Hilti, Martin

Autor: Redaktion | Stand: 31.12.2011

Unternehmer und Industriepionier. *8.5. 1915 Schaan, †19.8.1997 Spital Grabs, von Schaan, wohnhaft in Schaan. Sohn des Metzgermeisters und stellvertretenden Landtagsabgeordneten Josef und der Walburga, geb. Quaderer, elf Geschwister, u.a. der Künstler Gottfried sowie die Unternehmer Eugen und Toni. 4.12.1943 Elisabeth Iten (*6.9.1918, †1.12.2004), vier Kinder.

Gymnasium in Feldkirch (Stella Matutina) und Schwyz, 1933–37 Studium der angewandten Mathematik und der Geodäsie in Graz, 1937–39 Dozent für Mathematik und Studium des Maschinen- und Kraftfahrzeugbaus an der Ingenieurschule Wismar (D), Dipl. Ing. 1939 Eintritt in die von seinem Bruder Eugen betriebene «E. Hilti Maschinenbau Central-Garage» in Schaan. 1941 gründeten die Brüder Martin und Eugen Hilti als gleichberechtigte Mitinhaber die Maschinenbau Hilti oHG (→ Hilti AG) in Schaan, die bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs fast ausschliesslich als Zulieferer für die deutsche Rüstungsindustrie produzierte, und 1944 die auf zivile Produkte ausgerichtete Mea Kunstharz-Presswerk AG, Schaan (1961 Fusion mit der Hilti AG). Die von Hilti geleitete Hilti oHG geriet beim Kriegsende in eine Krise, von der sie sich erst nach dem Einstieg in die Befestigungstechnologie (1948) erholte. Das Unternehmen ist seit ca. 1960 das grösste in Liechtenstein, diversifizierte sich ab 1967 in verschiedene Richtungen der Bautechnik und entwickelte sich zu einem Weltkonzern (ab Ende der 1940er Jahre Aufbau eines weltweiten Vertriebs- und Servicenetzes sowie ab 1970 Produktionswerke im Ausland). Die von Hilti geschaffenen Sozialwerke des Unternehmens galten in Liechtenstein als vorbildlich. So wurden 1959 eine firmeneigene Pensionsversicherung und 1963 mit dem «Hilti Sparverein» eine Grundlage für die 3. Säule der Altersvorsorge geschaffen. 1990 übergab Hilti die Leitung der Hilti AG und 1994 den Vorsitz im Verwaltungsrat (1994 Ehrenpräsident) an seinen Sohn Michael.

Hilti gehörte ab 1933 dem Liechtensteiner Heimatdienst an. Während seiner Studienzeit wurde er zum überzeugten Nationalsozialisten. Ab 1940 spielte er eine führende Rolle in der einheimischen nationalsozialistischen Volksdeutschen Bewegung in Liechtenstein (VDBL). Er war 1940 an deren Reorganisation beteiligt und leitete die VDBL im Oberland als «Gebietsführer» sowie die VDBL-«Sportabteilung» (SA). 1940–42 war er Schriftleiter (Chefredaktor) des VDBL-Blatts «Der Umbruch» und massgeblich für dessen aggressive, antisemitische und anschlussorientierte Ausrichtung verantwortlich. Im Sommer 1941 absolvierte Hilti als Freiwilliger eine Waffen-SS-Ausbildung. Er wurde aber nicht an der Front eingesetzt, sondern nach Liechtenstein entlassen, um mit seinem Betrieb, für dessen Aufbau er seine Kontakte zu NS-Deutschland nutzte, den deutschen Kriegsanstrengungen zu dienen. Im Oktober 1945 verurteilte ein Schweizer Militärgericht Hilti in Abwesenheit wegen 1940 verübter Spionage für die Wehrmacht zu sieben Jahren Zuchthaus, die er nicht verbüsste, und verhängte eine 15-jährige Einreisesperre. Er übte nach 1945 keine politischen Ämter mehr aus.

Hilti gehörte 1961 zu den Gründern des Abendtechnikums Vaduz und war 1961–70 Mitglied von dessen Technikumsrat. Er war Vorstandsmitglied der LIHK (1968–93, 1993 Ehrenmitglied), Verwaltungsrat der Hilcona AG (1971–94) und der VP Bank (1979–92). Hilti unterstützte, u.a. durch die 1996 gegründete Hilti-Foundation, verschiedene soziale, bildungspolitische und kulturelle Institutionen in Liechtenstein und anderen Ländern. Zahlreiche Ehrungen im In- und Ausland, u.a. Fürstlicher Kommerzienrat (1975), Dr. h.c. der Technischen Universität Wien (1976) und der Universität Graz (1982), Verleihung des Berufstitels «Professor» durch den österreichischen Bundespräsidenten (1978). Hilti war jahrzehntelang einer der erfolgreichsten liechtensteinischen Unternehmer und zählte zu den Trägern der zweiten Industrialisierungswelle in Liechtenstein.

Literatur

  • Peter Geiger: Kriegszeit. Liechtenstein 1939 bis 1945, 2 Bände, Vaduz/Zürich 2010.
  • Veronika Marxer, Christian Ruch: Liechtensteinische Industriebetriebe und die Frage nach der Produktion für den deutschen Kriegsbedarf 1939-1945, Vaduz/Zürich 2005 (= Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg, Studie 2).
  • Peter Geiger, Arthur Brunhart, David Bankier, Dan Michman, Carlo Moos, Erika Weinzierl: Fragen zu Liechtenstein in der NS-Zeit und im Zweiten Weltkrieg: Flüchtlinge, Vermögenswerte, Kunst, Rüstungsproduktion. Schlussbericht der Unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg, Vaduz/Zürich 2005.
  • Peter Geiger: Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren 1928–1939, 2 Bände, Vaduz/Zürich 1997, 22000.
  • Martin Hilti zum 80. Geburtstag, hg. von der Hilti AG, Redaktion: Michael Hilti et al., Schaan 1995.

Von der Redaktion nachträglich ergänzt

  • René Lüchinger: Martin Hilti. Alles für Arbeit, in: 22 Menschen, die Liechtenstein bewegten, hg. von Frank P. van Eck und Mathias Ospelt, Triesen 2023, S. 94–105.
  • Franco Ruault: Geschäftsmodell Judenhass. Martin Hilti – «Volksdeutscher» Unternehmer im Fürstentum Liechtenstein 1939–1945, Frankfurt a.M. 2017.

Nachrufe

  • Gedenkfeier zu Ehren von Martin Hilti, in: Liechtensteiner Vaterland, 30.8.1997, S. 1, 4f.
  • Abschied von einem bedeutenden Liechtensteiner, in: Liechtensteiner Volksblatt, 29.8.1997, S. 3.
  • Martin Hilti gestorben, in: Liechtensteiner Vaterland, 20.8.1997, S. 1, 3.
  • Martin Hilti gestorben, in: Liechtensteiner Volksblatt, 20.8.1997, S. 1f.

Normdaten

GND: 119329743

Zitierweise

<<Autor>>, «Hilti, Martin», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 17.2.2025.

Medien

Martin Hilti (links) und Peter Rheinberger, 1940er Jahre (Familienarchiv Rheinberger).