
Hebammen
Autor: Karl Heinz Burmeister | Stand: 31.12.2011
Die Tätigkeit als Hebamme war bis ins 19. Jahrhundert der einzige Frauenberuf, der sich höherer Achtung und öffentlichen Interesses erfreute. Die in der Regel verheirateten Hebammen bezogen ein jährliches Wartgeld sowie Gebühren für jede einzelne Geburt, oft auch zusätzliche Trinkgelder oder Geschenke.
1551 wurde Katharina Winzurli aus Balzers in Feldkirch als Hebamme bestallt; sie erhielt ein Wartgeld von 8 Gulden und freie Wohnung. In Balzers wirkten als Hebamme 1677–1685 Ursula von Kriss, 1683–1693 Martha Kaufmann und 1689–1690 Katharina Willi. 1688 ist als in Vaduz tätige Hebamme eine Maria Lengli erwähnt, der eine Maria Wolff vorausgegangen war.
1771 beklagte der fürstliche Administrator Gabriel Reinhard das verhängnisvolle Fehlen ausgebildeter Hebammen in Liechtenstein. 1782 beschloss die obere Landschaft, auf ihre Kosten die Ehefrau des Johann Risch von Vaduz bei einer erfahrenen Hebamme in Rankweil lernen zu lassen. Nach der Lehre und Approbation sollte sie verpflichtet sein, in jeder Gemeinde der oberen Herrschaft unentgeltlich eine Hebamme auszubilden und ihre Dienste auf Verlangen jeder anderen Gemeinde gegen Lohn zur Verfügung zu stellen. Sie erhielt dafür 8 Gulden Wartgeld sowie Gemeinwerk- und Wuhrfreiheit. Schaan gesellte ihr «die alte Hebamme Franziska Frommoltin» bei. Über den Mangel ausgebildeter Hebammen klagte auch Landvogt Franz Xaver Menzinger 1789. 1802 bildete Dr. Gebhard Schädler als unterer Landschaftsarzt unentgeltlich drei Hebammen aus. 1809 wurde er zum Landesphysikus berufen, zu dessen Aufgaben die Ausbildung von Hebammen gehörte. Sein Sohn Dr. Karl Schädler führte bis 1872 diese Aufgabe fort. Die Hebammenordnung von 1873 sah vor, nur mehr in öffentlichen Lehranstalten unterrichtete und patentierte Hebammen anzustellen. Später wurden Frauen aus Liechtenstein in Innsbruck oder Zürich zu Hebammen ausgebildet. Ein Jahresgehalt wurde von der Gemeinde festgelegt; für jeden Beistand erhielt die Hebamme ein zusätzliches Honorar.
Eine umfassende Neuregelung des Hebammenberufs brachte eine Regierungsverordnung von 1962, welche ein Obligatorium für eine periodisch zu absolvierende Fortbildung mit einbezog. Ein Gesetz von 2001 regelt die Anerkennung von Befähigungsnachweisen für Hebammen im EWR.
Archive
- Alparchiv Vaduz.
- Verhörtagsprotokolle im Liechtensteinisches Landesarchiv, Vaduz (LI LA).
Literatur
- Rudolf Rheinberger: Liechtensteiner Ärzte des 19. Jahrhunderts, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 89 (1991), S. 19–112, hier S. 22f., 32, 36, 39–41, 53.
- Franz Büchel: Beiträge zur Geschichte 842–1942, hg. von der Gemeinde Balzers, Balzers 1987, S. 114f.
Zitierweise
<<Autor>>, «Hebammen», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 14.2.2025.