
Kindergarten
Autorin: Annette Bleyle | Stand: 31.12.2011
Der Kindergarten dient der vorschulischen Erziehung vier- bis sechsjähriger Kinder. Er ist die älteste Form ausserhäuslicher Kinderbetreuung in Liechtenstein. Sein Besuch ist unentgeltlich und freiwillig, für fremdsprachige Kinder ist das zweite Kindergartenjahr aus Integrationsgründen obligatorisch.
Mit der steigenden Erwerbstätigkeit von Müttern im Zug der Industrialisierung entstanden ab dem frühen 19. Jahrhundert in Deutschland, England und der Schweiz erste Kinderbetreuungseinrichtungen. Ab 1840 verbreitete sich das vom deutschen Pädagogen Friedrich Fröbel stammende Konzept des Kindergartens als auf Spiel beruhender Vorschulerziehung. Der erste Kindergarten in Liechtenstein entstand 1881 in Schaan. Nach der Gründung von vier weiteren Anstalten schuf das Schulgesetz von 1929 eine gesetzliche Grundlage für den Kindergarten. Es übertrug die Leitung und Finanzierung den Gemeinden und die Oberaufsicht dem Landesschulrat. Der Staat beteiligt sich seit 1968 an den Personalkosten (seit 2004 zu 50 %).
In den ersten Jahrzehnten diente der Kindergarten eher als Kinderbewahrungsanstalt, noch im Schulgesetz von 1929 hatte die Aufsicht vor dem pädagogischen Lernen und Erziehen Priorität. Betreut wurden die Kinder von den Barmherzigen Schwestern aus Zams (Tirol), später auch durch die Anbeterinnen des Blutes Christi vom Kloster St. Elisabeth in Schaan. Ab den 1960er Jahren wurden die Schwestern allmählich durch weltliche Kindergärtnerinnen ersetzt.
Das Schulgesetz von 1971 und die Kindergartenverordnung von 1977 reformierten die vorschulische Erziehung. Die Gemeinden wurden verpflichtet, zwei Jahre Kindergarten anzubieten, die Mitarbeit der Kindergartenleiterin im Gemeindeschulrat wurde für obligatorisch erklärt und die pädagogischen Funktionen des Kindergartens (Sozialerziehung, Persönlichkeitsbildung, Vorbereitung auf die Pflichtschule) sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern wurden gestärkt. Seit 1999 ist der Kindergarten integrierter Bestandteil des Lehrplans. Zur Vorbereitung nichtschulreifer Kinder auf die Primarschule eröffneten Schaan und Vaduz 1976 einen Schulkindergarten (gehört heute als Vorschule bzw. Einführungsklasse zum Primarschulbereich). Für behinderte Kinder besteht seit 1969 ein Kindergarten im Heilpädagogischen Zentrum Schaan.
Literatur
- Das liechtensteinische Bildungswesen, hg. vom Presse- und Informationsamt, Vaduz 22002, S. 14f.
- «Vor Vätterlischual zum Kindergarta»: 100 Jahre Kindergarten in Triesen, hg. von der Geimeinde Triesen, Redaktion: Toni Banzer, Triesen 1995.
- Graham Martin: Das Bildungswesen des Fürstentums Liechtenstein. Nationale und internationale Elemente im Bildungssystem eines europäischen Kleinstaates, Zürich 1984, S. 57–65.
Zitierweise
<<Autor>>, «Kindergarten», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.
Medien
Gründungsjahre der liechtensteinischen Kindergärten
1881 | Schaan |
1887 | Balzers |
1894 | Vaduz |
1895 | Triesen |
1912 | Mauren |
1933 | Eschen |
1939 | Ebenholz (Vaduz) |
1952 | Ruggell |
1953 | Nendeln |
1963 | Triesenberg |
1968 | Gamprin |
1969 | Planken |
1969 | Heilpädagogisches Zentrum Schaan |
1970 | Schellenberg |
1972 | Schaanwald |
1985 | Waldorfschule Schaan |
Angeführt ist jeweils der erste Kindergarten pro Gemeinde oder Weiler; später entstanden in den meisten Gemeinden weitere Kindergärten. – Quelle: Martin: Bildungswesen, 1984, S. 29