Herrmann, Kurt

Autor: Hanspeter Lussy | Stand: 31.12.2011

Industrieller und Verleger. *20.5.1888 Leipzig, †4.11.1959 Vaduz, Deutscher, ab 1931 von Eschen. Sohn des Carl Robert und der Maria Paulina, geb. Oschatz. 1) 1914 Erna Meyer (*26.11.1893, †3.6.1972), Tochter des Leipziger Industriellen Bernhard Meyer, zwei Kinder, 2) 22.10.1945 Senta Fricke (*23.4. 1911, †6.8.1986). Ausbildung als Maurer und Architekt.

Herrmann leitete während des Ersten Weltkriegs verschiedene deutsche Flugzeug- und Motorenwerke und erbte Teile des Meyer’schen Industriekonglomerats; kaufte grosse Rittergüter in Ostpreussen. Herrmanns Zeitschriftenverlagsimperium beschäftigte 1931 12 000, während des Zweiten Weltkriegs zeitweilig 30 000 Personen. In den 1920er Jahren gründete Herrmann aus steuerlichen Gründen zur Verwaltung von Beteiligungen Finanzgesellschaften in der Schweiz und in Liechtenstein. 1931 erwarb er die liechtensteinische Staatsbürgerschaft, die er in Deutschland verheimlichte.

Unter dem Nationalsozialismus führte er den grössten Teil seines Vermögens ins Dritte Reich zurück. Herrmann gehörte zum Bekanntenkreis Hermann Görings und spendete grosse Geldsummen an das NS-Regime, war aber nicht NSDAP-Mitglied. Geschäftlich für Göring tätig, der ihm 1938 den Titel «Preussischer Staatsrat» verlieh. Während des Kriegs kämpfte er gegen die Reichspressekammer, die seinen Universalverlag, Berlin, enteignen wollte. Herrmann reagierte darauf mit der Diversifizierung des Konzerns und dem Erwerb von Immobilien in Italien und in den Niederlanden. Er erwarb durch «Arisierung» das grösste Juweliergeschäft Berlins (Gebr. Friedländer) und galt seither als Görings Juwelier und Strohmann. Kurz vor dem Kriegsende flüchtete er nach Liechtenstein, von wo aus er vergeblich versuchte, sein Vermögen (80 Mio. Reichsmark) vor der Konfiskation durch die Alliierten zu schützen. Der Vorwurf, NS-Vermögenswerte ins Ausland gebracht zu haben, konnte nicht erhärtet werden. 1950 in Hannover in einem Entnazifizierungsverfahren der harmlosen Kategorie IV der Mitläufer unter dem NS-Regime zugeteilt und 1952 vom Bezirksgericht Zürich im sogenannten Halphen-Zivilprozess vom Vorwurf der Hehlerei geraubter Rothschild-Juwelen entlastet. Darauf hob die Schweiz ihre Einreisesperre wieder auf. Bis zu seinem Tod lebte er in Vaduz.

Literatur

  • Esther Tisa Francini: Liechtenstein und der internationale Kunstmarkt 1933–1945. Sammlungen und ihre Provenienzen im Spannungsfeld von Flucht, Raub und Restitution, Vaduz/Zürich 2005 (= Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg, Studie 4).
  • Hanspeter Lussy, Rodrigo López: Finanzbeziehungen Liechtensteins zur Zeit des Nationalsozialismus, 2 Bände, Vaduz/Zürich 2005 (= Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg, Studie 3).
  • Henryk M. Broder: Diamanten für den Reichsmarschall, in: Der Spiegel, Nr. 8 (1997), S. 44-58.

Zitierweise

<<Autor>>, «Herrmann, Kurt», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.

Normdaten

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