
Kern, Erasmus
Autorin: Roswitha Feger-Risch | Stand: 31.12.2011
Holz- und Steinbildhauer. *1592 Feldkirch, † nach 1650. Vermutlich Sohn von Stadtammann, Ratsmitglied und «Altpawmeister» Erasmus. ⚭ Agatha Reinholt, Tochter einer Feldkircher Patrizierfamilie, zwölf Kinder. 1602–06 Bildhauerlehre bei Virgil Moll in Überlingen, 1606–08 bei dessen Nachfolger Jörg Zürn. Nach Lehr- und Wanderjahren erwarb Kern 1613 das Bürgerrecht in Feldkirch und besass dort ab 1615 Haus und Werkstatt. Im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts war er der führende Bildschnitzer in Feldkirch. Seit 1650 in Feldkirch nicht mehr nachweisbar, weiterer Aufenthaltsort unbekannt. Aus der Pfarrkirche St. Gallus in Triesen haben sich mehrere Altarfiguren und ein Tabernakel mit Figuren (1640–54) erhalten. Die Werkstätte Kerns muss, gemessen an den erhaltenen Werken, sehr gross gewesen sein. Archivalisch oder durch Signaturen belegt sind aber nur wenige Arbeiten, die als Grundlage für weitere Zuschreibungen dienen: 1624 Meschacher Krippe (Vorarlberger Landesmuseum), 1643 Kreuzigungsgruppe für die ehemalige Bludenzer Stadtpfarrkirche St. Laurentius (Assistenzfiguren erhalten), 1650 Hochaltar für die Pfarrkirche St. Martin in Eschen (heute in der Kirche von Grothenrath bei Aachen). Grössere, Kern zugeschriebene Aufträge etwa in Damüls (Pfarrkirche) und Feldkirch-Levis (St. Magdalena), in der Kathedrale Chur (um 1652) und Rosenkranzmadonnen in Lumbrein und Meiningen. Obwohl Kern sich selbst als Stein- und Holzbildhauer bezeichnete und dies von seinem Lehrmeister bescheinigt wurde, sind keine Steinarbeiten bekannt.
Die bürgerliche Kunst der Städte im süddeutschen Raum ist im 17. Jahrhundert von den traditionsverhafteten Handwerkszünften bestimmt und setzt bei den Ausläufern der Gotik um 1600 an. Gotische Strukturen werden beibehalten und fliessen in den spezifischen süddeutschen Barock mit ein. Die Waldseer Bildhauerfamilie Zürn und die Künstler der Weilheimer Schule gelten als die frühesten Vertreter dieser neuen Richtung. Kerns Werk steht deutlich in der Tradition der Zürn. Er war offensichtlich von seinem Lehrmeister Jörg Zürn beeinflusst, konnte aber nicht an den drastisch individuellen Ausdruck und die lebhaften Bewegungen der Figuren anknüpfen, die bei Zürn zu dramatischen Inszenierungen führen. Die Gesichter der Figuren von Kern bleiben weniger ausdrucksstark, die Faltenwürfe äusserst schematisch, feucht an die Körper angeklebt und mit ihren scharfen, verzweigten Graten stark an die gotische Skulptur angelehnt.
Literatur
- Petra Winands: Der Grothenrather Altar als Zeugnis barocker Altarbaukunst, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 84 (1984), S. 7–80.
- Claus Zoege von Manteuffel: Die Bildhauerfamilie Zürn 1606–1666, 2 Bde., 1969.
- Erwin Poeschel: Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein, hg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Basel 1950 (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Sonderband).
- Erwin Poeschel: Die Werke des Bildhauers Erasmus Kern aus Feldkirch in Liechtenstein, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 48 (1948), S. 53–78.
Zitierweise
<<Autor>>, «Kern, Erasmus», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 7.2.2025.
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