Dreissigjähriger Krieg

Autor: Heribert Küng | Stand: 31.12.2011

Abfolge mehrerer, 1618–48 vor allem auf dem Gebiet des römisch-deutschen Reichs ausgetragener gesamteuropäischer Kriege, bestimmt durch konfessionelle Gegensätze und das Hegemonialstreben Spaniens und Österreichs einerseits, Frankreichs und Schwedens anderseits.

Vaduz/Schellenberg

Die Reichsherrschaften Vaduz und Schellenberg wurden v. a. durch die Entwicklung im benachbarten Graubünden in Mitleidenschaft gezogen (Bündner Wirren): Der Pässestaat verband das habsburgische Mailand mit Tirol und stand teilweise unter österreichischer Herrschaft (Zehngerichtenbund). Aufgrund der inneren Zerrissenheit zwischen österreichisch-katholischen und französisch-protestantischen Parteigängern misslang den Drei Bünden bis 1637 eine eindeutige aussenpolitische Ausrichtung, was zu drei österreichischen (1621, 1622, 1629) und zwei französischen (1624, 1635) Besetzungen führte.

Dem Vaduz-Schellenberger Landesherrn Graf Kaspar von Hohenems (bis 1620 Vogt des österreichischen Feldkirch) gelang in dieser Lage die Wahrung der Neutralität seiner Territorien nicht. 1620 ergriff er gemeinsam mit dem Burgvogt der österreichische Enklave Gutenberg und dem Vorarlberger Milizkommandanten Schutzmassnahmen: Aufstellung einer Miliz, Wachdienst am Rhein, Fortifikation der Burgen. Ausser Gutenberg wurde auch das Schloss Vaduz mit habsburgischer Mannschaft versehen.

Als im Oktober 1621 österreichische Truppen Graubünden eroberten, konnte Graf Kaspar einen Angriff von seinem Gebiet aus verhindern, im Aufstand der Prättigauer gegen Österreich 1622 wurde das Land jedoch zum Kriegsschauplatz: Nach der Niederlage der vorarlbergischen Miliz bei Fläsch am 5. Mai plünderten die Prättigauer im Juli und August in drei Vorstössen Balzers, Mäls und die Alpen Valüna, Gapfahl und Gritsch; der Schaden betrug 11 115 Gulden. Die Burg Gutenberg hielt sich trotz zweitägiger Beschiessung. Noch im August wurde Graubünden erneut von Österreich besetzt. Die zweite Befreiung gelang den Bündnern 1624 mit Unterstützung Frankreichs, dessen an der St. Luzisteig stehende Truppen Vaduzer Territorium verletzten. Aufgrund ihrer Nähe zu diesem Grenzpass spielte die 1620–24 mit durchschnittlich 150 Mann besetzte Burg Gutenberg für Österreich eine wichtige strategische Rolle.

Nach vierjähriger Ruhe folgte 1629 im Zug des Mantuanischen Erbfolgekriegs die dritte österreichische Invasion in Graubünden. Im Mai brachten 18 000 durch Schellenberg und Vaduz ziehende kaiserliche Soldaten die Pest ins Land. 1631 zog Österreich wieder ab. 1635 wurde Graubünden zum zweiten Mal von französischen Truppen unter Herzog Henri de Rohan besetzt. Als der Bündner Oberst Georg Jenatsch im März 1637 in einem Handstreich die Kapitulation Rohans erzwang, deckte das mit 1500 Mann in Mauren, Schaan, Vaduz, Triesen und Balzers einquartierte kaiserliche Regiment Scharnitzki den Umsturz. Dessen Abzug musste mit Lebensmittellieferungen und der Zahlung von 3000 Gulden erkauft werden.

Die letzte das Alpenrheintal betreffende Kriegsphase folgte mit der Eroberung von Bregenz (4.1.1647) und der anschliessenden Besetzung Vorarlbergs durch schwedische Truppen. Nachdem Milizionäre aus Schellenberg und Vaduz zur Sicherung vor den Schweden schon seit 1632 wiederholt nach Hohenems und an den Bodensee ausgerückt waren, beteiligte sich 1646/47 ein Kontingent unter Landeshauptmann Johann Georg Büchel an der Verteidigung von Bregenz. Nach dessen Eroberung streiften schwedische Einheiten im Januar bis Balzers und erpressten 12 000 Gulden Brandschatzung und 2800 Gulden Kontribution. Schon im Sommer 1647 fiel Vorarlberg wieder an Österreich. Schellenberg und Vaduz entsandten noch bis zur Beendigung des Dreissigjährigen Kriegs durch den Westfälischen Frieden am 24.10.1648 Milizsoldaten an den Bodensee.

Nach dem Krieg (während dem auch Söldner aus Vaduz und Schellenberg in Hohenemser Regimentern gedient hatten) war das Land ruiniert: Einquartierungen, Plünderungen, Kontributionen, Inflation, Ausfuhrverbote nach Graubünden (besonders für Vieh), Liefergebote nach Tirol (Schmalz), Zollerhöhungen, Seuchen und Missernten (v. a. 1647–51) hatten es in Hunger und Schulden gestürzt und seine Wirtschaft gelähmt. Weniger betroffen war die hoch gelegene Gemeinde Triesenberg; sie erwarb u. a. 1652 die Alp Grosssteg von der verschuldeten Talgemeinde Schaan-Vaduz. Mit dem Krieg verarmte nicht nur die Bevölkerung, es begann auch der Abstieg der Hohenemser Landesherren unter Graf Jakob Hannibal II. und Graf Franz Wilhelm.

Haus Liechtenstein

Fürst Karl I. von Liechtenstein war massgeblich an der Niederschlagung des böhmischen Aufstands von 1618 und der Hinrichtung der Anführer (1621) beteiligt, worauf Karl 1622 zum kaiserlichen Statthalter und Vizekönig von Böhmen ernannt wurde. Belohnungen Kaiser Ferdinands II. mehrten den Besitz des Hauses in Böhmen und Mähren und sicherten dessen Stellung unter den ersten Familien des Reichs.

Literatur

  • Heribert Küng: Die Reichsherrschaften Schellenberg und Vaduz im Dreissigjährigen Krieg, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein 106 (2007), S. 127–153.
  • Gerald Schöpfer: Klar und fest. Geschichte des Hauses Liechtenstein, 2. Auflage, Graz 1996.
  • Heribert Küng: Vorarlberg im Dreissigjährigen Krieg von 1632–1650, Innsbruck 1968.
  • Otto Seger: Die Grafschaft Vaduz in der Zeit der Bündner Wirren, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein 67 (1967), S. 67–110.
  • Peter Kaiser: Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein. Nebst Schilderungen aus Churrätien‘s Vorzeit, Chur 1847, neu hg. von Arthur Brunhart, Bd. 1: Text, Vaduz 1989, S. 404–431.

Zitierweise

<<Autor>>, «Dreissigjähriger Krieg», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.

Medien

Wappenscheibe des Gutenberger Burgvogts Ulrich von Ramschwag, 1630 (Bildarchiv LLM). Die obere Scheibenzone zeigt die österreichischen Truppen im Anmarsch gegen die St. Luzisteig. Die Scheibe wurde vom Konstanzer Glasmaler Jeronymus Spengler geschaffen.