Erbrecht

Autor: Karl Heinz Burmeister | Stand: 31.12.2011

Das Erbrecht umfasst alle rechtlichen Regelungen zum Übergang des Vermögens einer verstorbenen Person auf andere Personen. Die in Liechtenstein bis ins 20. Jahrhundert vorherrschende agrarische Struktur erkannte dem Erbrecht einen hohen Stellenwert zu (landwirtschaftliche Güter, Alprechte).

Die Anfänge des germanischen Erbrechts liegen im vorgeschichtlichen Dunkel. Ein Individualeigentum bestand nur an persönlichen Gebrauchsgegenständen; alles andere, Liegenschaften und bewegliches Vermögen, wurde von der Hausgemeinschaft zur gesamten Hand verwaltet. Im Todesfall rückten die Teilhaber am Hausgut nach. Mit der Aufweichung der Hausgemeinschaft entwickelte sich in fränkischer Zeit (6.–9. Jahrhundert) das Anwachsungsrecht zur erbrechtlichen Nachfolge aus, zu der bezüglich des beweglichen Vermögens zunächst die Hausgenossen berufen waren, während das Grundeigentum auch auf entferntere Verwandte übergehen konnte. Entscheidend für die Berufung zum Erben war die Nähe der Verwandtschaft: «Je näher dem Blut, je näher dem Gut.» Testamente gab es noch nicht. Im 13./14. Jahrhundert wurden dank kirchlicher Förderung letztwillige Verfügungen möglich, besonders das auch der Armenfürsorge dienende Seelgerät (fromme Stiftungen zugunsten des eigenen Seelenheils).

Der Erlass des Grafen Rudolf V. von Sulz über die Erbfolge von 1531, erneuert 1577, öffnete sich der Rezeption des römischen Rechts (Testament, Repräsentationsrecht der Enkel). Mit einer Revision wurde um 1600 der Landschreiber Johann Jakob Beck beauftragt, die in dem mit dem liechtensteinischen Erbrecht übereinstimmenden Blumeneggischen Landsbrauch von 1609 vorliegt. Im liechtensteinischen Landsbrauch steht das Erbrecht im Mittelpunkt. Es ist in zwei Teile (Erbfolge gemäss der Nähe der Verwandtschaft und gemäss einem Testament) gegliedert und mit zahlreichen Stammbäumen auch dem Laien verständlich gemacht. Es erweiterte das Repräsentationsrecht auf die Geschwisterkinder und förderte das von der bäuerlichen Bevölkerung eher skeptisch betrachtete Testament.

Eine neue Regelung erfuhr das Erbrecht in Liechtenstein durch die Erbfolgs- und Verlassenschaftsabhandlungsordnung vom 1.1.1809. Mit ihr kam es zur Aufhebung der in den Bestimmungen des Landsbrauchs begründeten Praxis der Realteilung. Mit der Fürstlichen Verordnung vom 6.4.1846 wurde das Erbrecht des österreichischen Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 531–824) mit gewissen Modifikationen eingeführt. Es ist 1976 dem aktuellen Stand des österreichischen Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs angepasst und 1992 einer grösseren Revision unterzogen worden, die hauptsächlich die Reform des Ehegattenerbrechts zum Ziel hatte.

Quellen

  • Vorarlberger Weistümer 1, Hg. K.H. Burmeister, 1973, S. 302–339.

Literatur

Von der Redaktion nachträglich ergänzt

  • Bernd Schildt: Allmende, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Bd. 1 (2008), Sp. 971–977.

Zitierweise

<<Autor>>, «Erbrecht», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.