Landesausbau

Autor: Alois Niederstätter | Stand: 31.12.2011

Der Landesausbau, das heisst die Erschliessung von einzelnen Landesteilen und Höhenstufen, die Prozesse der Binnenkolonisation und die damit verbundenen Veränderungen der Siedlungsstruktur (→ Siedlungsgeschichte) wie der Natur- und Kulturlandschaft, sind für das Gebiet Liechtensteins bislang nicht hinreichend erforscht.

Den Ausgangspunkt für die mittelalterliche und frühneuzeitliche Entwicklung bildeten spätantike Siedlungen. Frühe Hinweise auf den Landesausbau bietet neben archäologischen Zeugnissen die Mitte des 9. Jahrhunderts einsetzende schriftliche Überlieferung. Allerdings können die urkundlichen Erwähnungen nicht als sichere Indikatoren für das Alter einer Ortschaft herangezogen werden: Bendern mit seiner frühmittelalterlichen Kirche scheint erst 1045 auf. Hingegen lassen pfarreiliche Abhängigkeiten, wie die von Vaduz von Schaan, unterschiedliche Ausbaustufen im Rahmen des hochmittelalterlichen, wohl in erster Linie vom regionalen und lokalen Adel zum Zweck der Herrschaftsverdichtung gesteuerten Landesausbaus erkennen. So entstand die Siedlung Schellenberg zur Versorgung der gleichnamigen Burgen. Während die Nutzung von Alpen als Element der alpinen Mehrstufenwirtschaft zumindest seit römischer Zeit wahrscheinlich ist, erfolgte die Anlage höher gelegener Dauersiedlungen wohl erst im späteren Mittelalter. Markantestes Beispiel ist Triesenberg, das an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert von Walsern erschlossen wurde. Auch Planken gilt als Walsersiedlung. Weitere Hinweise auf die Urbarmachung, besonders durch Rodung, geben Flurnamen (z.B. Rütti, vom mittelhochdeutschen riuten, was «roden» heisst) sowie bestimmte Typen von Abgaben von «Neubrüchen», wie der Novalzehnt (→ Zehnt), der den Ertrag von neu erschlossenen Grundstücken erfasste. Neugereutzinse beziehungsweise der Neugutschilling waren Bodenzinse, welche die Landesherrschaft von neu gerodetem Boden bezog. Sie rühren vornehmlich aus der frühen Neuzeit her. Ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert, vor allem im Verlauf des 19. Jahrhunderts, wurde die Entwässerung der versumpften Talebene in Angriff genommen. Auch die Verdichtung von Siedlungen, die sich seit dem Spätmittelalter nachweisen lässt, gehört in diesen Zusammenhang.

Literatur

  • Hans Stricker, Toni Banzer, Herbert Hilbe: Liechtensteiner Namenbuch, Teil I: Die Orts- und Flurnamen des Fürstentums Liechtenstein, Bd. 5, Vaduz 1999, S. 447f.
  • Alois Ospelt: Wirtschaftsgeschichte des Fürstentums Liechtenstein im 19. Jahrhundert. Von den napoleonischen Kriegen bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 72 (1972).
  • Stichwort "Landesausbau", in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 5, München und Zürich 1991, Sp. 1643–1653.
  • Stichwort "Landesausbau", in: Handbuch zur deutschen Rechtgeschichte, Bd. 2, Berlin 1978, Sp. 1365–1368.

Zitierweise

<<Autor>>, «Landesausbau», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 16.2.2025.