
Kessler, Hermann
Autor: Cornelius Goop | Stand: 17.12.2021
Ingenieur. *12.4.1860 Vaduz, †23.11.1927 Berlin, Deutscher. Sohn des Landtagsabgeordneten und Landrichters Markus und der Anna Amalie, geb. Menzinger, Enkel des Landesverwesers Johann Michael Menzinger, fünf Geschwister. ⚭ 1) Emma Holzboog (*18.3.1860, †30.5.1893), 2) Hedwig Henle (*27.7.1866, †5.11.1934), sechs Kinder.
Kessler besuchte das Gymnasium in Feldkirch und studierte anschliessend in Zürich und Stuttgart Naturwissenschaften, Maschinenbau und Elektrotechnik. Nach dem Studium arbeitete er für die Firma C. & E. Fein in Stuttgart und ab 1883 für das Elektrounternehmen Siemens & Halske in Berlin, das ihn 1887 als Ingenieur nach Tokio entsandte. Dort baute er das Ostasien- und Japangeschäft von Siemens auf und war als Generalbevollmächtigter der 1893 gegründeten Tochtergesellschaft «Siemens & Halske, Japan Agency» unter anderem am Bau des ersten Wasserkraftwerks in Japan beteiligt. Nach seiner Rückkehr ins deutsche Stammhaus 1908 war er in der «Central-Verwaltung Übersee» in Berlin weiterhin für das Japan-Geschäft verantwortlich. In dieser Position war er 1914 in den sogenannten «Siemens-Skandal» verwickelt, eine Bestechungsaffäre, die zum Sturz der japanischen Regierung führte. Eine öffentliche Anklage Kesslers im Deutschen Reichstag in diesem Zusammenhang durch den Sozialisten Karl Liebknecht blieb folgenlos. 1923 hatte Kessler massgeblichen Einfluss auf die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens Fusi Denki zwischen Furukawa und Siemens, aus dem später der Technologiekonzern Fujitsu hervorging.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1908 besuchte Kessler jährlich sein Geburtsland Liechtenstein. 1906/1907 hatte er sich von Egon Rheinberger nach den Plänen eines Berliner Architekten auf Masescha eine Ferienhaus-Villa im Heimatstil errichten lassen. Kessler äusserte sich häufig zur Landespolitik und trat in Liechtenstein als wohltätiger Spender auf. 1921 erstellte er ein Gutachten zum Bau des Lawenawerks, in dem er von der Fortführung des Projekts abriet.
Archive
- Liechtensteinisches Landesarchiv, Vaduz.
- Archiv des Siemens Historical Institute, Berlin.
- Archiv des Historischen Lexikons des Fürstentums Liechtenstein online (AeHLFL).
Quellen
- Lothar Schoen: Siemens in Japan, Typoskript 1979 [Siemens Historical Institute, SAA 7912].
- Rokurota Momotami: Hermann Kessler. Eine kurzgefasste deutsche Übersetzung aus dem japanischen Originaltext, Typoskript Dezember 1957 [Siemens Historical Institute, SAA 7912].
Literatur
- Cornelius Goop: Die gebildeten Fremden. Vier deutsche Migranten und der gesellschaftlich-politische Aufbruch in Liechtenstein im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts, Masterarbeit Universität Heidelberg, Manuskript 2020, besonders S. 60f.
- Georg Kieber: Masescha. Gegebenheiten, Ereignisse, Menschen, Schaan 2018, S. 38–40.
- Dennis Kirchberg: Analyse der internationalen Unternehmenstätigkeit des Hauses Siemens in Ostasien vor dem Zweiten Weltkrieg, Dissertation Universität Erlangen-Nürnberg, Manuskript 2010, besonders S. 64–174.
- Cornelia Herrmann: Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein, hg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bd. 2: Das Oberland, Bern 2007 (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Neue Ausgabe, Bd. 112), S. 201f.
- Toru Takenaka: Siemens in Japan. Von der Landesöffnung bis zum Ersten Weltkrieg, Stuttgart 1996 (= Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, Beiheft 91).
- Anton Wilhelm: Egon Rheinberger. Leben und Werk, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 84 (1984), S. 102–262, hier S. 116f.
- Karl Liebknecht: Gesammelte Reden und Schriften, Bd. 7, Berlin 1974, hier S. 310–327, 362–389, 400–408.
Nachrufe
- Liechtensteiner Volkswirt, 29.11.1927, S. 1.
- Liechtensteiner Volksblatt, 3.12.1927, S. 1–2.
- Liechtensteiner Volkswirt, 6.12.1927, S. 1–2.
- Siemens Mitteilungen Nr. 100, Dez./Jan. 1927/1928.
Zitierweise
<<Autor>>, «Kessler, Hermann», Stand: 17.12.2021, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 14.2.2025.