
Brandis, Johannes von
Autor: Dieter Stievermann | Stand: 31.12.2011
Landesherr. *8.6.1456, †10.10.1512 Strassburg, // Dom von Strassburg. Sohn des Ulrich und der Praxedis von Helfenstein. Bruder des Ludwig, des Sigmund II. und der Verena.
Als vierter Sohn wurde Johannes für den geistlichen Stand bestimmt. Wohl schon 1468 dem hochadligen Strassburger Domkapitel angehörend, studierte er 1476 in Bologna, wurde 1483 nach irregulärer Wahl vom Papst zum Dompropst in Chur ernannt, wo der Vaterbruder Ortlieb als Bischof amtierte. Johannes verzichtete aber nicht auf den Mitbesitz an den väterlichen Herrschaften: Er erscheint bei Huldigungen und Privilegienbestätigungen nach Ulrichs Tod 1486 wie auch bei anderen wichtigen Regierungshandlungen. 1488 konnte er mit päpstlichen Dispens das Amt eines Strassburger Domdekans übernehmen. Als sich die politische Lage in seiner Heimat im ausgehenden 15. Jahrhundert zuspitzte, nahm Johannes als Churer Dompropst vergeblich an Ausgleichsverhandlungen teil. Im Schwabenkrieg 1499 übergaben ihm die Eidgenossen nacheinander seine gefangenen Brüder Wolfgang (Deutschordensritter), Sigmund II. und Thüring IV.; Bedingung war, dass diese Chur nicht verlassen sollten. Nach dem Tod des Bruders Sigmund 1507 war Johannes der letzte legitime Spross aus der Manneslinie der Freiherren von Brandis. Er behielt weiterhin seine einträglichen geistlichen Würden und sorgte mit für den Übergang der Herrschaften Maienfeld, Vaduz, Schellenberg und Blumenegg auf Graf Rudolf V. von Sulz, den Sohn seiner Schwester Verena. Zusammen mit Graf Rudolf begegnet Johannes als Landesherr. Gemeinsam veräusserten sie 1509 die Herrschaft Maienfeld an die Drei Bünde. 1510 verlieh zwar der über diesen Handel verstimmte Kaiser Maximilian Vaduz und Blumenegg als heimgefallene Lehen an andere (darunter den späteren Kaiser Karl V.), doch behaupteten sich Johannes und dessen Neffe Rudolf in der Herrschaft. Am 14.7.1510 verkaufte Johannes seine Rechte an Vaduz, Alt- und Neuschellenberg sowie Blumenegg für 12 000 Gulden und gegen Übernahme aller Schulden an den Neffen.
Literatur
- Peter Kaiser: Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein. Nebst Schilderungen aus Chur-Rätien’s Vorzeit, Chur 1847, neu hg. von Arthur Brunhart, Bd. 1: Text, Bd. 2: Apparat, Vaduz 1989.
- Dieter Stievermann: Geschichte der Herrschaften Vaduz und Schellenberg zwischen Mittelalter und Neuzeit, in: Liechtenstein – Fürstliches Haus und staatliche Ordnung. Geschichtliche Grundlagen und moderne Perspektiven, hg. von Volker Press und Dietmar Willoweit, Vaduz/München/Wien 1987, 1988 S. 87–128, hier S. 124f.
- Otto P. Clavadetscher, Werner Kundert: Die Bischöfe. Bistum Chur, in: Helvetia Sacra, Abteilung I: Erzbistümer und Bistümer, Bd. 1: Schweizerische Kardinäle, Bern 1972, S. 541.
- Placid Bütler: Die Freiherren von Brandis, in: Jahrbuch für Schweizer Geschichte, Bd. 36 (1911), S. 1-151, hier S. 120–122, 127–150.
Zitierweise
<<Autor>>, «Brandis, Johannes von», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 17.2.2025.
Normdaten
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