
Borscht (Buerst)
Autorin: Anna Merz | Stand: 31.12.2011
Archäologischer Fundort, Gemeinde Schellenberg, 690 m ü.M., auf einer der höchsten nordöstlichen Kuppen des Eschnerbergs gelegen.
Während die Siedlungsfläche, die aus einem nördlichen und einem südlichen Hochplateau sowie einem Vorgelände besteht, auf drei Seiten durch Felsabstürze auf natürliche Weise fast vollständig gesichert ist, schliesst sich an der Süd- bzw. Südwestflanke offenes Gelände an. Hier befindet sich ein noch heute im Gelände sichtbarer Wall, «Vorwall» genannt, von etwa 50 m Länge und 3–4 m Mauerbreite bzw. 14 m Gesamtbreite mit Verstärkungen auf beiden Seiten und Spuren, die auf einen Brand hinweisen. Ein weiterer Vorwall befand sich auf der nördlichen Seite, wurde jedoch durch die Anlage eines Wasserreservoirs zerstört. Rund um das 90 m lange und 40 m breite Plateau erstreckte sich ebenfalls ein Wall, der «Ringwall». Die Wallstrukturen datieren teilweise in die frühe Bronzezeit (2200–1550 v.Chr.), teilweise in die Eisenzeit (800–15 v.Chr.), wobei auch eine frühmittelalterliche Phase nicht ausgeschlossen werden kann. Das Plateau diente immer wieder als Siedlungsstelle, wobei jedoch die zentrale Fläche unbebaut blieb.
Erste Sondierungen wurden 1935 von Egon Rheinberger durchgeführt, gefolgt von Adolf Hild 1936. Nach dem Abholzen des Walds auf der Kuppe wurden 1947–52 archäologische Grabungen unter der Leitung von David Beck durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass die früheste Besiedlung in die mittlere Jungsteinzeit (5. Jahrtausend v.Chr.) zurückreicht, in die sogenannte Stufe der Epi-Rössener bzw. der Kugelbecher-Gruppen, von denen eine nach der liechtensteinische Fundstelle Gruppe Borscht benannt wurde. Die international bekannten und von verschiedenen Autoren besprochenen Funde bestehen hauptsächlich aus dünnwandiger, sorgfältig geglätteter Keramik, von der besonders die Kugelbecher von Bedeutung sind. Sie sind reichhaltig verziert mit hängenden Dreiecken, Gittermustern, schraffierten horizontalen Bändern, Fischgrätenornamenten und anderen feinen Einstichverzierungen und sind vom Oberelsass bis ins Schweizer Mittelland verbreitet. Des Weiteren gibt es Geräte aus Silex, Bergkristall, Stein und Knochen. Ausser einigen Gruben sind keine Spuren einer Siedlung erhalten, im Gegensatz zu den folgenden Phasen, aus denen Herdstellen, Pfostenlöcher und sogar einige Hausgrundrisse bekannt sind.
Auf die Siedlung aus der mittleren Jungsteinzeit folgen zwei weitere jungsteinzeitliche Siedlungsphasen, die sich stratigrafisch nicht trennen lassen; die ältere Phase datiert in die Pfyner Kultur (ersten Hälfte des 4. Jahrtausends v.Chr.), die jüngere in die Horgener Kultur (zweite Hälfte des 4. Jahrtausends v.Chr., Anfang des 3. Jahrtausends v.Chr.). Darauf folgen zwei Siedlungsphasen der frühen Bronzezeit (2200–1550 v.Chr.) mit einer grossen Anzahl Tonscherben sowie einer Gussform und einer Reihe von Metallgegenständen, deren Schwerpunkt in der jüngeren Stufe der frühen Bronzezeit bzw. am Beginn der mittleren Bronzezeit liegt; dies im Gegensatz zur Keramik, die eindeutig in die frühe Bronzezeit datiert. Eine Besonderheit sind die «Straubinger Flaschen», die auf Kontakte in den Donauraum um Regensburg hinweisen. Wenige Funde stammen aus den jüngeren Phasen, der späten Bronzezeit (1300–800 v.Chr.) und der Eisenzeit (800–15 v.Chr.).
Literatur
- Mathias Seifert: Schellenberg-Borscht, ein prähistorischer Siedlungsplatz im Fürstentum Liechtenstein, Bd. 4: Die Funde aus Hirschgeweih, Kochen, Felsgestein, Silex und Berkristall, Triesen 2004.
- Magdalena Maczynska: Schellenberg-Borscht. Ein prähistorischer Siedlungsplatz im Fürstentum Liechtenstein. Befunde, Keramik, Metallfunde, 3 Bände, 1999.
Zitierweise
<<Autor>>, «Borscht (Buerst)», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 17.2.2025.