Holzverarbeitung

Autor: Patrick Sele | Stand: 31.12.2011

Die bedeutendste Quelle natürlicher Ressourcen für die Holzverabeitung ist in Liechtenstein der Wald.

Holz verarbeitendes Gewerbe

Für die bis ins 20. Jahrhundert in Liechtenstein dominierende Landwirtschaft waren diejenigen Handwerkszweige, die aus Holz bäuerliche Arbeitsgeräte herstellten, von grosser Bedeutung. Zu diesen gehörten die Wagnerei, die Drechslerei, die Radmacherei, die Korbmacherei, die Rechenmacherei und die Küblerei (Weissküferei). Eine für den Weinbau wichtige Tätigkeit war die mit der Herstellung von Weinfässern befasste Küferei. Eine besondere Stellung hatten hierbei die für die herrschaftlichen Weingärten in Vaduz zuständigen Schlossküfer, deren Tätigkeit sich bis 1723 zurückverfolgen lässt. Der Herstellung von Holzkohle als Heizmaterial diente die Köhlerei.

In den herrschaftlichen Urbaren des 16. und 17. Jahrhunderts sind als Holz verarbeitende Arbeitsstätten Sägereien aufgeführt, die sich in Triesen, hinter dem Kulm (Triesenberg) und in Nendeln befanden. Diese Sägereien gehörten als mit Wasserkraft betriebene Werke bis ins 19. Jahrhundert zu den herrschaftlichen Regalien, d.h. sie waren landesherrliche Monopolbetriebe, die zumeist gegen die Entrichtung eines Zinses als Erblehen ausgegeben wurden.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestanden neben den oben erwähnten herrschaftlichen Sägereien zwei weitere in Vaduz und je eine in Balzers und in Ruggell. Es war dabei durchaus im Sinn der Obrigkeit, die Errichtung von neuen Sägereien zu befördern, denn es war für arme Leute, die über kein eigenes Fuhrwerk verfügten, nicht möglich, die Fuhr- und Weggeldkosten für einen weiten Transport zu bezahlen, sodass sie ihr Holz liegen und deshalb verderben lassen mussten.

Die Aufhebung der meisten herrschaftlichen Regalien im Zug der Revolution von 1848 ermöglichte es in der Folge auch Privaten, Wasserrechte zu erwerben und Sägereien zu betreiben. Das Sägereigewerbe erlebte einen grossen Aufschwung: Von 1861 bis zum Beginn der 1870er Jahre erhöhte sich die Zahl der Brettsägen von 3 auf 10. In den folgenden Jahrzehnten blieb diese Zahl etwa konstant. Im Schreinereigewerbe verlief die Entwicklung bis etwa 1880 ähnlich. Danach kam es noch einmal zu einem leichten Aufschwung, der bis in die ersten Jahre des Ersten Weltkriegs anhielt. Kaum Veränderungen wies in diesem Zeitraum das Wagnergewerbe auf, während das Küfergewerbe nach anfänglichem Aufschwung aufgrund der Abnahme des Weinbaus nach den 1870er Jahren einen starken Rückgang verzeichnete.

In den 1920er Jahren blieb die Zahl der in der Holzverarbeitung tätigen Gewerbebetriebe einigermassen konstant, was auf eine für diesen Gewerbezweig stabile wirtschaftliche Lage schliessen lässt. Schwieriger war die Situation während der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre. Eine Möglichkeit zur Bewältigung dieser Situation war für Gewerbetreibende die Einrichtung von gewerblichen Verbänden zur besseren Durchsetzung ihrer Interessen. So schlossen sich die Schreiner in einer Schreinergenossenschaft zusammen. Die Forderung, dass im Schreinergewerbe keine Gewerbekonzessionen mehr erteilt werden sollten, konnte dieser Verband jedoch nicht durchsetzen. Landtag und Regierung konnten wegen fehlender gesetzlicher Grundlage diesem Anliegen nicht entsprechen. Dafür kam das Schreinergewerbe auf andere Weise in den Genuss staatlicher Hilfsmassnahmen. So bewilligten die Behörden 1936 zugunsten der Schreinergenossenschaft eine Subvention von 75 % der Miete einer Möbelausstellungshalle.

Nicht nur krisenhafte Zustände, sondern auch Betriebsgründungen und Innovationen prägten die 1930er Jahre. So begannen in dieser Zeit einige Wagner mit der Skiherstellung. Ein Unternehmer aus Deutschland eröffnete 1934 in Schaan einen Betrieb für Kunstgegenstände aus Holz, der jedoch der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse wegen schon nach kurzer Zeit wieder einging. Im Lauf des 20. Jahrhunderts entzog der Strukturwandel in der Landwirtschaft den Wagnern, Küfern, Weissküfern, Drechslern, Korbmachern und Rechenmachern immer mehr die Existenzgrundlage. Jakob Büchel in Ruggell (1895–1971) war in den 1960er Jahren der letzte Holzschuhmacher in Liechtenstein und in der Region. Insgesamt erlebte das Holz verarbeitende Gewerbe im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts einen Aufschwung. Die Zahl der in diesem Bereich Beschäftigten wuchs zwischen 1929 und 1965 von 120 auf 354. Danach blieb sie auf diesem Niveau; 1995 betrug sie 356. Die Schreinerei und dabei besonders die Bauschreinerei profitierten von ihrer engen Verbindung mit dem Baugewerbe und nahmen an dessen Aufschwung teil. Ebenfalls in den Sog der Baukonjunktur gerieten die Handelssägereien. Die Möbelschreinerei hatte nach einem anfänglichen Aufschwung einen Rückgang zu verzeichnen, was vermutlich auf die Konkurrenz durch die ausländische Möbelindustrie zurückzuführen ist. Die Konkurrenz durch ausländische Industrieprodukte war es schliesslich auch, die der inländischen Skiherstellung ein Ende bereitete.

Holz- und Möbelindustrie

Einem im Jahr 1860 von einem Anton Hartmann aus Hard (Vorarlberg) vorgebrachten Ansuchen für ein Projekt einer Zündholzfabrikation in Schaanwald war wenig Erfolg beschieden. Ab 1932 bestand in Schaan eine Fabrik zur Herstellung von Polstermöbeln, die Stragupo-Neo-Kon AG (ab 1949 Polstermöbel AG, ab 1952 Polstermöbel Etablissement Schaan). Ebenfalls mit der Herstellung von Polstermöbeln befasst war von den 1940er Jahren bis 1993 die Lova Anstalt in Vaduz. Ausländische Konkurrenz führte zur Einstellung der Möbelherstellung in diesem Betrieb.

Quellen

Literatur

Zitierweise

<<Autor>>, «Holzverarbeitung», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 16.2.2025.

Medien

Drechselbank mit Fussantrieb aus der Wagnerei von Josef Vogt (1900–1983) in Balzers. Sie soll auf das frühe 18. Jahrhundert zurückgehen und war bis 1922 in Betrieb (Kulturgütersammlung der Gemeinde Balzers, SAB 1610).
Holzarbeiter in Schaan, um 1935 (Gemeindearchiv Schaan).
Alois Marxer (1907–1995) und Xaver Marxer (1912–1990) an der Hobelmaschine, wohl noch in der Zimmerei ihres Vaters Eduard in Mauren, erste Hälfte 1930er Jahre (Tschugmell-Fotoarchiv, Gemeindearchiv Mauren, Foto: Fridolin Tschugmell). 1938 gründeten die Brüder eine eigene Schreinerei.