
Güterzusammenlegung
Autor: Bernd Marquardt | Stand: 31.12.2011
Als Reaktion auf die in der frühen Neuzeit übliche Erbrechtspraxis der Realteilung bäuerlicher Hofstellen, deren Konsequenz eine erhebliche Zersplitterung der bäuerlichen Landnutzung war, setzte ausgehend von der fürstlichen «Verordnung betreffs des Verbots der Güterzerstückelung» von 1806 eine Gegenbewegung ein. Die Verordnung bestimmte u.a., dass Grundstücke mit weniger als 400 Klaftern mit einer «Vereinigungssteuer» von 1 Gulden jährlich zu belasten seien. 1808 forderte der Lokalisierungsbericht des Hofrats Georg Hauer die Zusammenlegung bis zu einer die Familie nährenden Grösse. Sie stand in einem Wechselbezug zur gleichzeitig anlaufenden Politik der Aufteilung der Allmenden zu Privatgrundstücken, welcher ohne Güterzusammenlegung das Risiko anhaftete, nicht selbstversorgungsfähiges Kleinsteigentum zu kreieren. Die Widerstände gegen die gesamten Agrarreformen waren erheblich. Das Grundbuchpatent von 1809 formulierte ein zaghaftes Zerstückelungsverbot. Die Nachtragsverordnung von 1839 bekräftigte den Übergang zum Anerbenrecht in der Variante des Ältestenrechts und sah Massnahmen zur (Wieder-)Vereinigung von Höfen vor. Das liechtensteinische Sachenrecht von 1923 führte diese Ansätze fort, indem eine Gütermindestgrösse und ein Bewilligungserfordernis für Teilungen festgeschrieben wurden. Ein grundlegender Wandel in der Einstellung zu Güterzusammenlegungen kam erst zustande, als im Rahmen des Strukturwandels in der Landwirtschaft seit den 1950er Jahren Bauernbetriebe nur bei einer rationellen Betriebsweise überlebensfähig sein konnten. Zwischen 1960 und 1978 wurde z.B. in Triesenberg die Zahl der Parzellen von 4440 auf 2060 verringert. Begleitend ergingen 1954 eine neue Verordnung über die Güterzusammenlegung und 1981 ein Meliorationsgesetz.
Quellen
- Der Lokalisierungs-Bericht von Hofrat Georg Hauer aus dem Jahre 1808, hg. von Paul Vogt, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 83 (1983), S. 71–149, hier S. 84, 99f., 136.
Literatur
- Alois Ospelt: Wirtschaftsgeschichte des Fürstentums Liechtenstein im 19. Jahrhundert. Von den napoleonischen Kriegen bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 72 (1972), S. 5–423, hier S. 147–154.
- Walter Matt: Das Meliorationswesen in Liechtenstein, in: Bergheimat. Jahresschrift des Liechtensteiner Alpenvereins, Schaan 1982, S. 5–38.
Zitierweise
<<Autor>>, «Güterzusammenlegung», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <https://historisches-lexikon.li/G%C3%BCterzusammenlegung>, abgerufen am 10.2.2025.