Falz-Fein, Eduard Alexander Baron von

Autor: Redaktion | Stand: 14.5.2025

Tourismuspionier und Sportfunktionär. *14.9.1912 Falz-Feinowo (Russland, heute Hawryliwka/Gawrilowka, Ukraine), †17.11.2018 Vaduz, Russe, später staatenlos, ab 1936 Bürger von Ruggell. Sohn des Gutsbesitzers Alexander und der Vera, geb. Epantschin, drei Geschwister. 1) 5.4.1951 Virginia Curtis-Bennett (*20.1.1927, †24.6.2022), Scheidung 1963, eine Tochter, 2) 30.1.1964 Christine Schwartz (*25.7.1937, †31.1.1980).

Falz-Feins Familie, die im 18. bzw. 19. Jahrhundert aus Württemberg respektive Sachsen nach Russland eingewandert war, besass ausgedehnte Ländereien (Askania Nova) in der Südukraine und wurde 1914 von Zar Nikolaus II. in den Adelsstand erhoben. Sie emigrierte infolge der russischen Revolution 1917/18 über Umwege zunächst nach Deutschland und 1923 nach Frankreich, wo Falz-Fein seine Jugend verbrachte. Er besuchte 1922–1923 die Volksschule in München, 1923–1929 das Lyzeum in Nizza (F) und studierte 1929–1933 Agronomie in Antibes, Le Neubourg und Nogent sur Marne (alle F). 1934–1939 war Falz-Fein Generalkorrespondent der französischen Sportzeitung «L’Auto» (heute «L’Équipe») in Berlin. Wohl auf Vermittlung von Fürst Franz I., der Falz-Feins Familie aus seiner Zeit als österreichisch-ungarischer Botschafter in St. Petersburg kannte, wurde er 1936 in Ruggell eingebürgert, wie fünf Jahre zuvor auch sein Onkel Woldemar von Falz-Fein (1877–1946).

Ab 1945 wohnte Falz-Fein in Vaduz, wo er sich eine Villa mit dem Namen «Askania Nova» bauen liess. Im selben Jahr gründete er die ersten liechtensteinischen Touristenläden («Quick») in Vaduz und Schaanwald, die er bis 2007 betrieb. Zudem initiierte er den Bus-Tagestourismus in Vaduz (→ Tourismus). Falz-Fein drehte mehrere Dokumentar- bzw. Werbefilme über Liechtenstein, wohl auch um das Land als Tourismusdestination bekannter zu machen. 1958 produzierte er den Heimatfilm «Kinder der Berge», der auf einem Roman des mit ihm befreundeten amerikanischen Schriftstellers Paul Gallico basiert (→ Film).

Er nahm als Sportfunktionär mehrmals an Olympischen Spielen teil, knüpfte für den liechtensteinischen Sport internationale Beziehungen und förderte liechtensteinische Talente, insbesondere im Winter- und im Radsport. Falz-Fein war 1935 neben seinem Onkel Woldemar Mitinitiant des Liechtensteinischen Olympischen Komitees, später dessen Vizepräsident und regte die Bildung einer Mannschaft für die Olympischen Spiele 1936 an. Zudem war er Präsident des Liechtensteinischen Radfahrer- und des Liechtensteinischen Rodelverbands. Einer allerdings unbelegten Anekdote zufolge soll Falz-Fein die Platzierung einer Krone in der Flagge Liechtensteins angeregt haben, nachdem er bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin deren Deckungsgleichheit mit der Flagge Haitis bemerkt hatte.

Falz-Fein pflegte zahlreiche Kontakte in die internationale «High Society», zu russischen Emigranten und insbesondere nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 in die Politik und das Kulturleben Russlands sowie der Ukraine. In den 1990er-Jahren war er vermittelnd an der Rückführung der 1945 von Wien nach Moskau verschleppten Teile des fürstlichen Hausarchivs durch Tausch gegen das sogenannte «Sokolow-Archiv» beteiligt. Zudem setzte er sich für die Erinnerung an den russischen General Alexander Suworow in der Schweiz und in Liechtenstein ein (Stiftung eines Denkmals in Balzers 1985). Als Aristokrat, Sammler, Mäzen, Diplomat, Unternehmer, Sportler und Sportförderer galt er als schillernde Persönlichkeit der liechtensteinischen Öffentlichkeit. 2018 kam er bei einem Brand in seiner Villa in Vaduz ums Leben.

Falz-Fein erhielt zahlreiche Ehrungen durch Russland (u.a. Ehrenorden verliehen durch Präsident Wladimir Putin, 2002), die Ukraine, das Internationale Olympische Komitee (u.a. Pierre-de-Coubertin-Medaille, 2017) und Liechtenstein (u.a. Goldenes Lorbeerblatt, 2003).

Archive

  • Archiv des Historischen Lexikons des Fürstentums Liechtenstein online (AeHLFL).

Literatur

  • Adolf Heeb: Baron Eduard von Falz-Fein. Ein sportlicher Baron in Liechtenstein, in: 22 Menschen, die Liechtenstein bewegten, hg. von Frank P. van Eck und Mathias Ospelt, Triesen 2023, S. 118–129.
  • Jeré Longman: A Seat Near Hitler, and Other Olympic Tales From the Baron, 105, in: New York Times, 15.10.2017.
  • «Ich würde mein Leben noch einmal genauso leben» [Interview], in: Liechtensteiner Vaterland, 14.9.2012, S. 10–11.
  • Jürgen Kindle: Baron Eduard von Falz-Fein, DVD-Film, Triesen 2004 (= Zeitzeugen Liechtensteins, Nr. 3).
  • Nadeshda Danilewitsch: Baron von Falz-Fein. Ein russischer Aristokrat in Liechtenstein, Triesen 2003.
  • «Ich bin eine Legende, nicht nur hier», in: Liechtensteiner Vaterland, 13.9.2002, S. 14–15.

Nachrufe

  • Herbert Oehri: Vom Emigranten zum Sportsmann von Welt, in: Lie:Zeit, Nr. 2 (2019), S. 6–11.
  • Daniel Meier: Der letzte Zar, Hitler und das Bernsteinzimmer, in: NZZ am Sonntag, 25.11.2018, S. 25.
  • Liechtensteiner Volksblatt, 21.11.2018, S. 4–5.
  • Ernst Hasler: Ein Sportpionier ist nicht mehr unter uns, in: Liechtensteiner Vaterland, 20.11.2018, S. 27.

Medien

Eduard von Falz-Fein, 1997 (Liechtensteinisches Landesarchiv, Vaduz, SgAV 11/1268/003, Foto: Dirk Overhage/Triesen).
Eduard von Falz-Fein, 1997 (Liechtensteinisches Landesarchiv, Vaduz, SgAV 11/1268/003, Foto: Dirk Overhage/Triesen).
Eduard von Falz-Fein in seiner Villa «Askania Nova» in Vaduz, 1962 (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Com_L11-0367-0001-0003, Fotograf: Björn Erik Lindroos).
Eduard von Falz-Fein in seiner Villa «Askania Nova» in Vaduz, 1962 (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Com_L11-0367-0001-0003, Fotograf: Björn Erik Lindroos).

Normdaten

GND: 12343369X

Zitierweise

<<Autor>>, «Falz-Fein, Eduard Alexander Baron von», Stand: 14.5.2025, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 22.5.2025.