Feldkirch (Stadt)

Autor: Rupert Tiefenthaler | Stand: 31.12.2011

Stadt in Vorarlberg, 31 071 Einwohner (2011), mit den 1925 eingemeindeten Gemeindefraktionen Altenstadt (ab 842/43 erwähnt), Gisingen (ab 825 erwähnt), Levis (ab 1350 erwähnt), Nofels (ab 1413 erwähnt), Tisis (ab 1260 erwähnt) und Tosters (ab 1045 erwähnt). 842/43 ist im churrätischen Reichsgutsurbar Feldchiricha erwähnt. Eine Schenkungsurkunde von 909 an das Benediktinerkloster St. Gallen betrifft Feldkiricha. 1218 wird Feldkirch erstmals Stadt, civitas Veltkilch, genannt.

Feldkirch bildet die Schnittstelle von Alpenrheintal und Walgau. Die durch Liechtenstein führende rechtsrheinische Fernstrasse von Mailand und Como nach Bregenz und Augsburg überquerte bei Feldkirch den Fluss Ill. Aufgrund ihrer verkehrsgünstigen Lage war die Stadt Feldkirch für Liechtenstein in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Beziehung von zentraler Bedeutung. Enge Verbindungen ergaben sich auf herrschaftsgeschichtlicher und kirchlicher Ebene.

Ur- und Frühgeschichte

Ur- und frühgeschichtliches Fundgut auf dem heutigen Gemeindegebiet von Feldkirch datiert in die Bronzezeit. Der bedeutendste urgeschichtliche Fundort von Metallgegenständen und Keramikmaterial aus der Melauner Kultur liegt in Feldkirch-Altenstadt. Befestigte Anlagen der Urnenfelderzeit werden auf dem Stadtschrofen, am Blasenberg sowie im Bereich der Tostner Burg vermutet.

In römischer Zeit bestand in Feldkirch-Altenstadt an der Strasse Chur–Schaan–Bregenz eine römische Villa. Ein Zusammenhang mit der Strassenstation Clunia, die in einem auf die römische Kaiserzeit zurückgehenden Kartenwerk genannt ist, scheint naheliegend. Erstmals wird im 9. Jahrhundert ein Brückenort am Übergang über die Ill namens Pontilles (Illbrugg, heute Feldkirch-Heiligkreuz) erwähnt.

Nachdem die Ostgoten 536/37 den Franken die Schutzherrschaft über die Alamannen abgetreten hatten, kam es zu vermehrten Niederlassungen von Alamannen im bisher romanisch dominierten Raum. Mit der Einführung der Grafschaft in Rätien im Jahr 806 durch Karl des Grossen nahm die Germanisierung zu, die Region um Feldkirch wurde zweisprachig.

Herrschaftliche Verhältnisse

Die Stadt Feldkirch ist eine planvolle Stadtgründung des Grafen Hugo I. von Montfort († um 1228). Dieser erbte 1182, nach dem Tod seines Vaters Pfalzgraf Hugo von Tübingen die von den Grafen von Bregenz herrührenden Grafschaftsrechte in Rätien und verlegte seinen Herrschaftsmittelpunkt in die Landschaft um Feldkirch. Dieses wurde zum Zentrum der gleichnamigen, durch die Montforter Erbteilungen entstandenen Herrschaft. Sitz der Grafen von Montfort-Feldkirch war die Schattenburg. Graf Rudolf V., der letzte Graf von Montfort-Feldkirch, veräusserte 1375 Stadt und Herrschaft an die Habsburger. Er konnte seinen ehemaligen Besitz aber weiterhin bis zu seinem Tod 1390 als österreichischer Vogt verwalten.

1312/13 übernahm die Stadt Feldkirch das Lindauer Stadtrecht. 1376 gewährte Graf Rudolf V. der Bürgerschaft im Feldkircher Freiheitsbrief weitreichende Rechte in Steuersachen und in Rechtsangelegenheiten, so die freie Wahl von Stadtammann und Rat; lediglich der kleine Rat wurde weiterhin vom Stadtherrn bestellt. Eine kaiserliche Kommission änderte 1768 die Stadtverfassung grundlegend (Felsenbergischer Kommissional-Rezess), wodurch Feldkirch seine Privilegien verlor.

Feldkirch als Verwaltungssitz war seit dem 16. Jahrhundert Tagungsort der Vorarlberger Landstände. Nach der 1699 erfolgten Übernahme der Herrschaft Schellenberg durch die Fürsten von Liechtenstein wurde in Feldkirch das Palais Liechtenstein gebaut, das bis 1774 Sitz der liechtensteinischen Landvögte war.

Feldkirch hat heute zahlreiche zentrale Funktionen: Wichtige in Feldkirch ansässige Institutionen sind seit 1817 das Vorarlberger Landesgericht, seit 1850 die Wirtschaftskammer, seit 1921 die Arbeiterkammer, seit 1912 die Finanzlandesdirektion, seit 1942 das Landeshochbauamt und das Landesstrassenbauamt, seit 1953 die Gendarmerieschule, seit 1973 das Landesvermessungsamt, seit 1972 das Landesunfallkrankenhaus (1978 mit dem städtischen Krankenhaus als Landeskrankenhaus zusammengeführt) und seit 1985 das Katastrophenzentrum mit Landesfeuerwehrschule.

Bevölkerung

Der Mistrodel von 1304/07 verzeichnete als erstes Einwohnerverzeichnis 137 Hofbesitzer in Feldkirch, was knapp 700 städtischen Einwohnern entsprach. 1539 sind aufgrund des Steuerbuchs 304 Häuser innerhalb der Stadtmauern nachweisbar, was auf eine Einwohnerzahl von ca. 1500 schliessen lässt. Hinzu kamen die auf dem Land lebenden, aber städtische Bürgerrechte besitzenden Ausbürger. Schon der Mistrodel von 1304/07 nennt einen Hofbesitzer in Eschen, die Bürgerrechtsverleihungen zu Beginn des 15. Jahrhunderts nennen Neubürger aus Ruggell und vom Eschnerberg. Durch die Zuwanderung infolge der Industrialisierung kam es im 19. Jahrhundert zu einem starken Bevölkerungswachstum. 1910 lebten in Feldkirch 5056 Personen. Durch die Eingemeindung der umliegenden Dörfer wuchs die Einwohnerzahl 1925 auf ca. 12 000 an.

Wirtschaft

Durch das Marktrecht von 1229 wurde Feldkirch zum wirtschaftlichen Mittelpunkt für die nördlichen Landesteile Liechtensteins. Mass- und Gewichtsordnung wurden von Lindau übernommen und galten für die ganze Region. Das Feldkircher Getreidemass findet sich 1294 in Eschen, 1347 in Ruggell, 1394 in Schaan; Vaduz verwendete 1363 das Feldkircher Weinmass. Als Handelsstadt war Feldkirch wichtiger Umschlagplatz für Getreide, das von Schwaben nach Graubünden exportiert wurde, sowie für Salz, das von Hall in Tirol über den Arlberg in die Schweiz gelangte. 1342 wurde in Feldkirch ein Salzhaus errichtet. Vom bedeutenden Fernhandel profitierten Vaduzer und Schellenberger Kornführer und Fuhrleute. Das Transportwesen führte des Öfteren zu Differenzen mit der Stadt, die man durch die Rodordnungen von 1499 und 1580 zu beseitigen suchte. Wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Stadt und ihr Umland war der Weinbau, der vom 13. Jahrhundert bis Anfang 20. Jahrhundert betrieben wurde. Die Besteuerung der Besitzungen von Feldkircher Ausbürgern regelten die Herrschaft Schellenberg und die Stadt Feldkirch mehrfach in Verträgen, so 1558 und 1614. Die liechtensteinischen Besitzungen in Österreich wurden 1806 auf 4000 Gulden geschätzt, was nur einem Zehntel der Besitzungen der Ausbürger entsprach. Die engen wirtschaftlichen Verbindungen kamen besonders in den Notzeiten des 20. Jahrhunderts neuerlich zum Tragen. Während der beiden Weltkriege erfolgte lebenswichtige Versorgungshilfe für Feldkirch über Liechtenstein Vielfach geschah dies über Schmuggel.

Feldkirch galt als wichtigster Finanzplatz für den Raum Vorarlberg, Liechtenstein und linksseitiges Rheintal. Die ab 1397 belegte Feldkircher Währung erlangte auch für Liechtenstein grosse Bedeutung (→ Geld). Die jüdischen Bewohner Feldkirchs sowie später die Oberschicht der Stadt und die kirchlichen Institutionen waren wichtige Kreditgeber im liechtensteinischen Unterland.

Das Feldkircher Handwerk und Gewerbe waren über den engen Rahmen der Stadt hinaus bedeutsam. Die im Verlauf des 15. Jahrhunderts entstandenen Zünfte, allen voran die « Grosshammerzunft », dienten auch Handwerkern aus der Herrschaft Schellenberg zur Interessen- und Standesvertretung. Das Feldkircher Kunsthandwerk war in Liechtenstein durch die Bildhauer Erasmus Kern (1592 bis nach 1650) und Ignaz Josef Bin (1659–1697) sowie den Bühnenmaler Franz Josef Walser (1688–1778) vertreten.

Die Ursprünge der Industrialisierung Feldkirchs reichen in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zurück. Peter Josef Leone führte die Baumwollspinnerei und -weberei im Verlagssystem ein und beschäftigte um 1800 etwa 3000 Heimarbeiter in der Umgebung von Feldkirch. Das Palais Liechtenstein diente ab 1819 Christian Getzner als Rotfärberei. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren liechtensteinische Arbeiter u.a. in der 1827 gegründete Baumwollspinnerei Escher, Wyss & Kennedy (1902 abgebrannt) und in der 1833 eröffneten Baumwollspinnerei von Karl Ganahl (1986 geschlossen) tätig. Seit 1870 ging der liechtensteinischen Arbeiteranteil in der Textilindustrie Feldkirchs zurück. Ursachen waren der Aufbau eigener Textilbetriebe in Liechtenstein sowie die Einwanderung von Arbeitern aus dem Trentino nach Vorarlberg

Der 1844 in Schaan geborene Caspar Hilti eröffnete 1876 in Feldkirch ein Gipser- und « Cementereigeschäft », das er mit seinem gleichnamigen Sohn zu einem grossen Bauunternehmen erweiterte. Weitere grössere Arbeitgeber waren die Baufirma Seraphin Pümpel & Söhne (1835–1995) und die Glockengiesserei Graßmayr (1785–1914). Einen wirtschaftlichen Impuls für Liechtenstein bedeutete die Eröffnung der Eisenbahnlinie Feldkirch–Buchs 1872. Im Bereich der Energieversorgung leisteten die Stadtwerke Feldkirch ab 1906 im Liechtensteiner Unterland Pionierarbeit; erst 1932 kam es zur Ablösung des Elektrizitätsnetzes der Gemeinden Eschen und Mauren aus der Feldkircher Stromversorgung. Durch den Zollvertrag zwischen der Schweiz und Liechtenstein 1923 wurde der Stadt ein grosser Teil ihres früheren Markteinzugsbereichs entzogen. Die rasante Industrialisierung Liechtensteins im 20. Jahrhundert kehrte die Pendlerbewegung um, sodass heute Feldkirch mehr Auspendler aufweist als Liechtenstein. Die wirtschaftliche Struktur Feldkirchs in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist vom Dienstleistungssektor geprägt.

Bildung

Als Studierstädtchen hatte Feldkirch eine grosse Anziehungskraft. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts ist eine Pfarrschule anzunehmen. Um 1400 wurde eine Lateinschule gegründet. Damals war mit der gebürtigen Triesnerin Margaretha Mörlin eine gebildete Frau in Feldkirch ansässig. 1541 ist erstmals eine deutsche Schule urkundlich nachweisbar. Feldkirch entfaltete eine grosse humanistische Tradition. Johannes Pedioneus aus Triesen (1515/20–1550) wirkte als Lateinschulmeister in Feldkirch. Umgekehrt unterrichtete Christian Krauß als Lehrer in Vaduz, bevor er 1671 als deutscher Schulmeister in Feldkirch eingestellt wurde. 1649 gründeten die Jesuiten ein Gymnasium, das vier Jahre später zum Lyzeum und 1680 zum Kolleg erhoben wurde. 1773, nach der Aufhebung des Jesuitenordens, wurde das Gymnasium verstaatlicht. 1854–1900 besuchten 46 Schüler aus Liechtenstein dieses Gymnasium 1856 kehrten die wieder zugelassenen Jesuiten nach Feldkirch zurück und übernahmen die Leitung des Feldkircher Staatsgymnasiums. Nachdem ihnen 1868 diese Berechtigung entzogen worden war, richteten sie das Privatgymnasium Stella Matutina ein. Das 1900 erbaute Internat beherbergte Schüler aus der ganzen Habsburgermonarchie. Nach seiner Auflassung 1977 bezog das neu geschaffene Landeskonservatorium (seit 2005 Hochschule) die adaptierten Räumlichkeiten.

1888 gründeten die Brüder der Christlichen Schulen de la Salle ein Privatlehrerseminar, aus dem die Bundeslehrer- und -lehrerinnenbildungsanstalt hervorging. An ihre Stelle trat 1968 die Pädagogische Akademie (seit 2007 Pädagogische Hochschule). Weitere Schulen, die auch von liechtensteinischen Schülern und Studenten besucht werden, sind das Institut St. Josef (1911), das aus dem Staatsgymnasium hervorgegangene Bundesgymnasium, das Bundesoberstufenrealgymnasium (1963), die Bundeshandelsschule und Handelsakademie sowie die dem Landeskrankenhaus angegliederte Krankenpflegeschule.

Kirchliches

1218 gründete Graf Hugo I. von Montfort die Johanniterkommende Feldkirch, die auch in Liechtenstein begütert war und u.a. das Patronatsrecht in Mauren besass. In den 1280er Jahren entstand die Pfarrkirche zum hl. Nikolaus; sie wurde 1478 neu gebaut und 1968 mit der Errichtung des Bistums Feldkirch zum Dom erhoben. Das Dominikanerinnenkloster in Altenstadt führte seine Tradition auf eine Kapellenweihe 1442 zurück. 1602 errichteten die Kapuziner ausserhalb der Stadtmauern ein Kloster, der Klosterbau wurde 1605 fertiggestellt. Die Stadt Feldkirch übernahm 1714 vom Kloster Ottobeuren als Rechtsnachfolger des Priorats St. Johann das Vorschlagsrecht für die Pfarrbesetzung in Mauren, auf welches sie schliesslich 1918 zugunsten der Gemeinde Mauren verzichtete. Die 1793 gestiftete Pfarrstelle in Nofels war laut Stiftung durch Nachkommen der Schaaner Familie Negele zu besetzen. Die Urbarien, Urkunden und Zinsbücher der Feldkircher Kirchen und Klöster verdeutlichen die enge wirtschaftliche Verflechtung mit Liechtenstein und sind eine wertvolle Quelle für die Familien- und Flurnamenforschung.

Gesundheitswesen

1218 wurde in Feldkirch das Johanniterspital zum Hl. Geist gegründet, das seit 1400 Stadtspital und später Pfründhaus war. Der Feldkircher Humanist, Stadtarzt und Apotheker Georg Iserin wirkte in Liechtenstein (†1528). 1876 wurde in der Au in einem ehemaligen Gasthaus ein grösseres Spital eröffnet. 1972 erfolgte die Inbetriebnahme des Krankenhauses der Stadt Feldkirch und des Landesunfallkrankenhauses, die 1978 zum Landeskrankenhaus zusammengefasst wurden, mit welchem Liechtenstein seit 1987 vertraglich verbunden ist. Liechtenstein zählt zum Einzugsbereich der medizinischen Versorgungsleistung in Feldkirch.

Archive

  • Liechtensteinisches Landesarchiv, Vaduz (LI LA).
  • Vorarlberger Landesarchiv, Bregenz (VLA).

Quellen

Literatur

  • Burg und Dom zu Feldkirch. Neue Forschungen zur Geschichte der Schattenburg und der Dompfarrkirche Sankt Nikolaus, hg. von Manfred A. Getzner, Feldkirch 2009.
  • Alois Niederstätter: Neue Forschungen zur Gründung der Stadt Feldkirch, in Rheticus Vierteljahresschrift der Rheticus-Gesellschaft H. 1 (2000), S. 5–21.
  • Annette Maria Bleyle: Studien zur Bildungsgeschichte der Feldkircher und Liechtensteiner am k. k. Gymnasium in Feldkirch, 1850–1900, in: Bausteine zur liechtensteinischen Geschichte. Studien und studentische Forschungsbeiträge, hg. von Arthur Brunhart, Bd. 3: 19. Jahrhundert: Modellfall Liechtenstein, Zürich 1999, S. 163–216.
  • Rupert Tiefenthaler: Liechtensteiner Arbeiter in der Feldkircher Textilindustrie, in: Fabriklerleben. Industriearchäologie und Anthropologie, Triesen 1994, S. 247–254.
  • Christoph Vallaster: Feldkirch und Liechtenstein, in: Bodensee Hefte H. 10 (1993), S. 76–81.
  • Graham Martin: Liechtenstein und das Feldkircher Schul- und Bildungswesen, in: Vorarlberger Oberland. Kulturinformationen H. 1 (1989), S. 83–92.
  • Geschichte der Stadt Feldkirch, 2 Bände, hg. von Karlheinz Albrecht, Sigmaringen 1985–87.

Von der Redaktion nachträglich ergänzt

  • Arnold Schimper: Türen zur Vergangenheit. Texte zur Geschichte der Region Feldkirch, 2 Bände, Feldkirch 2022 (= Schriftenreihe der Rheticus-Gesellschaft, Bände 86 und 88).

Zitierweise

<<Autor>>, «Feldkirch (Stadt)», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 16.2.2025.

Medien

«Veldkirch Statt und Graveschafft». Holzschnitt aus der Cosmographia von Sebastian Münster (1488–1552), um 1560 (Liechtensteinische Landesbibliothek).