Gaflei

Autor: Alois Ospelt | Stand: 30.11.2021

Alp auf dem rheintalseitigen Rätikon-Westhang, 1270–1570 m ü.M.; 25,7 ha. Gaflei gehört zum Gemeindegebiet von Triesenberg, ist aber Eigentum der Gemeinde Vaduz. Gaflei grenzt westlich und nördlich an Vaduzer Hoheitsgebiet, östlich an Bargella und südlich an die Fluren Ob Matu sowie Ufm Bärg (alle Triesenberg). Name Gaflei von alträtoromanisch *cuvlieu (Ort mit Höhlen oder überhängenden Felsen). Flächenverteilung: 1900 total 25,5 ha, davon 22,7 ha Alpweiden und 2,8 ha Wald; 1983 total 25,7 ha, davon 6,4 ha Weide, 2,7 ha bestockte Weide, 15 ha Wald und 1,5 ha Hotelareal.

1615 verkaufte das Kirchspiel Schaan-Vaduz das in diesem Jahr erstmals erwähnte Gaflei an einige Triesenberger. 1860–1861 erwarb der Vaduzer Franz Anton Kirchthaler die Alp von verschiedenen Triesenberger Familien. 1869 kam Gaflei an Samuel Rüegg aus Eichberg (SG) und 1872 kauften es die fünf Vaduzer Josef Anton Amann, Felix Real, Anton Ospelt, Alois Rheinberger und Johann Laternser (1814–1889). Karl Schädler aus Vaduz, der Gaflei 1894 erwarb, vergrösserte den Besitz durch Zukauf von Magerwiesen und eines Stücks der Alp Bargella um 4,9 ha. Nachdem die Gemeinde Vaduz 1952 auf Gaflei eine Waldfläche von 8,7 ha gekauft hatte, brachte sie 1955 auf Beschluss der Bürgerversammlung auch den Rest der Alp in ihren Besitz (14,6 ha).

Bis zum Verkauf von 1860–1861 diente Gaflei den Triesenberger Besitzern als Maiensäss. Jeder Eigentümer verfügte über eine bestimmte Anzahl Weiderechte und bewirtschaftete die Alp selbstständig. Die verschiedenen Hütten und Einzelsennereien wurden wohl von Franz Anton Kirchthaler durch ein neues Gebäude mit Stall, Wohnung und Sennerei ersetzt. Nach 1872 begann auf dem weiterhin alpwirtschaftlich genutzten Gaflei der Tourismus in den liechtensteinischen Alpen. Die neuen Inhaber betrieben einen Getränkeausschank und bauten 1875 zur Förderung des Absatzes der alpeigenen Sennereiprodukte die bestehenden Gebäude zum ersten liechtensteinischen Kurhaus aus («Molken- und Luftkuranstalt»). 1880 vereinbarten die Besitzer mit der Gemeinde Triesenberg den Bau einer Strasse von Masescha nach Gaflei. 1895–1898 wurde das Kurhaus von Karl Schädler mit einem Neubau auf hundert Betten erweitert. Zudem wurden ein Saal und eine Kegelbahn errichtet sowie ein Gehweg von Vaduz über Wildschloss nach Gaflei erstellt. Es folgten 1897–1898 der Bau des von Gaflei ausgehenden Dreischwesternwegs (mit Fürstensteig), 1898 die Verlegung von Stall und Sennerei auf einen weiter südlich gelegenen Alpteil und 1901 der Anschluss an das Gemeinde-Elektrizitätswerk Vaduz. Auch eine Extrapostverbindung, Pferdefuhrverkehr und Trägerdienste für die Kurgäste wurden eingerichtet. Bis zum Ersten Weltkrieg beherbergte das «Kurhaus Gaflei» den grössten Teil der in Liechtenstein weilenden Touristen (z.B. 4919 Nächtigungen 1911).

Nach 1918 bemühten sich die Erben nach Karl Schädler, den im Krieg eingebrochenen Kurbetrieb wiederzubeleben. 1930 wurden im nun vermehrt «Alphotel Gaflei» genannten Anwesen ein Schwimmbad und ein Aussichtsturm errichtet. Unter Karl Schädlers Neffen Rudolf Schädler war Gaflei 1933 Schauplatz eines antisemitisch motivierten, tödlich endenden Entführungsversuchs (Rotter-Entführung). Von August 1943 bis Februar 1944 fand dort ein Lager für 59 deutsche Volksschüler statt, die aus der «luftgefährdeten» Stadt Essen (D) evakuiert wurden («Kinderlandverschickung»).

Verschiedene zwischen 1948 und den 1970er Jahren entworfene Projekte einer Kabinenbahn von Vaduz nach Gaflei liessen sich nicht realisieren. Das nach dem Kauf durch die Gemeinde Vaduz (1955) in Pacht betriebene Kurhaus wurde 1961 abgebrochen; an seiner Stelle entstand ein modernes Hotel (1966 Neueröffnung). Der wiederum von Pächtern geführte Hotelbetrieb erzielte aufgrund ungenügender Auslastung nicht den erwarteten wirtschaftlichen Erfolg. Verschiedene Umstellungen des Betriebskonzepts, bauliche Erweiterungen (1972–1973 Erstellung von Garagen, zusätzlichen Gästezimmern, Hallenbad, Sauna, Fitnessraum und Tennisplätzen) sowie der Neubau der Strasse Masescha-Gaflei (1975) brachten keine Besserung. Die Gemeinde musste finanzielle Verluste in Kauf nehmen. 1986 lehnten die Vaduzer Stimmberechtigten einen vom Gemeinderat beschlossenen Kredit von rund 9 Mio. Franken zur baulichen Sanierung des «Alphotels Gaflei» ab. 1989–1992 blieb das Hotel geschlossen. Nach einigen Jahren reduzierten Restaurantbetriebs diente das Anwesen von 1998 bis 2003 als Sitz der Internationalen Akademie für Philosophie (IAP). Die nach dem Wegzug der IAP ungenutzten Gebäude wurden 2005 abgebrochen. Seit 2019 befindet sich auf Gaflei eine vom Ehepaar Marc und Michaela Risch errichtete Privatklinik für die Behandlung schwerer Depressionen und Erschöpfungszustände (Clinicum Alpinum). Dazu gehört auch ein öffentliches Restaurant.

Die Bewirtschaftung der Alp mit Sennerei war anfänglich Teil des Kurbetriebs. Nach der Abtrennung der Alpwirtschaft nutzte der gemeindeeigene Landwirtschaftsbetrieb (Bürgerheim, Riethof) die Alp, die teilweise aber auch von anderen Bauern, zumeist aus Vaduz, gepachtet wurde. 2006 liess die Gemeinde das Alpgebäude mit Stall und Sennerei niederreissen. Geblieben ist eine extensive Nutzung der Alpweiden.

Archive

  • Gemeindearchiv Vaduz (GAV).
  • Privatarchiv Alois Ospelt, Vaduz.

Literatur

Externe Links

Zitierweise

<<Autor>>, «Gaflei», Stand: 30.11.2021, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 15.2.2025.

Medien

«Molken- und Luftkuranstalt» Gaflei, um 1880 (Liechtensteinisches Landesarchiv, B 11 Ga6/001/001, Foto: Richard Gassner, Vaduz).
«Kurhaus Gaflei bei Vaduz», Holzstich aus: Ueber Land und Meer. Allgemeine illustrirte Zeitung, Bd. 81/Nr. 22, Stuttgart 1899, S. 369 (Liechtensteinische Landesbibliothek, Vaduz).
«Kurhaus Gaflei», vor 1930 (Liechtensteinisches Landesarchiv, Foto: Adolf Buck).
Postkarte «Tourotel Gaflei» – auf der Rückseite angepriesen als im «Sommer und Winter ideales Tagungs- und Ferienhotel», 1970er Jahre (S. Eberle Ansichtskartenverlag, Triesenberg ). Der von den Vaduzer Architekten Hans Rheinberger und Karl Gassner entworfene Hotelbau wurde 1966 eröffnet; abgebrochen 2005.
Blick auf das 2019 eröffnete Clinicum Alpinum (Foto: J2M Architekten, München).