
Fischerei
Autor: Theo Kindle | Stand: 31.12.2011
Als Fischerei wird der mit verschiedenen Geräten und Methoden (Angel-, Netz-, Reusenfischerei) betriebene Fang von Fischen und Krebsen bezeichnet. Die Fischerei erfolgt in Bächen, Seen oder in künstlich (auch für die Fischerei) angelegten Teichen. Heute wird in Liechtenstein hauptsächlich die Angelfischerei als Freizeitaktivität ausgeübt, während noch bis ins 20. Jahrhundert die v.a. von Bauern und Wirten betriebene (Neben-)Erwerbsfischerei im Vordergrund stand.
Die Hauptfischgewässer Liechtensteins sind der Rhein, der Binnenkanal, die Weiher im Hälos (Triesen), das Gampriner Seelein und die Samina. Aufgrund der vorkommenden Gewässertypen (→ Gewässer) werden am häufigsten Forellen (Regenbogen-, Bach- und Seeforellen) und Äschen gefangen. Derzeit sind in Liechtenstein insgesamt 25 Fischarten nachgewiesen. Wesentlich für diese vergleichsweise hohe Zahl ist die Verbindung mit dem Alpenrhein bzw. dem Bodensee, wodurch auch Wanderfischarten wie Seeforelle oder Felchen vorkommen. Aufgrund der Beeinträchtigungen, die heute durch die vielfältigen Nutzungen an den Gewässern zu verzeichnen sind, fallen alle heimischen Fischarten in eine der Gefährdungskategorien der Roten Listen. Lediglich der Regenbogenforelle als eingebürgerter Art ist kein Gefährdungsstatus zugewiesen.
Die Fischerei war ursprünglich ein königliches, dann landesherrliches Regal (→ Regalien); d.h. die Fischereirechte («Fischenzen») gehörten dem jeweiligen Herrschaftsinhaber. Ein erster Hinweis auf Fischerei und Fischzucht in Liechtenstein findet sich um 842/43 im churrätischen Reichsgutsurbar: Zur Ausstattung des Reichshofs «Meilis» (wahrscheinlich Mäls) gehörten ein Fischteich und eine Reuse. Urkundliche Hinweise auf die Fischereirechte finden sich vermehrt seit dem Spätmittelalter. Am 25.4.1394 z.B. einigten sich Hartmann IV. und Heinrich V. von Werdenberg-Sargans-Vaduz mit Albrecht III. von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz bezüglich der Rechte an Fischen und Krebsen in der Esche. 1540 ist ein Fischfach im Rhein bei Balzers/Wartau erwähnt, 1599 ein Fischgatter bei Triesen/Sevelen. 1562 wurden die Fischereirechte im Rhein zwischen Werdenberg und Vaduz aufgeteilt: Der Grafschaft Vaduz blieb nur das Recht, mit Schnur und Angel zu fischen. Im Brandisischen Urbar (um 1509/17) sind Balzner, Schaaner und Kalter Giessen (Schaan) als «Fischenzen» der Herrschaft Vaduz verzeichnet, im Hohenemser Urbar (1613) zudem der Triesner Bach, der Forinenbach (Samina) und der Rhein. Die Fischereirechte wurden jeweils an Dritte verliehen; die entsprechenden landesherrlichen Einkünfte scheinen in den Rentamtsrechnungen und Landesbeschreibungen des 18. und 19. Jahrhundert auf.
Herrschaftliches Regal blieb die Fischerei bis ins Revolutionsjahr 1848, als die Umwandlung in ein Landesregal erfolgte. Inhaber des Fischereirechts in den liechtensteinischen Gewässern ist seither der Staat, der es verpachtet. 1869 trat das erste Fischereigesetz in Kraft. Darin wurden u.a. Fangmethoden, Mindestfangmasse und Schonzeiten geregelt. Zum Fang der Seeforelle bzw. zu deren Verkauf während der Schonzeit wurden 1894 und 1895 ergänzende Verordnungen erlassen. Liechtenstein war 1893 Gründungsmitglied der Internationalen Bevollmächtigtenkonferenz für die Fischerei im Bodensee (IBKF; Bregenzer Übereinkunft). Per Gesetz wurden 1922 Fischerkarten zur Regelung bzw. Kontrolle der Fischerei eingeführt. Ausgehend von den aufgrund der vielfachen anthropogenen Eingriffe stark dezimierten Fischbeständen ist das derzeit gültige Fischereigesetz von 1990 v.a. von den Prinzipien des Gewässerschutzes und der Nachhaltigkeit geprägt. Im Vordergrund stehen die Erhaltung und die Verbesserung der Artenvielfalt, des Bestands einheimischer Fische, Krebse und Fischnährtiere sowie geeigneter naturnaher Lebensräume. Der Staat verpachtet das Fischereirecht auf die Dauer von jeweils acht Jahren. Bis zur Gründung des Fischereivereins Liechtenstein 1953 wurden die Fischgewässer meist von begüterten Einzelpersonen gepachtet, heute fast vollständig vom Fischereiverein (2003: 295 Mitglieder).
Quellen
- Liechtensteinisches Urkundenbuch, Teil I: Von den Anfängen bis zum Tod Bischof Hartmanns von Werdenberg-Sargans-Vaduz 1416, 6 Bände, bearbeitet von Franz Perret, Benedikt Bilgeri, Georg Malin und Otto P. Clavadetscher, Vaduz 1948–1996 (LUB I/1–6).
- Die Landesbeschreibung des Landvogts Josef Schuppler aus dem Jahre 1815, Textedition mit Einleitung, hg. von Alois Ospelt, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 75 (1975), S. 189–461, hier S. 233, 352f.
- Der Lokalisierungs-Bericht von Hofrat Georg Hauer aus dem Jahre 1808, hg. von Paul Vogt, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 83 (1983), S. 71–149, hier S. 137.
Literatur
- 50 Jahre Fischereiverein. Jubiläumsschrift des Fischereivereins Liechtenstein 1953–2003, Ruggell 2003.
- Erik Bohl, Armin Peter, Theo Kindle, Gertrud Haidvogl: Fisch- und Krebsatlas Liechtensteins. Verbreitung, Gefährdungsgrad, Merkmale, Vaduz 2001 (= Schriftenreihe Amt für Umweltschutz, Bd. 2).
- Erwin Amann, Theo Kindle: Die Fische im Fürstentum Liechtenstein, in: Berichte der Botanisch-Zoologischen Gesellschaft Liechtenstein-Sargans-Werdenberg, Bd. 13 (1984), S. 195–223. Auch erschienen als Band 3 der Reihe Naturkundliche Forschung im Fürstentum Liechtenstein, hg. von der Regierung des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz 1984.
- Alois Ospelt: Wirtschaftsgeschichte des Fürstentums Liechtenstein im 19. Jahrhundert. Von den napoleonischen Kriegen bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 72 (1972), S. 5–423, hier S. 226.
- Joseph Ospelt: Aus der Rentamtsrechnung für 1786, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 48 (1948), S. 5–51.
Zitierweise
<<Autor>>, «Fischerei», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 8.2.2025.