
Imhof, Leopold Freiherr von
Autor: Rupert Quaderer | Stand: 31.12.2011
Landesverweser. *7.7. 1869 Salzburg, †30.4.1922 Salzburg, katholisch, Österreicher. ⚭ 7.9.1901 Ida Hoffmann, drei Kinder. Studium der Rechtswissenschaften in Wien und München. Verwaltungsdienste bei der k.k. Landesregierung in Salzburg, Oberösterreich und Tirol; Ministerialsekretär im Ministerium des Innern in Wien. In Wien stand er in Verbindung zu Prinz Eduard von Liechtenstein. Fürst Johann II. ernannte Imhof am 26.3. 1914 zum fürstlichen Landesverweser. Den Wunsch des Landesausschusses des liechtensteinischen Landtags nach einem Landesverweser aus Vorarlberg oder Tirol konnte Johann II. mangels geeigneter Bewerber nicht erfüllen. Dennoch wurde Imhof am 31.3.1914 in Vaduz freundlich empfangen.
Imhof trat sein Amt am 1.4.1914 unter teilweise schwierigen Bedingungen an. Die Landwirtschaft befand sich in einer Entwicklungskrise, und es begann sich eine Opposition gegen die bestehende politische Ordnung zu formieren. Eine wesentliche Belastung für die Amtsführung stellte der Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 dar. Dieser wurde von dem auf Seiten der Mittelmächte und v.a. Österreich-Ungarns stehenden Imhof mit einem gewissen Enthusiasmus begrüsst. Die nachteiligen Folgen des Kriegs zeigten sich sehr rasch in Schwierigkeiten bei der Lebensmittel- und Rohstoffversorgung und in der dadurch bedingten Teuerung. Dazu kam eine hohe Arbeitslosigkeit. Diese Kriegsauswirkungen trafen Imhof und die gesamte, nicht mit einem langen Krieg rechnende Staatsverwaltung unvorbereitet. Imhof sah sich bald dem Vorwurf ausgesetzt, die von ihm angeordneten Massnahmen seien unzureichend. Er geriet darob in zum Teil heftige Auseinandersetzungen mit der sich formierenden politischen Opposition um Wilhelm Beck und deren Zeitung, die «Oberrheinischen Nachrichten». Es kam zu Kompetenzstreitigkeiten mit der zur Sicherstellung der Lebensmittel- und Rohstoffversorgung gebildeten Landesnotstandskommission (→ Notstandskommissionen), v.a. mit deren Mitglied Wilhelm Beck. Je länger der Krieg dauerte, desto stärker wurde Imhof kritisiert. Er sah sich auch verschiedenen Vorwürfen und Gerüchten ausgesetzt, wie demjenigen des Schmuggels und der Hamsterei. Im März und im Mai 1917 half Imhof, die Brüder Sixtus und Xavier von Bourbon-Parma in Schaanwald inkognito über die Grenze zu bringen (Sixtusaffäre).
Gegen das Kriegsende schwappte die sich in Europa ausbreitende revolutionäre Stimmung auch nach Liechtenstein über. Im November 1918 bereiteten die Oppositionellen Wilhelm Beck, Martin Ritter und Fritz Walser, die einen Liechtensteiner als Regierungschef wollten, den Sturz Imhofs vor (→ Novemberputsch 1918). In der Landtagssitzung vom 7. November stellte Imhof die Vertrauensfrage und erklärte sich gleichzeitig bereit, seine Demission einzureichen. Der Landtag sprach ihm zwar einstimmig das Vertrauen aus, beschloss aber gegen die Stimmen der fürstlichen Abgeordneten die Führung der Amtsgeschäfte einem Vollzugsausschuss zu übertragen. Der Fürst genehmigte am 13. November den Rücktritt Imhofs. Dessen Bemühungen, weiterhin in fürstlichen Diensten zu verbleiben, schlugen fehl. Die Regierung lehnte einen Beitrag des Landes an die Pension Imhofs ab, da auf eine solche erst nach zehnjähriger Dienstzeit Anspruch bestand. Sie wurde ihm von Fürst Johann II. ab Dezember 1919 aus Privatmitteln bewilligt. 1915–18 war Imhof Vorstandsmitglied des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein. Ehrungen: Ritterkreuz des österreichischen Franz Josef-Ordens, Ritterkreuz des Leopoldordens. Imhof war ein tüchtiger Verwaltungsbeamter. Es gelang ihm allerdings nicht, die besonderen Schwierigkeiten des Ersten Weltkriegs zu meistern. Zudem erwuchs ihm in der politischen Opposition eine Gegenkraft, der er unter den schwierigen Bedingungen der Kriegszeiten nicht Herr wurde.
Literatur
- Rupert Quaderer-Vogt: Bewegte Zeiten in Liechtenstein 1914 bis 1926, 3 Bände, Vaduz/Zürich 2014.
- Die Schlossabmachungen vom September 1920. Studien und Quellen zur politischen Geschichte des Fürstentums Liechtenstein im frühen 20. Jahrhundert. Liechtenstein um die Jahrhundertwende. Die Entstehung der politischen Parteien. Die Christlich-soziale Volkspartei. Die Krise vom November 1918. Die Schlossabmachungen von 1920. Wilhelm Beck (1885–1936), hg. von der Vaterländischen Union, Redaktion: Arthur Brunhart, Vaduz 1996.
- Rupert Quaderer-Vogt: Der 7. November 1918. Staatsstreich - Putch - Revolution oder politisches Spektakel im Kleinstaat Liechtenstein?, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 93 (1995), S. 187–216.
Zitierweise
<<Autor>>, «Imhof, Leopold Freiherr von», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 8.2.2025.
Normdaten
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