Bendern (Pfarrei)

Autorin: Doris Klee | Stand: 31.12.2011

Die spätmittelalterliche Pfarrei Bendern umfasste rechts- und linksrheinisch Bendern, Gamprin, Ruggell, Schellenberg, Aspen und Berg (Gemeinde Eschen), Sennwald, Salez und Haag. Die Pfarrei gehörte zum Bistum Chur und war die grösste Pfarrei im Gebiet des heutigen Fürstentums Liechtenstein.

Die ältesten schriftlichen Quellen beziehen sich nicht explizit auf die Pfarrei, sondern auf die Kirche (→Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt) und auf den Hof von Bendern, die 1045 dem Kloster Schänis gehörten. 1194 bestätigte Kaiser Heinrich VI. die Schenkung Rüdigers von Limpach, der die Kirche von Bendern mit den zugehörigen Gütern als königliches Lehen dem Prämonstratenserkloster Sankt Luzi in Chur vermachte, bei dem diese bis 1801 (Vertrag von Lunéville) verblieben. Die Besitzungen und Rechte in der Pfarrei liess sich das Kloster verschiedentlich durch kaiserliche (1200, 1214, 1413, 1550) und päpstliche (1208, 1214, 1501) Urkunden bestätigen. 1215 und 1251 wurde die Pfarrkirche Bendern dem Kloster inkorporiert. Damit verfügte St. Luzi fortan über das Patronats- und Präsentationsrecht in der Pfarrei Bendern und liess die Seelsorge in dieser Pfarrei durch eigene Konventualen ausüben.

Die enge Bindung der Pfarrei an St. Luzi und die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen weltlichen Herrschaften (rechtsrheinisch Schellenberg, linksrheinisch Forsteck) führten zu divergierenden Entwicklungen der beiden Pfarreiteile. Im linksrheinischen Teil kam es 1422 (Sennwald) und 1512 (Salez) zu Loslösungsprozessen und nach 1564 zur Reformation (Sennwald, Salez), der sich Haag bis 1637 widersetzte. In diesem Zusammenhang steht auch das 1612 angeblich von zwei Haager Frauen gestiftete Fastentuch.

Der rechtsrheinische Pfarreiteil blieb weiterhin mit dem Kloster St. Luzi verbunden, umso mehr, als sich infolge der Reformation der Konvent von 1538 bis 1636 in Bendern niederliess. Konflikte entstanden durch die Handänderung der Herrschaft Schellenberg von den Grafen von Sulz an die Grafen von Hohenems (1613) und bei der Restitution des Klosters St. Luzi in Chur (1624). Im Dreissigjährigen Krieg kam dem «Clösterlein Bendern» ein kaiserliches Salvum Conductum zugute, das sowohl Einquartierungen als auch Kontributionsforderungen verbot. 1636 kehrte der Konvent nach Chur zurück, blieb aber wirtschaftlich von der Pfarrei Bendern abhängig. Die Grafen von Hohenems wie ab 1699 auch die Fürsten von Liechtenstein versuchten nach dem Herrschaftsantritt, ihre Landeshoheit in der Pfarrei Bendern auf Kosten St. Luzis auszubauen (1687 Novalzehnt). In diesem Spannungsfeld kam es vermehrt zu Konflikten zwischen den Pfarrgenossen und dem Kloster bzw. deren Seelsorger in Bendern, so 1673 wegen dem Erwerb des «Öhri-Hofs», dessen Privilegien zulasten der Pfarrgenossen gingen, oder 1686 wegen unterschiedlicher Auffassung über die Entrichtung des Blut- und Kleinzehnten.

1688 wurde St. Luzi und damit verbunden auch die Pfarrei Bendern vorübergehend (bis 1717) mit der süddeutschen Mutterabtei Roggenburg vereinigt. 1709 und 1725 gab es erfolglose Bestrebungen, das Kloster aus seelsorgerischen und finanziellen Gründen nach Bendern zu verlegen.

Nach dem Frieden von Lunéville (1801) kam die Pfarrei Bendern als Entschädigung für die an Napoleon I. abgetretenen linksrheinischen Gebiete an Fürst Wilhelm V. von Oranien-Nassau, dessen Sohn Erbprinz Wilhelm Friedrich sie 1804 an Kaiser Franz I. von Österreich abtrat. Im Frieden von Pressburg (1805) gelangte die Pfarrei vorübergehend an das Königreich Bayern, bevor sie 1814 wieder an Österreich kam. Durch den Vertrag von Lunéville wurde dem Kloster St. Luzi die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen. Der Konvent löste sich 1806 auf und übergab seine Rechte dem bischöflichen Priesterseminar in Meran. Einige Konventualen übersiedelten nach Bendern und waren noch bis 1816 als Seelsorger tätig. Danach übernahmen Weltgeistliche die Seelsorge in der Pfarrei.

Die Besitzungen der Pfarrei Bendern verwaltete anfänglich ein von Oranien-Nassau eingesetzter Statthalter. Die verschiedenen Handänderungen bewirkten eine unklare Rechtslage, die zu umstrittenen Pfarrbesetzungen führte, da sowohl der Bischof von Chur für das Priesterseminar als auch die österreichische Regierung das Patronatsrecht in Bendern für sich beanspruchten, während die Fürstliche Regierung (das Vaduzer Oberamt) das Recht der Einsetzung für sich reklamierte.

Die Rechtsunsicherheit und die Spannungen zwischen Kirchgenossen und Obrigkeiten begünstigten die Loslösung von weiteren Pfarreiteilen. Ruggell erhielt 1844 einen eigenen Seelsorger für die seit 1617 bestehende Fridolinskappelle, war ab 1854 eine provisorische Kuratie und bildet seit 1874 eine eigene Pfarrei. In Schellenberg finanzierten die Kirchgenossen 1855–56 den Bau einer eigenen Kapelle. 1858 gestatteten sie einigen Schwestern und den sie betreuenden Patres der Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut, ein Kloster zu errichten. 1861 erfolgte die Bewilligung der Expositur in Schellenberg durch das bischöfliche Ordinariat, 1874 die Errichtung einer Kuratie. Die endgültige Bildung einer eigenen Pfarrei erfolgte 1881.

Die langwierigen Auseinandersetzungen zwischen weltlichen und geistlichen Herrschaftsträgern wurden 1874 beigelegt, als Österreich die Pfarreigüter an die Gemeinde Gamprin verkaufte und das Patronat über die Kirche Bendern übertrug. Dadurch entstand die heutige Pfarrei Bendern, die sich in ihrer Grösse mit der Gemeinde Gamprin deckt. Für die Verwaltung der Pfarrpfründe Bendern ist ein Kirchenrat zuständig, der vom Gemeinderat auf jeweils vier Jahre gewählt wird. Die Rechnungsführung der Pfarrpfründe untersteht einem vom Gemeinderat auf unbestimmte Zeit ernannten Pfrundverwalter, der dem Kirchenrat jährlich eine Abrechnung vorzulegen hat und für die Betreuung der Liegenschaften zuständig ist.

Zum religiösen Leben in der Pfarrei gehören verschiedene Wallfahrten (Bittgänge, Umgänge). Das 1612 entstandene Fastentuch verschwand nach 1900 und fand sich 1947 auf der Heubühne des Pfarrstalls. Seither verhüllt es während der 40-tägigen Fastenzeit (Aschermittwoch bis Mittwoch in der Karwoche) wieder die Chorwand (ab 1984 als Kopie, Original im LLM).

Bereits 1626 ist in Bendern eine Rosenkranz-Bruderschaft erwähnt, welche sich 1878 neu formierte. Am 1.12.1893 wurde in der Pfarrkirche zudem eine Herz-Jesu-Bruderschaft gegründet, welche sich der Rosenkranz-Bruderschaft anschloss und jeweils am letzten Sonntagnachmittag im Monat in der Pfarrkirche Bendern anlässlich einer Stationenandacht der im vergangenen Monat verstorbenen Bruderschaftsmitglieder gedachte. Die heute noch bestehende Erzbruderschaft des heiligen Rosenkranzes gedenkt alle zwei Monate am Sonntagnachmittag und Montagabend mit einem Gottesdienst der Verstorbenen des Unterlands.

Die 1896 errichtete und am 7.8.1898 eingeweihte Lourdes-Grotte zu Ehren der Muttergottes ist eine Nachbildung der Grotte im französischen Wallfahrtsort Lourdes und wie diese ein Ort der Marienverehrung. Alljährlich am 1. Mai findet eine grosse Lichterprozession zur Lourdesgrotte statt und jeweils am ersten Sonntag im Juni, Juli und Oktober sowie am 15. August (Mariä Himmelfahrt) und 8. September (Mariä Geburt) eine Monatsprozession.

Bis in die 1960er Jahre fand jeweils am ersten Sonntag im Juni eine Prozession zu Ehren des Märtyrers Felix statt. Die Reliquien des hl. Felix, die der aus Bendern stammende Priester Franz Josef Kind in Rom erhalten hatte, wurden am 1.5.1880 anlässlich der Weihe feierlich in die renovierte Kirche Bendern überführt. Die Erinnerung an den hl. Felix wird mit der alljährlichen Aufbahrung der Felix-Statue am ersten Sonntag im Juni gepflegt.

Literatur

  • Immacolata Saulle Hippenmeyer: Chur, St. Luzi, in: Helvetia Sacra, Abteilung 4: Die Orden mit Augustinerregel, Bd. 3: Die Prämonstratenser und Prämonstratenserinnen in der Schweiz, Basel 2002, S. 217–266.
  • Doris Klee: Die Pfarrei Bendern – ein kirchliches Zentrum abseits, in: Das Fastentuch von Bendern 1612, Vaduz 1999, S. 13–20.
  • Doris Klee: Die Pfarrei Bendern an der Wende zur frühen Neuzeit, in: Bausteine zur liechtensteinischen Geschichte Bd. 1, Zürich 1999, S. 163–209.
  • Johann Baptist Büchel: Die Geschichte der Pfarrei Bendern, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein Bd. 23 (1923), S. 1–180.
  • Johann Baptist Büchel: Die Urkunden des Pfarrarchivs zu Bendern, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein Bd. 12 (1912), S. 81–139.

Zitierweise

<<Autor>>, «Bendern (Pfarrei)», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.

Medien

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