Erwachsenenbildung

Autorin: Annette Bleyle | Stand: 31.12.2011

Erwachsenenbildung ist das institutionell organisierte Lernen Erwachsener, besonders die Weiterbildung in den Bereichen Persönlichkeits-, Eltern- und Betagtenbildung, sittliche, religiöse, staatsbürgerliche, soziale und musische Bildung, Umwelt- und Medienerziehung. Neben der nonformalen Erwachsenenbildung (Vorträge, Workshops, Kurse) gehört dazu im weiteren Sinn auch die formale Erwachsenenbildung (berufsbildende Schulen).

Erste Bemühungen um Weiterbildungsmöglichkeiten für Erwachsene sind in Liechtenstein im späten 19. Jahrhundert festzustellen, etwa mit dem Leseverein Vaduz 1861. Eine 1861 eingeführte Handwerkerschule sowie Zeichenkurse (1865–72) standen auch erwachsenen Männern offen. Der 1885 gegründete Landwirtschaftliche Verein förderte die landwirtschaftlichen Kenntnisse durch Vorträge und Kurse. 1924 entstand mit dem «Liechtensteiner Volksverein» eine erste katholische Erwachsenenbildungseinrichtung. 1937 bot das «Institut für fremde Sprachen» am Collegium Marianum in Vaduz (→ Liechtensteinisches Gymnasium) Abendkurse an. Kurse und Vorträge organisierten die von Johannes Tschuor gegründete «Volkshochschule Schaan» (1948–67), die 1954 entstandene «Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung», das «Katholische Bildungswerk Liechtensteiner Unterland» (1961–69) und das «Liechtensteinische Bildungswerk – Verein für Erwachsenenbildung» (1961–66). Ab 1957 gab es Weiterbildungskurse der Landesbehörden, v.a. der Berufsberatungsstelle (Allgemeinbildung, Sprachen, Büro- und Haushaltsfertigkeiten, Freizeitkurse).

Nach der Erarbeitung einer Bestandsaufnahme über die Erwachsenenbildung 1975–76 und der Gründung des Arbeitskreises für Erwachsenenbildung durch das Dekanat Liechtenstein 1977 wurde 1979 das Gesetz über die Förderung der Erwachsenenbildung erlassen. Es nannte als Träger die römisch-katholische Kirche, andere christliche Religionsgemeinschaften, die Gemeinden sowie gemeinnützige private Institutionen und Vereinigungen. Die Koordination wurde an eine staatliche Erwachsenenbildungskommission übertragen, welche die Regierung bei der Förderung der verschiedenen Veranstalter beriet. 1979 schuf das Dekanat mit der vollamtlichen «Arbeitsstelle für Erwachsenenbildung» den grössten Erwachsenenbildungsanbieter Liechtensteins. Sie hatte ab 1982 ihren Sitz im Haus Stein-Egerta in Schaan. 1985 übernahm sie im Auftrag der Regierung und der Gemeinden auch die Administration der Freizeit- und Weiterbildungskurse. Weitere Veranstalter sind u.a. das Haus Gutenberg, das Gemeinschaftszentrum Resch, das Kloster Sankt Elisabeth, der Stefanuskreis, der Verein Bildungsarbeit Frau, der Verein für interkulturelle Bildung und das Seniorenkolleg Liechtenstein.

Nach der Errichtung des Erzbistums Vaduz 1997 und der damit verbundenen Auflösung des Dekanats wurde die Erwachsenenbildung neu geregelt. Deren Trägerin ist die 1999 geschaffene öffentlich-rechtliche Stiftung «Erwachsenenbildung Liechtenstein». Sie koordiniert, kontrolliert, teilt die staatlichen Mittel zu, fördert die Ausbildung der Erwachsenenbildner und wahrt die internationalen Kontakte. Die «Arbeitsstelle für Erwachsenenbildung» wurde 1999 in die «Erwachsenenbildung Stein-Egerta Anstalt» umgewandelt, deren Trägerschaft der Verein für eine offene Kirche übernahm.

Angebote im Bereich der formalen Erwachsenenbildung (zweiter Bildungsweg) entstanden mit dem «Abendtechnikum Vaduz» 1961 (→ Universität Liechtenstein), der Beteiligung Liechtensteins an der «Ostschweizerischen (heute Interstaatliche) Maturitätsschule für Erwachsene» 1971 und der «Berufsmittelschule Liechtenstein» 1992. Bildungsmöglichkeiten für Erwachsene bieten auch die Liechtensteinische Musikschule und die Liechtensteinische Kunstschule.

Literatur

  • 25 Jahre Arbeitsstelle für Erwachsenenbildung und Erwachsenenbildung Stein-Egerta, Schaan 2004.
  • Das liechtensteinische Bildungswesen, hg. vom Presse- und Informationsamt, Vaduz 22002, S. 45–47.
  • Klaus Biedermann: Das Dekanat Liechtenstein 1970 bis 1997. Eine Chronik des kirchlichen Lebens, Vaduz 2000, S. 143–173.
  • 50 Jahre Gymnasium in Liechtenstein, in: Liechtensteiner Volksblatt, Schaan 14. November 1987, S. 31–33.
  • Graham Martin: Das Bildungswesen des Fürstentums Liechtenstein. Nationale und internationale Elemente im Bildungssystem eines europäischen Kleinstaates, Zürich 1984, S. 233–251.

Zitierweise

<<Autor>>, «Erwachsenenbildung», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 9.2.2025.