. Festgabe für Gerard Batliner zum 65. Geburtstag, Basel/Frankfurt am Main 1993.
  • Paul Vogt: 125 Jahre Landtag, hg. vom Landtag des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz 21988, S. 147.
  • Johannes Kaiser: 70 Jahre Fortschrittliche Bürgerpartei. Arbeit für Liechtenstein, hg. von der Fortschrittliche Bürgerpartei, Schaan 1988, S. 61–66.

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Normdaten

GND: 119254204

Zitierweise

<<Autor>>, «Batliner, Gerard», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 8.2.2025.

Medien

Regierungschef Gerard Batliner in seinem Büro im Regierungsgebäude in Vaduz. Fotografie (LI LA). Foto: Walter Wachter, Schaan.