Hohenems, Ferdinand Karl von

Autor: Karl Heinz Burmeister | Stand: 31.12.2011

Landesherr. *29.12.1650, †18.2. 1686 als Gefangener auf Schloss Kemnat bei Kaufbeuren (D). Sohn des Franz Wilhelm I. und der Eleonora Katharina Landgräfin von Fürstenberg, vier Geschwister, u.a. Jakob Hannibal III. und Franz Wilhelm II. 1674 Maria Jakobäa Gräfin von Waldburg-Wolfegg (†1693); die Ehe blieb kinderlos.

Ferdinand Karl übernahm nach dem Tod seines Vaters (10.7.1662) als Erstgeborener die Regierung in Vaduz-Schellenberg. Da er erst zwölf Jahre alt war, musste eine vormundschaftliche Regierung bestellt werden, worüber in der Verwandtschaft Streit entstand. Kaiser Leopold I. vermittelte jedoch, sodass seine Mutter und sein Oheim Karl Friedrich zu Vormündern des jungen Grafen bestellt wurden. Nachdem Karl Friedrich am 20.10.1675 gestorben war, übernahm Ferdinand Karl, jetzt 25-jährig, selbst die Regierung.

Ferdinand Karl hatte 1656–67, wohl mit Unterbrechungen, das Lyzeum der Jesuiten in Feldkirch besucht und sich am 12.11.1669 an der Universität Salzburg immatrikuliert. Seine Persönlichkeit war geprägt von einem leidenschaftlichen Temperament – er folgte seinen schwankenden Stimmungen und neigte zu Verschwendung, Willkür und Gewalttätigkeiten, was zu schweren Konflikten nicht nur mit der Landschaft führte, sondern auch mit seinen Geschwistern, denen er die Mittel für eine standesgemässe Bildung und Lebensweise schuldig blieb, während er selbst sich aus dem väterlichen Erbe reichlich bediente. Er vernachlässigte das Schloss Vaduz und wohnte zeitweise in der «Krone» in Feldkirch, wo er durch starken Wein- und Tabakgenuss sowie seine Spielleidenschaft auffiel. Er warf den Bürgern Schneebälle durchs Fenster, beleidigte Beamte und Geistliche, griff vorschnell zu Degen oder Pistole. In der Kirche von Balzers holte er sich während der Predigt Feuer aus dem Ewigen Licht, um seine Pfeife anzuzünden. Er kassierte gespendetes Opfergeld und fiel durch französische Flüche auf. Vergeblich versuchte der Bischof von Chur, Ferdinand Karl zu einem besseren, christlichen Leben zurückzuführen.

Die beispiellose Misswirtschaft, besonders aber die zahlreichen Rechtsverstösse bei den umfangreichen Hexenprozessen der Jahre 1678–80, führten zur Einsetzung einer kaiserlichen Untersuchungskommission unter dem Fürstabt von Kempten, Freiherr Rupert von Bodman; ihre Aufgabe war es, die unrechtmässige Vorgangsweise des Grafen bei den Hexenprozessen zu untersuchen und den Klagen der Untertanen nachzugehen. Der jüngere Bruder Jakob Hannibal III. hatte Ferdinand Karl wegen lasterhaftem und ausschweifendem Lebenswandel und der daraus folgenden Verschuldung des gräflichen Hauses beim Kaiser angezeigt. Auch die Untertanen selbst waren mit einer Delegation beim Kaiser vorstellig geworden, um der Misswirtschaft und den zahlreichen Rechtsbrüchen ein Ende zu setzen. Unter anderem wurde gegen Ferdinand Karl geklagt, dass er junge Männer zum Kriegsdienst gezwungen habe, seine Jagdgesellschaften in Wirtshäusern oder Häusern der Landleute einquartiere, die Bussen willkürlich festlege, Landammänner und Gerichtsleute gegen das Herkommen willkürlich bestelle und in unflätiger Weise beschimpfe, die Gemeindeleute prügle, Lehen mehrfach vergebe usw. Auch lasse er das Schloss in Vaduz zerfallen, zugleich unter Erzwingung von Frondiensten neue und unnütze Gebäude errichten. Ferdinand Karl wurde 1684 abgesetzt und unter Arrest gestellt. Eine kaiserliche Administration bemühte sich 1684–86 um die Wiederherstellung der rechtmässigen Ordnung, hatte aber einerseits wegen der fehlenden Mittel, andererseits wegen der hohen Administrationskosten keinen durchschlagenden Erfolg. Immerhin wurde die rechtliche Stellung der Landschaft in vielerlei Hinsicht gebessert. Nach Ferdinand Karls Tod gab der Fürstabt von Kempten sein Amt als Administrator ab. In der Folge trat Jakob Hannibal III. die Regierung in Vaduz an.

Literatur

Zitierweise

<<Autor>>, «Hohenems, Ferdinand Karl von», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 7.2.2025.

Normdaten

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