
Land
Autor: Heinz Dopsch | Stand: 31.12.2011
Als Länder galten schon im Frühmittelalter die Stammesherzogtümer Sachsen, Bayern, Franken und Schwaben. Im Statut Kaiser Friedrichs II. zugunsten der weltlichen Reichsfürsten (1231/32) erscheinen anstelle von Herzogtümern und Marken fast durchweg die Länder (lateinisch terrae) als Inbegriff fürstlicher Herrschaftsbildung; dazu kommen Bezeichnungen wie Landrecht (consuetudo terrae), Landesherr (dominus terrae) und Landstände (meliores et maiores terrae). Das mittelalterliche Land war kein fest umgrenztes Herrschaftsgebiet, sondern ein adeliger Personenverband unter der Führung des Landesfürsten, der nach einem gemeinsamen (Land-)Recht lebte. Kennzeichen war neben der Bezeichnung als Land das von den Landständen getragene Landesbewusstsein, das in Landessymbolen auf Siegeln, Wappen und Fahnen Ausdruck fand.
Das Erlöschen der Herzogsgewalt in Schwaben 1268 eröffnete auch gräflichen Geschlechtern die Chance der Landesbildung. Den Grafen von Montfort gelang zwar die Schaffung eines umfangreichen Herrschaftsgebiets im Bereich Bodensee-Vorarlberg-Liechtenstein-Ostschweiz, aus dem aber kein Land hervorging. Durch die Besitzteilungen der Grafen von Montfort und von Werdenberg entstanden neue Herrschaften und «unvollendete Landesbildungen» wie das Sarganserland. Obwohl sich die Grafschaft Vaduz, die Herrschaft Schellenberg (Eschnerberg) und die Herrschaft Blumenegg (Walgau) unter den Grafen von Werdenberg-Sargans-Vaduz, den Freiherren von Brandis und den Grafen von Sulz in einer Hand befanden und in ihnen der gleiche Landsbrauch galt, entstand daraus kein Land. Die Belehnung durch König Wenzel 1396 und die damit verbundene Reichsunmittelbarkeit, die Verleihung des Blutbanns durch König Sigmund 1430 (→ Brandisische Freiheiten) und des Bergregals 1492 stärkten zwar die Position der Herren; auch die zeitgenössischen Quellen sprechen von «Landen und Leuten» und bezeichnen die Freiherren von Brandis und die Grafen von Sulz als «Landesherren» (→ Landesherrschaft). Das Wort Land wurde jedoch vermieden, es gab keinen gemeinsamen Namen und keinen Ansatz zur Bildung von Landständen. Die Herrschaften blieben getrennt und wurden separat veräussert: Blumenegg 1613, Schellenberg 1699 und Vaduz 1712. Erst die Schaffung des Fürstentums Liechtenstein 1719 führte zur Entstehung eines Gemeinschaftsbewusstseins und zur Bildung des Landes Liechtenstein, in dem die Grafschaft Vaduz und die Herrschaft Schellenberg nur mehr als «Oberland» und «Unterland» fortlebten.
Literatur
- Dieter Stievermann: Geschichte der Herrschaften Vaduz und Schellenberg zwischen Mittelalter und Neuzeit, in: Liechtenstein – Fürstliches Haus und staatliche Ordnung. Geschichtliche Grundlagen und moderne Perspektiven, hg. von Volker Press und Dietmar Willoweit, Vaduz/München/Wien 1987, 21988, S. 87–128.
Von der Redaktion nachträglich ergänzt
- Heinz Dopsch: Zur Entstehung des Landes und der Landesherrschaft im Gebiet des Fürstentums Liechtenstein, in: Herrschaft und Repräsentation. Dynastien, Prestige und Macht in Liechtenstein, 1400–1900, hg. von Arthur Brunhart, Zürich 2021, S. 55–81.
- Heinz Dopsch: Kleinstaat und Kaiserreich – Das „staatsrechtliche Verhältnis“ des Fürstentums Liechtenstein zum Römisch-Deutschen Reich und zur Habsburgermonarchie, in: Von Stadtstaaten und Imperien. Kleinterritorien und Großreiche im historischen Vergleich, Tagungsbericht des 24. Österreichischen Historikertags, Innsbruck, 20.–23. September 2005, Innsbruck 2006, S. 154–169, bes. S. 159f.
Zitierweise
<<Autor>>, «Land», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 14.2.2025.