
Kulturförderung
Autor: Thomas Büchel | Stand: 31.12.2011
Unter Kulturförderung wird die staatliche und private Unterstützung von Kulturschaffenden in den Bereichen Literatur, Theater, Musik, bildende Kunst (→ Kunstschaffen), Film usw. verstanden. Zu dem von der Kulturförderung unterstützten Bereich gehören auch die Pflege des kulturellen Erbes und die Geschichtsforschung. Ein weiteres Ziel der staatlichen Kulturförderung ist es, einem möglichst grossen Teil der Bevölkerung die Teilnahme am kulturellen Leben zu ermöglichen (Konzert- und Museumsbesuche etc.).
Ab dem Spätmittelalter sind in der Grafschaft Vaduz und der Herrschaft Schellenberg einzelne vorab der Frömmigkeit oder der Repräsentation dienende Auftragsvergaben an Künstler durch die Landesherren und weitere Stifter bekannt, besonders im Zusammenhang mit der (Kirchen-)Bautätigkeit und der Kirchenausstattung (z.B. Altäre, Fastentücher). Ein kulturell interessiertes und finanziell potentes Bürgertum, auf welches sich ein kulturelles Leben hätte stützen können, fehlte bis ins 20. Jahrhundert weitestgehend.
Die Fürsten von Liechtenstein betätigten sich traditionell als Mäzene in Wien und Mähren. Der hervorragende Kunst- und Kulturförderer Fürst Johann II. von Liechtenstein (1840–1929) wandte sich vermehrt auch Liechtenstein zu, u.a. durch die Restaurierung von Schloss Vaduz (1904–14), die Unterstützung des Neubaus mehrerer Kirchen und des Regierungsgebäudes (1903–05). Er förderte zudem ein erstes, fürstliches Landesmuseum in Vaduz und verschiedene nach dem Erlass der Verfassung von 1862 entstandene kulturell tätige Vereine.
Die Verfassung von 1862 kannte genauso wenig wie die heute geltende Verfassung von 1921 einen Kulturartikel, begünstigte aber durch die Gewährung von Grundrechten wie der Vereins- und Versammlungsfreiheit ein kulturelles Aufleben. Heute wird der Kulturauftrag aus Art. 14 LV 1921 abgeleitet, der den Staat auf die «Förderung der gesamten Volkswohlfahrt» verpflichtet.
Eine staatliche Kulturstelle fehlte bis 1964. Inoffiziell erfüllte jedoch teilweise der 1901 gegründete Historische Verein für das Fürstentum Liechtenstein entsprechende Funktionen. Er engagierte sich u.a. in der Archäologie, im Denkmalschutz und beim Aufbau des heutigen Liechtensteinischen Landesmuseums. Begünstigt durch den wirtschaftlichen Aufschwung, bemühten sich seit den 1950er Jahren private Initiativen, die Entwicklung der Kulturlandschaft voranzutreiben (z.B. Sicherung des Nachlasses des liechtensteinischen Künstlers Ferdinand Nigg). Auch als Reaktion darauf nahm das im Vergleich zu anderen Ländern junge staatliche Engagement seit den 1960er Jahren ausgeprägter Gestalt an.
1964 wurde ein Kultur- und Jugendbeirat als Kommission der Fürstlichen Regierung geschaffen, aus dem 1980 der Kulturbeirat entstand. Ebenfalls 1964 gründete der Staat zum Zweck der Förderung des Kulturlebens die Stiftung «Pro Liechtenstein». Das Kulturförderungsgesetz von 1990 regelte die Kulturpolitik und -förderung neu. Es sicherte die freie Ausübung künstlerischen und kulturellen Ausdrucks sowie die allgemeine Zugänglichkeit kultureller Errungenschaften und Einrichtungen und betonte neben der Pflege und Vermittlung von Werten der Vergangenheit v.a. die Förderung neuer, innovativer Formen kultureller Tätigkeiten und Organisationen. Das Kulturförderungsgesetz bildete die Grundlage für die Arbeit des Kulturbeirats, dessen Aufgabe in der Beratung der Regierung in Fragen der Kulturpolitik und der Kulturförderung sowie in der Verwaltung und Verwendung des Stiftungsvermögens der Stiftung «Pro Liechtenstein» bestand. Die 1999 geschaffene Stabsstelle für Kulturfragen unterstützt das Regierungsressort «Kultur» und fungierte bis 2008 als Geschäftsstelle des Kulturbeirats. Letzterer wurde 2008 durch die Totalrevision des Kulturförderungsgesetzes mit der Stiftung «Pro Liechtenstein» zur Kulturstiftung Liechtenstein verschmolzen.
Der Kulturbeirat kaufte seit seiner Errichtung Werke von liechtensteinischen Kunstschaffenden. Dadurch wurden einerseits die Künstlerinnen und Künstler unterstützt, andererseits konnte eine Sammlung aufgebaut werden, die einen Einblick in das bildnerische Schaffen der letzten 40 Jahre erlaubt. Die Förderung der sogenannten Kunst am Bau bei öffentlichen Bauten wurde 1967 geregelt. Ab den 1960er Jahren wurden eine ganze Reihe von kulturellen Institutionen gegründet und bestehende stärker unterstützt. So eröffnete 1961 die Liechtensteinische Landesbibliothek (→ Bibliotheken) ihre Pforten und das Landesarchiv (→ Archive) wurde als eigenes Amt geschaffen. 1963 folgte die Liechtensteinische Musikschule und 1968 die Staatliche Kunstsammlung (seit 2000 Kunstmuseum Liechtenstein). Das Liechtensteinische Landesmuseum ging 1972 vom privaten Historischen Verein in staatliche Hände über. Die Kunstschule Liechtenstein besteht seit 1993. Im Engländerbau sind seit 1957 das Postmuseum und seit 2002 ein Kunstraum für das aktuelle Kunstschaffen beheimatet. Zu den bedeutenden kulturellen Einrichtungen Liechtensteins zählt das 1972 gegründete Theater am Kirchplatz, welches privatrechtlich organisiert ist, aber jährliche Finanzbeiträge des Staats und der Gemeinde Schaan erhält.
Liechtensteinische Kultur wird im Vergleich zum Ausland stark gefördert. Sie ist nicht nur lokale und regionale, sondern auch nationale Kultur. 2005 beliefen sich die staatlichen Ausgaben für Kultur auf 24,9 Mio. Fr., was die laufende Rechnung, und 3,5 Mio. Fr., was die Investitionsrechnung betrifft. Die staatlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Kultur im Jahr 2005 betrugen somit 813 Fr.
Die staatliche Kulturförderung erfolgt bei vielen Projekten im Zusammenwirken mit den Gemeinden und deren Kulturkommissionen. Die Schwerpunkte der kommunalen Kulturförderung liegen in Investitionen für den Ortsbildschutz, der Pflege des Brauchtums sowie der finanziellen Unterstützung der örtlichen Kulturvereine. Verschiedene Gemeinden unterhalten zudem teils als Kultur- und Begegnungszentren ausgestaltete (Orts-)Museen und Bibliotheken. Einen wachsenden Beitrag zur Kunst- und Kulturförderung leistet das Mäzenatentum und Kultursponsoring von gemeinnützigen Stiftungen, Banken, Industrieunternehmen, Gewerbebetrieben und Privatpersonen, die Veranstaltungen und Projekte finanziell unterstützen oder Kunstwerke erwerben. Private Sammlungen mit z.T. internationalem Niveau werden in Ausstellungen und Publikationen der interessierten Öffentlichkeit präsentiert (→ Kunstsammlungen). Wenngleich bislang keine konkreten Angaben über die Höhe der privaten Beiträge vorliegen, so zeigt die Erfahrung, dass als Ergänzung zur öffentlichen Förderung erhebliche Mittel fliessen.
Quellen
- Kulturbeirat der fürstlichen Regierung Vaduz, Jahresbericht 2003–.
- Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentum Liechtenstein betreffend Zielsetzungen und Prioritäten der liechtensteinischen Kulturpolitik (Kulturbericht 2000), Vaduz 2000.
- Rechenschafts-Bericht der fürstlichen Regierung an den hohen Landtag, Vaduz 1922– (diverse Titelvarianten, seit 1999: Landtag, Regierung und Gerichte. Bericht des Landtages, Rechenschaftsbericht der Regierung an den Hohen Landtag, Berichte der Gerichte, Landesrechnung).
Literatur
- Tom Büchel: Kultureller Reichtum, in: Das Fürstentum Liechtenstein 1806–2006, hg. vom Organisationskomitee 200 Jahre Souveränität, Redaktion: Arthur Brunhart, Werner Ospelt, Vaduz 2006, S. 80–85.
- Kulturgemeinschaft Liechtenstein, hg. von der Regierung des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz 2000.
- Manfried Gantner, Johann Eibl: Öffentliche Aufgabenerfüllung im Kleinstaat. Das Beispiel Fürstentum Liechtenstein, Vaduz 1999 (= Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 28), S. 128–130.
- Ralph Kellenberger: Kultur und Identität im kleinen Staat: das Beispiel Liechtenstein, Bonn 1996.
Zitierweise
<<Autor>>, «Kulturförderung», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 9.2.2025.