Fabrikbauten

Autoren: Hans-Peter Bärtschi, Michael Pattyn | Stand: 31.12.2011

Fabriken als zentralisierte, vollmechanisierte, industrielle Produktionsstätten entstanden in Liechtenstein ab 1861.

Bis 1920

Die frühen Fabrikbauten zeigen drei Gebäudetypen: 1. klassische Langbauten in Geschossbauweise mit Massivmauern, Holzböden und Satteldach. Zu diesem Typ gehörten die Webereien Weilenmann (1861) und Honegger (1865) im Mühleholz sowie die Weberei in Triesen (1863/70) (→ Jenny-Spoerry-Areal). Das 1906 in Jugendstil-Manier vergrösserte Gebäude Weilenmanns wurde später zur Unkenntlichkeit umgebaut. 2. Flachbauweise mit englischer Sägezahnbedachung (Shedhallen), bei der Verglasungen gegen Norden die tiefen Arbeitsräume optimal beleuchten. Dieser modernere Stil ist vertreten durch die Spinnerei Spoerry in Vaduz (1882). 3. Architektur der frühen Moderne nach dem Patent Séquin & Knobel mit Flachdach und Oblichtern. Sie kam teilweise zur Anwendung bei der Erweiterung der Spinnerei Spoerry Vaduz 1897–1903 und erstmals konsequent beim Anbau der Weberei Triesen 1911.

Hans-Peter Bärtschi

Nach 1920

Der Anschluss sämtlicher Gemeinden an das öffentliche Stromnetz 1901–21 und die Verbreitung von Stahl- und Stahlbetonkonstruktionen ab 1920 beeinflussten die Fabrikbauten massgeblich. Von der Energiegewinnung an Wasserläufen unabhängig geworden, entstanden im Zug der 2. Welle der liechtensteinischen Industrialisierung ab den 1930er Jahren in allen Talgemeinden neue Fabrikstandorte. Die Orientierung des Fabrikzweckbaus an der Moderne zeigt sich schon beim ersten von einem Architekten (Erwin Hinderer) geplanten Fabrikneubau, der Ramco AG in Schaan (1932). Grossflächige, ein- und mehrgeschossige Industriehallen wurden als Stahlkonstruktion etwa bei der Press- und Stanzwerk AG (Eschen 1942) und der Scana AG (Schaan 1973) oder als Stahlbetonkonstruktion bei der Hilti AG (Schaan 1960) und der Swarovski AG (Triesen 1990) ausgeführt. Aus vorfabrizierten Stahlbetonelementen mit Bogensheddächern entstanden Fabrikhallen bei der Hoval AG (Vaduz 1957) und der Jenny, Spoerry & Cie. (Vaduz 1973). Mit zunehmender Grösse der Industriebetriebe entwickelten sich neben den funktionalen Fabrikations- und Lagerbauten repräsentative Büro- und Laborbauten. Den ersten liechtensteinischen Glaskubus mit Stahlbetonskelett eines Fabrikationsbetriebs errichtete 1973/74 die Hilti AG in Schaan.

Michael Pattyn

Literatur

  • Hans-Peter Bärtschi: Bauzeugen der Industrialisierung 1820–1920, in: Bauen für Liechtenstein. Ausgewählte Beiträge zur Gestaltung einer Kulturlandschaft, hg. von Patrik Birrer (Hochbauamt/Denkmalpflege), Vaduz 2000, S. 110–139.
  • Michael Pattyn: «… gebaute Geschichte künftigen Generationen erhalten», in: Fabriklerleben. Industriearchäologie und Anthropologie, Publikation zur Ausstellung, hg. von Hansjörg Frommelt im Auftrag des Liechtensteinischen Landesmuseums, Redaktion: Robert Allgäuer, Hansjörg Frommelt, Hanspeter Gassner, Triesen/Zürich/Vaduz 1994, S. 47–59.

Zitierweise

<<Autor>>, «Fabrikbauten», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 9.2.2025.