Interpellation
Autor: Philippe Rochat | Stand: 23.9.2025
Eine Interpellation ist eine schriftliche parlamentarische Anfrage, mit der jedes Mitglied des Landtags die Regierung auffordern kann, über einen konkreten Gegenstand der Landesverwaltung Auskunft zu erteilen. Sie zählt zu den Kontrollinstrumenten des Landtags gegenüber Regierung und Verwaltung.
Bereits die Verfassung von 1921 hielt im bis heute unveränderten Art. 63 Abs. 4 fest, dass Regierungsvertreter verpflichtet sind, «Interpellationen der Abgeordneten zu beantworten». Die konkrete Ausgestaltung der Interpellation ist in der Geschäftsordnung des Landtags und dem Gesetz über den Geschäftsverkehr des Landtages mit der Regierung und die Kontrolle der Staatsverwaltung (GVVKG) geregelt.
Tatsächlich fand sich in der mehr als 100 Jahre gültigen Geschäftsordnung des Landtags von 1863 aber kein Bezug auf den Begriff «Interpellation». Erst die Geschäftsordnung vom 23.5.1969 unterschied analog zur Schweiz zwischen den parlamentarischen Eingängen Initiativrecht, Motion, Postulat, Interpellation, Anfrage und Petition. §32 der neuen Geschäftsordnung hielt fest: «Jedes Mitglied des Landtages ist befugt, von der Regierung über jeden Gegenstand der gesamten Landesverwaltung durch Interpellation Auskunft zu verlangen.» Diese Formulierung entspricht weitestgehend denjenigen in den Schweizer Parlamentsreglementen von National- und Ständerat von 1962.
Eine Interpellation musste schriftlich und unterzeichnet eingereicht und auf die Tagesordnung der nächsten, spätestens der übernächsten Sitzung gesetzt werden. In dieser Sitzung bestand die Möglichkeit, die Interpellation mündlich zu begründen. Nach der Beantwortung durch die Regierung in einer der folgenden Sitzungen konnte erklärt werden, ob die Antwort als befriedigend erachtet wurde oder nicht. Eine weitergehende Debatte über die Interpellationsbeantwortung fand aber nur auf Beschluss der Mehrheit der Landtagsabgeordneten statt.
Im Laufe der Zeit wurde die Praxis mehrfach angepasst und präzisiert. Seit Inkrafttreten der Geschäftsordnung 1989 sind Diskussionen und Abstimmungen bei der Überweisung explizit ausgeschlossen. Die Geschäftsordnung von 1996 hielt fest, dass die Interpellationsbeantwortung in schriftlicher Form erfolgen muss und nur dann debattiert wird, wenn ein Viertel und nicht wie bis anhin die Hälfte der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten dies fordert. Eine Interpellation konnte für dringlich erklärt werden, womit die Beantwortung bereits in der nächsten Sitzung zu erfolgen hatte. Auch die Fristen zur Beantwortung wurden mehrfach angepasst. Gegenwärtig erfolgt sie bis zur dritten Landtagssitzung nach der Überweisung an die Regierung. Verzögerungen sind zu begründen und auf Antrag der Regierung kann der Landtag einen späteren Erledigungstermin festlegen. Die Möglichkeit einer Dringlichkeitserklärung besteht aber weiterhin.
Zwischen 2001 und 2024 wurden insgesamt 133 Interpellationen eingereicht. Die jährlichen Zahlen schwanken allerdings stark. 2016 wurden 16, in anderen Jahren aber jeweils nur eine Interpellation eingereicht.
Quellen
- Geschäftsordnung für den Landtag des Fürstentums Liechtenstein (GOLT) vom 19. Dezember 2012, LGBl. 2013, Nr. 9.
Literatur
- Philippe Rochat: Landtag, in: Das politische System Liechtensteins. Handbuch für Wissenschaft und Praxis, hg. von Wilfried Marxer, Thomas Milic und Philippe Rochat, Baden-Baden 2024, S. 261–288.
- Peter Bussjäger: Art. 63, in: Kommentar zur liechtensteinischen Verfassung. Online-Kommentar, hg. vom Liechtenstein-Institut, Bendern 2016.
- Herbert Wille: Die liechtensteinische Staatsordnung. Verfassungsgeschichtliche Grundlagen und oberste Organe, Schaan 2015 (= Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 57), S. 484–486.
- Roger Beck: Rechtliche Ausgestaltung, Arbeitsweise und Reformbedarf des liechtensteinischen Landtags, Schaan 2013 (= Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 53), S. 304–306.
- Klaus Biedermann: 150 Jahre Landtag 1862–2012, hg. vom Landtag des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz 2012, S. 34, 70.
- Thomas F. Allgäuer: Die parlamentarische Kontrolle über die Regierung im Fürstentum Liechtenstein, Vaduz 1989 (= Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 13), S. 148–160.
Externe Links
- Instrumente der Abgeordneten, Website des Landtags des Fürstentums Liechtenstein.
Zitierweise
<<Autor>>, «Interpellation», Stand: 23.9.2025, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 16.11.2025.