
Demonstrationen
Autor: Donat Büchel | Stand: 31.12.2011
Demonstrationen sind öffentliche Kundgebungen von Anschauungen oder Forderungen. Sie richten sich als Protest gegen gesellschaftliche Verhältnisse, die Regierung oder politische Gegner. Demokratien garantieren das Demonstrationsrecht als Grundrecht des Bürgers im Rahmen rechtsstaatliche Normen. Es beruht auf der Meinungsäusserungs- und der Versammlungsfreiheit, die in Liechtenstein mit der Verfassung von 1921 eingeführt wurden.
Seit dem 15. Jahrhundert sind in Liechtenstein Volksaufläufe und Unruhen belegt. Im 19. Jahrhundert kam es während der Revolution 1848–49 und den Münzwirren 1877 zu Demonstrationen. Nach dem Ersten Weltkrieg nahm deren Zahl zu. 1920–21 demonstrierten im Zusammenhang mit der Ernennung von Josef Peer zum Landesverweser und der Briefmarkenaffäre Anhänger der Volkspartei und der Bürgerpartei.
Waren Demonstrationen zu Beginn der 1920er Jahre v. a. Parteiaufmärsche, kamen nach 1930 Kundgebungen von Interessenverbänden dazu. 1931–34 fanden wiederholt Arbeiterdemonstrationen in Vaduz statt. Deren Ursache lag in der wirtschaftlichen Not, sie wiesen aber auch politischen Charakter auf. Als Reaktion auf die umstürzlerische Kundgebung des Liechtensteiner Heimatdienstes vom 9.12.1934 wurden am 11.12.1934 die Abhaltung von Kundgebungen unter freiem Himmel und Demonstrationen jeder Art unter Bewilligungspflicht gestellt. Im Dezember 1938 verlautbarte die Regierung diese Kundgebungsverordnung erneut, als Antwort auf die Aktionen der Volksdeutschen Bewegung in Liechtenstein (VDBL). Im Juli 1940 folgte ein allgemeines Versammlungsverbot für politische Organisationen, um die Aktivitäten der VDBL einzuschränken. Diese und andere auf das Vollmachtengesetz von 1933 gestützte Verordnungen wurden durch das Staatsschutzgesetz von 1949 wieder aufgehoben.
Nach 1945 waren Demonstrationen selten. Es erweiterten sich aber deren Trägerschaft und Ziele. So wurde z. B. 1968 gegen den Einmarsch der Sowjetunion in die Tschechoslowakei protestiert. Nach der erneuten Ablehnung des Frauenstimm- und -wahlrechts fanden 1971 die erste Frauendemonstration und eine Kundgebung von Schülern des Liechtensteinischen Gymnasiums statt. Bei Letzterer wurden Teilnehmer von vermummten Gegnern attackiert. Ansonsten gab es (ausser 1940–41) kaum Gewalt bei Demonstrationen. Während der Staatskrise 1992 kam es zu einer Kundgebung vor dem Regierungsgebäude. Weitere Demonstrationen richteten sich 1997 gegen die Errichtung des Erzbistums Vaduz und 2003 gegen den Irakkrieg. Ort der Demonstrationen war in der Regel Vaduz.
Literatur
- Klaus Biedermann: Das Dekanat Liechtenstein 1970 bis 1997. Eine Chronik des kirchlichen Lebens, Vaduz 2000, S. 320f.
- Peter Geiger: Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren 1928-1939, Vaduz/Zürich 22000.
- Rupert Quaderer-Vogt: «Erkenne man doch die flammenden Zeichen der Zeit!», in: Die Schlossabmachungen vom September 1920, 1996, S. 71–93.
- Arno Waschkuhn: Politisches System Liechtensteins: Kontinuität und Wandel, Vaduz 1994 (=Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 18), S. 110–114.
- Wilfried Marxer: Zur Einführung des Frauenstimmrechts in Liechtenstein, in: Inventur, 1994, S. 169–210.
- Paul Vogt: Brücken zur Vergangenheit. Ein Text- und Arbeitsbuch zur liechtensteinischen Geschichte. 17. bis 19. Jahrhundert, hg. vom Schulamt des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz 1990.
- Liechtenstein 1938–1978. Bilder und Dokumente, hg. von der Fürstlichen Regierung, Redaktion: Norbert Jansen, Robert Allgäuer, Vaduz 1978.
Zitierweise
<<Autor>>, «Demonstrationen», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 6.2.2025.