
Gegenzeichnung
Autor: Wilfried Marxer | Stand: 31.12.2011
In vorkonstitutioneller Zeit beurkundete die Gegenzeichnung von Staatsakten des Monarchen die Authentizität der Unterschrift des Monarchen (Kontrasignatur). Mit dem Konstitutionalismus, in Liechtenstein mit der Verfassung von 1862, kam ihr v.a. die Bedeutung zu, Verantwortlichkeit für Staatsakte herzustellen. Nach der Verfassung von 1862 bedurften alle Gesetze, Verordnungen und fürstliche Erlasse zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines im Land anwesenden verantwortlichen Beamten. Seit der Verfassung von 1921 ist für die Gültigkeit aller Gesetze und der fürstlichen Erlasse, Verordnungen und Resolutionen die Gegenzeichnung des Regierungschefs erforderlich. Der Regierungschef übernimmt damit gegenüber dem Parlament die politische und staatsrechtliche Verantwortung für die Regierungsakte des Fürsten, da dieser selbst weder politisch noch strafrechtlich belangbar ist.
Ob damit ein grundsätzliches Erfordernis der Gegenzeichnung für fürstliche Staatsakte normiert ist (unter logisch-systematischer Ausklammerung bestimmter Einzelfälle) oder ob die Gegenzeichnung nur die in der Verfassung explizit erwähnten Fälle betrifft, ist in der Fachwelt umstritten. Ohne Gegenzeichnung erfolgen die Regierungsernennung und eine allfällige -entlassung, allenfalls auch Notverordnungen, wenn keine Regierung mehr im Amt ist. Das Erfordernis und die Bedeutung der Gegenzeichnung etwa bei einer Begnadigung, einer Abolition, einer Auflösung des Landtags oder dem Erlass eines Hausgesetzes des Fürstenhauses wird unterschiedlich beurteilt.
Literatur
- Günther Winkler: Begnadigung und Gegenzeichnung. Eine praxisorientierte verfassungsrechtliche und staatstheoretische Studie über Staatsakte des Fürsten von Liechtenstein, Wien/New York 2005.
- Christine Weber: Das Gegenzeichnungsrecht unter besonderer Berücksichtigung der Verfassung des Fürstentums Liechtenstein, Frankfurt am Main 1997.
- Die liechtensteinische Verfassung 1921, hg. von Gerhard Batliner, in: Liechtenstein Politische Schriften, Bd 21, Vaduz 1994.
Zitierweise
<<Autor>>, «Gegenzeichnung», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.