
Landammann
Autor: Karl Heinz Burmeister | Stand: 31.12.2011
Der Begriff Amtmann oder Ammann (lateinisch minister) bezeichnete im süddeutsch-schweizerischen Raum im Mittelalter den Inhaber eines herrschaftlichen Amts. Solche Ammänner sind in Vaduz ab 1314 belegt. Vom Entstehen der Landammannverfassung in der Grafschaft Vaduz und der Herrschaft Schellenberg im 15. Jahrhundert bis zu deren Abschaffung 1808 war der Ammann oder Landammann Vorsitzender der Gerichtsgemeinde beziehungsweise des landschaftlichen Gerichts. Er wurde von den Untertanen aus einem Dreiervorschlag der Herrschaft gewählt (→ Wahlsysteme) und repräsentierte die Landschaften und deren Mitbestimmungsrechte. Der Landammann führte ein Siegel, da er das Recht hatte, öffentliche Urkunden zu siegeln, und gab in der Landschaftsrechnung Rechenschaft.
Viele Landammänner waren vor oder nach dem Amtsantritt mit anderen kommunalen Ämtern betraut, auf der Ebene der Dorfgemeinde (→ Gemeinde, → Nachbarschaft) etwa als Geschworene, Waldvögte, Kirchenpfleger und so weiter, auf der Ebene der Landschaft als Mitglieder des Gerichts (Richter, Gerichtsgeschworene), sodass sie oft über längere Gerichtserfahrung verfügten, oder als Landshauptmänner (→ Militär). Sie wirkten zudem bei der Erstellung von Urbaren und – wie auch die ehemaligen Amtsinhaber (Altlandammänner) – vielfach in Schiedsgerichten mit. Nach ihrer zweijährigen Amtszeit wurden sie häufig wiedergewählt oder übernahmen nach einem Unterbruch das Amt erneut, sodass manche Personen diese Funktion insgesamt 10, 12 oder gar 20 Jahre innehatten.
Die Landammänner stammten ab dem 15. Jahrhundert aus der eingesessenen bäuerlichen Oberschicht. Häufig waren sie verwandt oder verschwägert. Sie waren Söhne oder Enkel von Landammännern oder Richtern und oft mit Töchtern oder Witwen von Landammännern verheiratet. Einige gehörten zu den reichsten Familien, hatten Lehensgüter oder Weinberge der Landesherrschaft inne. Viele waren Wirte, stammten von Wirten ab oder heirateten Wirtstöchter, was wegen der Bedeutung des Wirtshauses als Kommunikationszentrum ihre Stellung stärkte. Einige waren Zoller, Hausmeister (→ Transportwesen) oder Inhaber herrschaftlicher Mühlen und Sägen, vereinzelt auch der Fischrechte. Die Vorrangstellung ihrer Familien zeigt sich auch darin, dass ihre Brüder oder Kinder häufig ebenfalls kommunale Ämter innehatten oder Akademiker, vor allem Priester, waren. Landammänner traten mit Stiftungen von Altären, Votivtafeln, Jahrzeiten oder Messen hervor und waren als Taufpaten begehrt.
Literatur
- Joseph Ospelt: Landammänner-Verzeichnis und Landammänner-Siegel, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 40 (1940), S. 37–67.
Von der Redaktion nachträglich ergänzt
- Karl Heinz Burmeister, Jürgen Schindler: Nachahmung und Opposition – Persönlichkeiten aus der Grafschaft Vaduz 1712 und ihr Verhältnis zur Herrschaft, in: 1712–2012. Das Werden eines Landes, hg. von Rainer Vollkommer und Donat Büchel, Vaduz 2012, S. 39–47.
Zitierweise
<<Autor>>, «Landammann», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 10.2.2025.
Medien
Datei:Landammänner.pdf
Urkundlich belegte Amtsjahre der Landammänner (z.B. durch Gerichtsvorsitz, Siegelung). Literaturbelege oder urkundliche Belege des Landammanntitels ohne Funktion sind mit einem Asterisk gekennzeichnet. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts taucht die Bezeichnung Landammann auch als Ehrentitel für ehemalige Landammänner auf, was die Abgrenzung schwierig macht.