
Christianisierung
Autor: Robert Rollinger | Stand: 31.12.2011
Die frühesten fassbaren Kirchenbauten als Zeugnisse für die Verbreitung des Christentums stammen im Gebiet der römischen Provinz Raetia prima aus dem 5. Jahrhundert. Ähnliches gilt für Gräberfelder und Memorialbauten. Zwar wurde ein im Welschdörfli in Chur freigelegtes Gebäude des 4. Jahrhunderts als früher Kirchenbau gedeutet, doch bleibt diese Interpretation Spekulation. Ein weiterer, von Adolf Hild in diese Richtung gedeuteter Befund auf der Heidenburg bei Göfis (Vorarlberg) hält einer kritischen Prüfung nicht stand. Einer der ältesten sicher nachweisbaren Kirchenbauten auf dem Gebiet der Provinz ist die wohl ins 5. Jahrhundert zu datierende Saalkirche der Kapelle St. Peter in Schaan in ihrer frühesten Bauphase. Das dazugehörige Baptisterium (Taufbecken) weist die Anlage als Gemeindekirche des Gebiets aus. Im Umkreis der Kirche entstand ein kleiner Friedhof mit beigabenlosen christlichen Bestattungen der einheimisch-romanischen Bevölkerung. Seit 451 ist für Chur ein Bischof nachgewiesen. Mit der Klageschrift des Bischofs Viktor III. aus dem Jahr 823 liegen erstmals verlässliche Zahlenangaben über den Kirchenbestand der Diözese vor.
Neben der allmählichen Christianisierung hielten sich nichtchristliche religiöse Praktiken gewiss bis weit ins Frühmittelalter. Die Kulthöhle von Zillis (GR) weist auf entsprechende Tätigkeiten bis ins 5./6. Jahrhundert hin. Nach der Zerstörung der Höhle blühte der Kult im 7./8. Jahrhundert erneut auf und fand erst im beginnenden 9. Jahrhundert sein endgültiges Ende.
Literatur
- Hans Rudolf Sennhauser: Chur, Kirche (?) im Welschdörfli (A23), in: Frühe Kirchen im östlichen Alpengebiet. Von der Spätantike bis in ottonische Zeit, hg. von Hans Rudolf Sennhauser, Bd. 2, München 2003, S. 707–730.
- Wilhelm Sydow: Kirchenarchäologie in Tirol und Vorarlberg. Die Kirchengrabungen als Quellen für Kirchen- und Landesgeschichte vom 5. bis in das 12. Jahrhundert, Horn 2001 (= Fundberichte aus Österreich, Materialhefte, Reihe A, Heft 9).
- Reinhold Kaiser: Churrätien im frühen Mittelalter. Ende 5. bis Mitte 10. Jahrhundert, hg. vom Institut für Kulturforschung Graubünden, Chur, und der Gedächtnisstiftung Peter Kaiser (1794–1864), Vaduz, Basel 1998, S. 87–103.
- Jürg Rageth: Ein spätrömischer Kultplatz in einer Höhle bei Zillis GR, in: Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 51 (1994), H. 3, S. 141–172.
- Urs Clavadetscher: Übergang ins Frühmittelalter, in: Churer Stadtgeschichte, Redaktion: Ursula Jecklin, Bd. 1, Chur 1993, S. 186–218, bes. S. 187–191.
- Wilhlem Sydow: Frühmittelalterliche Kirchen Vorarlbergs, in: Montfort. Vierteljahresschrift für Geschichte und Gegenwart Vorarlbergs, Jg. 42 (1990), S. 9–18.
- Alois Niederstätter: Frühes Christentum in Vorarlberg, in: Die Römer in den Alpen. Historikertagung in Salzburg 13.–15.11.1986, Bearbeiter: E. Zacherl, Bozen 1989 (= Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer, Bd. 2), S. 221–227.
- Bernhard Overbeck: Geschichte des Alpenrheintals in römischer Zeit. Auf Grund der archäologischen Zeugnisse, Teil 1: Topographie, Fundvorlage und historische Auswertung, München 1982 (= Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte, Bd. 20), S. 60, 62, 110.
Zitierweise
<<Autor>>, «Christianisierung», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 8.2.2025.