Feuerschutzwesen

Autor: Markus Burgmeier | Stand: 31.12.2011

Die Bewohner aller liechtensteinischen Gemeinden hatten sich immer wieder mit Massnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Bränden auseinanderzusetzen. Zu den Ursachen von Feuersbrünsten zählen Naturereignisse (Blitzschlag, Erdbeben, Sturmwinde), menschliches Fehlverhalten (z.B. Fahrlässigkeit im Umgang mit Feuer und Licht, Lagerung leicht brennbarer Materialien in Wohnhäusern, Brandstiftung), die Bauweise (leicht brennbare Baumaterialien wie Holz, offene Rauchabzüge, zusammengebaute Häuser und Stallungen) und technische Defekte.

Die ältesten bekannten Grossbrände im liechtensteinischen Gebiet hatten ihre Ursache in kriegerischen Einwirkungen: Im Alten Zürichkrieg steckten die Eidgenossen Balzers (1445) und Triesen (1446) in Brand, im Schwabenkrieg 1499 erneut Balzers und Triesen sowie Bendern. Der Grossbrand in Schaan 1577 wurde wahrscheinlich durch Brandstiftung verursacht. Eschen brannte 1652 nach einem Erdbeben fast ganz ab. Durch den Föhn wurden Brandfälle häufig zu Grossbränden verschärft, u.a. bei den Dorfbränden von Balzers 1795 und 2001, Schaan 1874, Eschen 1888, Vaduz 1907, Triesen 1913 und bei den Waldbränden in Balzers 1960 und 1985.

Erste Kenntnisse über das Feuerschutzwesen in Liechtenstein reichen, abgesehen vom Feuertod als Strafe für Brandstiftung in der Carolina (1532), ins 18. Jahrhundert zurück. Den einzelnen Gemeinden oblag es, eine Nachtwache zu organisieren, die auch die Aufgabe einer Feuer- und Föhnwache zu erfüllen hatte. Die Nachtwächter mussten u.a. darauf achten, dass abends in allen Häusern das Feuer gelöscht war, und im Fall eines Brands Alarm schlagen. Die liechtensteinische Polizeiordnung von 1732 verbot das Tabakrauchen an feuergefährdeten Orten wie Ställen und Scheunen, die Brandschutzbestimmungen von 1790 untersagten zusätzlich das Herumgehen mit offenem Licht und das Feuerholen über die Gasse. Strenge Strafen drohten jenen, deren Häuser keine oder nur hölzerne Kamine und Ofentüren hatten. In Triesen wurde 1740 die Feuersicherheit von Kaminen in einer Gemeindebauordnung verlangt. Nach dem Dorfbrand in Balzers 1795 erliess Landvogt Franz Xaver Menzinger 1796 baupolizeiliche Vorschriften für den Wiederaufbau: grössere Abstände zwischen den Häusern, Abtrennung der Stallungen von den Häusern und Ersetzung der Schindel- durch Ziegeldächer. Regelmässige Kontrollen der Feuerstellen und Kaminreinigung durch Kaminfeger sollten die Brandverhütung verbessern.

Trotz einer Neufassung der Brandschutzbestimmungen 1801 kam es erst aufgrund der Dienstinstruktion für Landvogt Josef Schuppler von 1808 zu Fortschritten. Um dem Mangel an Löschgeräten abzuhelfen, wurden die Gemeinden zur Anschaffung von Wassereimern, Leitern und Feuerhaken angehalten und das Ober- und das Unterland mit je einer grösseren Feuerspritze versehen. Mit der Feuerlöschordnung von 1812 erhielt das liechtensteinische Feuerschutzwesen erstmals eine umfassende gesetzliche Grundlage. Die Ordnung regelte die Verhinderung von Feuersbrünsten, die Entdeckung von Bränden, die notwendigen Löschmassnahmen und die Folgemassnahmen nach einem Brandfall. Wichtige präventive Massnahmen waren das endgültige Verbot der Neuerrichtung von nicht mit Ziegeln oder Steinen gedeckten Dächern und von Holzkaminen. Die Gemeinden hatten genügend Brunnen, Wasserreservoire und Löschgeräte an verschiedenen Orten bereitzustellen, damit Feuersbrünste von zwei Seiten bekämpft werden konnten. Alle tauglichen Einwohner ausser den Frauen mussten beim Kampf gegen das Feuer mithelfen; benachbarte Gemeinden wurden zur gegenseitigen Hilfeleistung verpflichtet. Jede Gemeinde hatte einen sogenannten Feuergeschworenen zu bestellen, der über das Feuerschutzwesen und die Befolgung der Feuerlöschordung zu wachen hatte. Erneute, teils detailliertere Vorschriften enthielten die Waldordnung von 1842, die Polizeiordnung von 1843 und das Feuerpolizeigesetz von 1865, das bis 1967 in Kraft blieb. Dieses Gesetz übertrug die Aufgaben des Feuergeschworenen an eine vom Gemeinderat bestellte Feuerkommission und führte neu die obligatorische Feuerversicherung für Wohngebäude ein (1909 auf alle Gebäude ausgedehnt). Auf freiwilliger Basis waren solche Versicherungen seit den 1820er Jahren aufgekommen, während die Löschordnung von 1812 noch die Mitbürger zur Hilfe für Brandgeschädigte verpflichtet hatte. Beim Balzner Dorfbrand 1795 waren Spenden auch im Ausland bei den Ständen des Schwäb. Kreises gesammelt worden.

Das Gesetz von 1865 bildete die Grundlage für die im gleichen Jahr erlassene, neue Löschordnung, welche in jeder Gemeinde die Feuerwehrpflicht für alle männlichen Bewohner zwischen 16 und 60 Jahren einführte. Damit war der Grundstein des modernen Feuerschutzwesens gelegt. Die allgemeine Feuerdienstpflicht besteht im Grundsatz bis heute, ab 1867 entstanden aus den Zwangsfeuerwehren jedoch nach und nach in allen Gemeinden vereinsmässig organisierte freiwilligen Feuerwehren: in Eschen 1867, Mauren 1871, Schaan 1879, Ruggell 1881, Schellenberg 1885, Gamprin 1886, Vaduz 1896, Triesen 1901, Triesenberg 1921, Balzers 1922 und Planken 1962. 1898 wurde der Liechtensteinische Feuerwehrverband (LFV) gegründet, um die Zusammenarbeit der Feuerwehren und den Feuerwehrdienst durch gemeinsame Aus- und Weiterbildungskurse zu verbessern. 1974 trat der LFV dem Schweizerischen Feuerwehrverband (SFV) bei, ein Jahr später folgte die Aufnahme aller liechtensteinischen freiwilligen Gemeindefeuerwehren als Einzelvereine in den SFV. Durch den SFV ist der LFV zugleich Mitglied des Comité technique internationale de prévention et d’extinction du feu (CTIF). 2007 gehörten dem LFV 11 Gemeindefeuerwehren (ca. 490 Leute) und die Vereinigung der Liechtensteinischen Betriebsfeuerwehren (6 Betriebsfeuerwehren mit ca. 110 Leuten) an.

Im 20. Jahrhundert steigerte sich die Effizienz der Brandbekämpfung durch technische Verbesserungen in verschiedenen Bereichen. Die Errichtung von Hydrantennetzen durch die Modernisierung der Wasserversorgung ermöglichte seit dem Ende des 19. Jahrhunderts den schnellen Zugriff auf Löschwasser. Die Motorisierung der Feuerwehr begann in den 1930er Jahren (1932 erste Motorspritze, ab 1970 erste Feuerwehrautos und Tanklöschfahrzeuge). Telefonie und Funk ersetzten ab den 1950er Jahren die Alarmierung durch Kirchenglocken und Feuerhorn.

Ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erweiterte sich der Aufgabenbereich der Feuerwehren, was sich v.a. auf die Bereiche Ausrüstung, Alarmierung und Ausbildung auswirkte. Das Feuerlöschgesetz von 1967 verpflichtete die Gemeinden, Feuerwehren zu organisieren und für deren Ausstattung zu sorgen. Sie können jedoch die freiwilligen Feuerwehren anerkennen, wenn diese die Anforderungen des Gesetzes erfüllen. Zusätzlich zur Brandbekämpfung nennt das Gesetz als Aufgaben die Hilfe bei Elementarereignissen (z.B. Hochwasser, Verschüttungen, Erdbeben) und Katastrophen (z.B. Gebäudeeinstürze, Explosionen), die Aufstellung der Föhnwache sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und des geordneten Verkehrs bei Grossanlässen. In den 1970er Jahren wurde der Öl- und Chemiewehrdienst eingeführt; die spezialisierte Chemiewehr besorgt seit 1991 die Stützpunktfeuerwehr Vaduz, seit 1985 besteht eine Strahlenschutzgruppe. Einzelne grössere Unternehmen richteten Betriebsfeuerwehren ein, die sich 1982 zu einer Vereinigung zusammenschlossen. 1993 traten die Statuten der seit 1980 vereinsmässig zusammengeschlossenen Feuerwehrinstruktoren Liechtenstein (FIL) in Kraft.

Die Oberaufsicht über das liechtensteinische Feuerschutzwesen liegt seit 1972 beim Amt für Zivilschutz und Landesversorgung (seit 2007 Amt für Bevölkerungsschutz). Die Tätigkeitsfelder der heutigen Feuerwehr sowie der passive Brandschutz sind durch verschiedene Bestimmungen geregelt, u.a. durch das Feuerwehrgesetz (1990), Brandschutzgesetz (1974), die Verordnung über das Kaminfegerwesen (1975), das Störfallgesetz (1992), die Verordnung über die Ausbildung und Inspektion der Feuerwehren (1995), das Gesetz über den Versicherungsschutz der Gebäude gegen Feuer- und Elementarschäden (2004) und das Gesetz über den Bevölkerungsschutz (2007).

Archive

  • Liechtensteinisches Landesarchiv, Vaduz (LI LA).

Literatur

  • Maja Suenderhauf, Hans Stricker: Brandfälle im Archiv Werdenberg in Glarus. Was zeitgenössische Quellen über die Brände von Schaan 1577, Balzers 1795 und eines obrigkeitlichen Stalls im Jahr 1727 berichten, in: Werdenberger Jahrbuch 2007, Jg. 20 (2006), S. 116–119.
  • Arthur Brunhart, Jürgen Schindler: Der Liechtensteinische Feuerwehrverband LFV. Sein Weg ins 21. Jahrhundert, hg. vom Liechtensteinischen Feuerwehrverband, Eschen 2001.
  • Adolf Marxer: 100 Jahre Feuerwehr Mauren Liechtenstein, hg. von der Freiwilligen Feuerwehr Mauren, Mauren 1972.
  • Johann Baptist Büchel: Geschichte der Pfarrei Triesen, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 2 (1902), S. 3–308, hier S. 238f.

Zitierweise

<<Autor>>, «Feuerschutzwesen», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 16.2.2025.

Medien

Die Feuerwehr Mauren vor dem neuen Spritzenhaus am Weiherring in Mauren, 1897 (Tschugmell-Fotoarchiv, Gemeindearchiv Mauren). Nachdem das 1868 erbaute Spritzenhaus von Mauren 1896 niedergebrannt war, wurde an gleicher Stelle das neue Spritzenhaus errichtet. Abgerissen 1970.
Josef Seger, Hauptmann der Freiwilligen Feuerwehr Vaduz, mit Feuerspritze, ca. 1890 (Liechtensteinisches Landesarchiv, B 827/007/001).
Der Maurer Kaminfeger Alfred Meier (Bildmitte) mit Gehilfe Konrad Marxer, rechts Maria Nagel verheiratete Hasler, erste Hälfte 1930er Jahre (Tschugmell-Fotoarchiv, Gemeindearchiv Mauren, Foto: Fridolin Tschugmell).
Brand von zwei Wohnhäusern im Steinbös in Mauren. Feuerwehr-Hauptmann Rudolf Marxer (rechts) und Robert Matt bei den Löscharbeiten, Juli 1934 (Tschugmell-Fotoarchiv, Gemeindearchiv Mauren, Foto: Fridolin Tschugmell).