
Klassenlotterie
Autor: Rupert Quaderer | Stand: 31.12.2011
Klassenlotterie ist eine Form der Lotterie, bei welcher mehrere nach Zahl und Zeit bestimmte Ziehungen (Klassen) stattfinden. Am 1.9.1925 gewährte die liechtensteinische Regierung – trotz Bedenken wegen des Lotterieverbots in der Schweiz – der «Vertriebs-Union Triesenberg» und der Bank Sautier in Luzern eine Konzession für eine «Klassenlotterie in Liechtenstein». Ihr juristischer Vertreter war Landtagspräsident Wilhelm Beck. Die Betreiber versprachen hohe Einkommen für den Staat und neue Arbeitsplätze. Am 16.11.1925 nahm die Klassenlotterie den Betrieb mit 210 Beschäftigten in Eschen, Balzers, Triesen und Vaduz auf. Generalbevollmächtigter der Vertriebs-Union war Anton Walser. Die erste Ziehung fand am 19.12.1925 statt.
Die Klassenlotterie stand von Beginn an verschiedenen technischen, finanziellen und juristischen Schwierigkeiten gegenüber. Widerstand kam v.a. aus der Schweiz. Kurz nach der zweiten Ziehung vom 25.1.1926 leitete die Regierung gegen die Betreiber ein Gerichtsverfahren wegen Vertragsverletzung ein. Verschiedene Eingaben aus der Bevölkerung verlangten eine Fortführung der Klassenlotterie. Die Regierung erteilte am 11.2.1926 eine neue Konzession an die Firma John von Glahn & Co., New York. Nach fünf weiteren Ziehungen von Februar bis Oktober 1926 stellte die Betreiberin unüberwindliche Schwierigkeiten fest. Die Ziehung vom 17.11.1926 konnte nicht mehr durchgeführt werden. Als Konsequenz entzog die Regierung am 17.11.1926 den Betreibern die Konzession. Bereits im Mai 1926 hatte John von Glahn die Leitung der Geschäfte an die Centrofag AG übergeben. Anton Walser, der bei der Centrofag angestellt war, stellte dieser den Abschluss einer Konzession für die Klassenlotterie in Rumänien in Aussicht (→ Sparkassaskandal).
Im Vorfeld der Landtagswahlen von 1926 gab es wegen der Klassenlotterie heftige Auseinandersetzungen im Landtag und in der Öffentlichkeit. Die Opposition warf der Regierung Verfassungsbruch und Korruption vor, was zu mehreren Gerichtsverfahren führte. Die Klassenlotterie stellte einen gescheiterten Versuch dar, die Finanzprobleme des Staats und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen; gleichzeitig sahen in- und ausländische Privatpersonen eine Möglichkeit, rasch zu viel Geld zu kommen.
Literatur
- Rupert Quaderer-Vogt: Bewegte Zeiten in Liechtenstein 1914 bis 1926, 3 Bände, Vaduz/Zürich 2014, bes. Bd. 3, S. 240–261.
- Peter Geiger: Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren 1928–1939, Bd. 1, Vaduz/Zürich 22000, S. 78, 92f.
- Norbert Korfmacher: Der Landtag des Fürstentums Liechtenstein 1922–1945, Münster 1999, S. 89–91.
Zitierweise
<<Autor>>, «Klassenlotterie», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 16.2.2025.