Hausierer

Autorin: Sabine Veits-Falk | Stand: 31.12.2011

Hausierer sind umherziehende Händler, die ohne bestimmte Verkaufs- oder Arbeitsstätte Waren und gewerbliche Leistungen von Haus zu Haus anbieten. In Liechtenstein hatte der Kleinhandel bis Mitte 19. Jahrhundert kaum Bedeutung, sodass der für ländliche Gegenden charakteristische Hausierhandel für die Versorgung der Bevölkerung wichtig war. Die meisten Hausierer kamen aus Vorarlberg, der Schweiz (ausser während des Zollvertrags mit Österreich 1852–1919) und Liechtenstein. Sie waren auf bestimmte Güter und Dienste spezialisiert (z.B. Eisenwaren, Sensen, Baumwollstoffe, Kurzwaren, Bürsten, Käse und Geflügel, Kleider und Schuhe; Scherenschleifen, Kesselflicken, Korbflechten usw.).

Der den Fahrenden zugerechneten und als sozial randständig betrachteten Bevölkerungsgruppe begegnete die Obrigkeit mit Misstrauen. 1719 wurde das Hausieren mit eingeführtem Brot verboten. 1793 bekräftigte das Oberamt ein bestehendes allgemeines Hausierverbot und drohte die Konfiskation der Waren an; auch das Kaufen bei Hausierern war strafbar. Die Verbote wurden kaum eingehalten. Ab 1809 bedurften Hausierer einer Bewilligung. Deren Zahl wuchs im 19. Jahrhundert trotz Einbruch in der Jahrhundert-Mitte stark. Während die Bevölkerung am Waren-, Dienstleistungs- und Nachrichtenangebot der Hausierer interessiert war, stand ihnen seit dem 19. Jahrhundert das liechtensteinische Handelsgewerbe aus Konkurrenzgründen ablehnend gegenüber. Ab den 1830er Jahren forderte es ein Hausierverbot für Ausländer, zumal Liechtensteinern das Hausieren in St. Gallen und Vorarlberg verboten war. Das Oberamt entsprach dem Wunsch nicht, aus Furcht, den Warenbedarf nicht decken zu können.

Nach gesundheitspolizeilichen Einschränkungen des Hausierens durch die Polizeiordnung von 1843 erliess die Regierung 1870 ein erstes Hausiergesetz. Für das erforderliche Hausierpatent bedurfte es eines guten Leumunds; das Angebot bestimmter Waren war den Hausierern verboten (z.B. alkoholische Getränke, Arzneimittel, Gifte, Spezereiwaren, Lotterielose). Erneute Vorstösse von Gewerbetreibenden zur Einschränkung des Hausierens wurden 1916 beim Erlass eines neuen Hausiergesetzes berücksichtigt. Das Hausieren blieb bis in die 1940er Jahre ein akutes Thema, wurde dann aber zu einer Randerscheinung. 1958 schränkte das Gesetz betr. das Hausier- und Wandergewerbe die zugelassenen Waren weiter ein.

Archive

  • Liechtensteinisches Landesarchiv, Vaduz (LI LA).

Literatur

Medien

Hausierbewilligungen im 19. Jahrhundert

Jahr Bewilligungen
1808 8
1825 29
1835 56
1845 101
1855 8
1865 42
1871 111
1880 164
1890 69

Quelle: Ospelt: Wirtschaftsgeschichte, 1972, S. 261.

Zitierweise

<<Autor>>, «Hausierer», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.