
Kirchenpfleger (Kirchenmaier, Heiligenpfleger)
Autor: Fabian Frommelt | Stand: 31.12.2011
Kirchenpfleger verwalteten als Treuhänder das für den Bau und den Unterhalt der Kirchengebäude und für die Erfordernisse des Gottesdienstes (Kerzen, Öl, Oblaten, Messwein, Monstranzen, Kelche, Gewänder, Paramente usw.) gestiftete Kirchenvermögen, die sogenannte Kirchenfabrik. Dazu gehörten neben dem Kirchengebäude samt Grundstück, Ausstattung und Kultgegenständen sowie dem Friedhof auch Zehntrechte, Liegenschaften und Kapitalien, von denen die Kirchenpfleger den Zins einzogen. Sie waren von den Kirchgemeinden auf Zeit eingesetzte, angesehene Laien. Die Kirchenpflegschaft war ein Element kommunaler Selbstverwaltung im kirchlichen Bereich; sie unterstand nicht dem Kirchenrecht.
Kirchenpfleger sind 1355 in Schaan, 1406 in Triesen und 1446 in Eschen, Bendern und Mauren belegt. Neben Pfarrkirchen hatten auch Kapellen eigene Pfleger, z.B. St. Maria in Triesen (erwähnt 1414/19) und St. Maria auf Masescha (1465). Die (um 1720) auf zwei Jahre gewählten Kirchenpfleger führten die Kirchenrechnung unter Beizug des Pfarrers. Zeigt sich im 18. Jahrhundert bei Kirchen mit landesherrlichem Patronat eine verstärkte obrigkeitliche Kontrolle der Rechnungslegung, waren ab 1809 die jährlichen Rechnungen aller Kirchen dem Oberamt zur Revision und Genehmigung vorzulegen.
Das Gemeindegesetz von 1864 übertrug die Verwaltung des Kirchenguts einem Kirchenrat, welchem gemäss dem Gesetz über die Verwaltung des Kirchenguts von 1870 der Pfarrer, je ein Gemeinderat der eingepfarrten Gemeinden, der direkt gewählte Kirchenpfleger sowie u.U. ein Vertreter des Patrons angehörten. Der Kirchenpfleger war zuständig für die Anlage der Kapitalien, den Einzug der Kapitalzinsen und die Anfertigung der Kirchenrechnung, wobei Letzteres gemäss der bischöflichen Ordinariatsverordnung von 1866 gemeinsam mit dem Pfarrer zu geschehen hatte. Die Revision oblag der Regierung. Die Rechtslage änderte sich seither nicht. In der Praxis wurde die Revision ab 1970 den Gemeinden überlassen und die Kirchenrechnung in jüngerer Zeit allein vom Pfarrer geführt. Das Amt des Kirchenpflegers wurde nicht mehr vergeben.
Quellen
- Liechtensteinisches Urkundenbuch, Teil I: Von den Anfängen bis zum Tod Bischof Hartmanns von Werdenberg-Sargans-Vaduz 1416, Bd. 6: Aus den Archiven der Schweiz, Nachträge zu Bd. 1–5, bearb. von Otto P. Clavadetscher, Vaduz 1996 (LUB I/6).
- Liechtensteinisches Urkundenbuch, Teil II: Die Herrschaftszeit der Freiherren von Brandis, 1416–1510, bearb. von Claudius Gurt (LUB II digital).
Literatur
- Alois Ospelt: Pfarrei – Gemeinde – Pfarrgemeinde: Vermögensverhältnisse, Kirchengutsverwaltung und Kirchenrechnungsführung am Beispiel von Vaduz, in: Staat und Kirche: Grundsätzliche und aktuelle Probleme, hg. von Herbert Wille und Georges Baur, Vaduz 1999 (= Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 26), S. 114–150.
- Franz Klein-Bruckschwaiger: Kirchpfleger, in: Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 2 (1978), Sp. 833f.
- Herbert Wille: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein, Freiburg 1972 (=Freiburger Veröffentlichungen aus dem Gebiete von Kirche und Staat, Bd. 15), bes. S. 182, 203–209.
Von der Redaktion nachträglich ergänzt
- Stephan Haering: Kirchpfleger, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Bd. 2 (2009), Sp. 1837.
Zitierweise
<<Autor>>, «Kirchenpfleger (Kirchenmaier, Heiligenpfleger)», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 8.2.2025.