Knabenschaften

Autor: Donat Büchel | Stand: 31.12.2011

In praktisch ganz Europa verbreitete Vorläufer von Jugendorganisationen, die eine wichtige Rolle im Dorfleben spielten und sich aus den genossenschaftlichen Strukturen des Mittelalters entwickelten. Die Knabenschaften – in Liechtenstein auch als «Nachtbuben» bezeichnet – umfassten die unverheirateten Männer ab 15, 16 Jahren. Sie regelten das gesellige Leben der Burschen sowie das Miteinander mit den ledigen Mädchen, betätigten sich als Sittenpolizei und organisierten Dorffeste.

Ehebrecher wurden nachts «ausgeschällt» und mit Spottgesängen und Beschimpfungen bedacht. Burschen aus anderen Gemeinden, die ein einheimisches Mädchen heiraten wollten, mussten den Knabenschaften einen Geldbetrag entrichten, sonst wurden sie vertrieben (Spiessrutenlaufen). Mädchen mit schlechtem Ruf setzten die Knabenschaften Strohpuppen auf einen Baum vor ihrem Haus. Um Mitglied zu werden, musste man sich mit einem Umtrunk einkaufen. Die Knabenschaften trafen auch Vereinbarungen in Bezug auf den Militärdienst, so wurden durch gemeinsame Zahlungen sogenannte Einstandsmänner finanziert.

Die Obrigkeit versuchte wiederholt die Aktivitäten der Knabenschaften, welche sie für sittenschädigend hielt, zu verbieten, so etwa in der Polizeiordnung von 1732. 1805 wurden die Einkäufe in Knabenschaften gesetzlich verboten, ihre Bräuche hielten sich aber weiterhin, teilweise bis ins 20. Jahrhundert, so das Spiessrutenlaufen und das Anbringen von Strohpuppen.

Archive

  • Liechtensteinisches Landesarchiv, Vaduz (LI LA).

Literatur

Zitierweise

<<Autor>>, «Knabenschaften», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 6.2.2025.