Liechtenstein, Georgine (Gina) von

Autor: Harald Wanger | Stand: 31.12.2011

Landesfürstin. *24.10.1921 Graz, †18.10.1989 Spital Grabs (SG), Österreicherin, ab 1943 von Vaduz, ab 1943 wohnhaft in Vaduz. Tochter des Grafen Ferdinand Wilczek und der Nora, geb. Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau.  7.3.1943 Franz Josef II., fünf Kinder: Hans-Adam, Philipp (*1946), Nikolaus, Nora (*1950) und Wenzel (1962–1991). Besuch der Sacré-Cœur-Schule in Wien sowie des Pensionats der Englischen Fräulein in Rom; Sprachstudien an der Universität Wien; Dolmetscherprüfung in Englisch, Französisch und Italienisch.

Die 1943 während der schwierigen Kriegszeit als Grossereignis veranstaltete Hochzeit Ginas mit Fürst Franz Josef II. in Vaduz wurde zur Manifestation des Selbständigkeitswillens der liechtensteinischen Bevölkerung und der Treue zur Monarchie. Erstmals fand eine Fürstenhochzeit in Liechtenstein selbst statt und nahm eine Fürstin Wohnsitz im Land.

Am Kriegsende 1945 trug Gina zur Linderung des Flüchtlingselends an der Landesgrenze bei Schaanwald bei, indem sie unter anderem beim Baden von Kindern und beim Suppenkochen half. Am 30.4.1945 wurde auf ihre Initiative das Liechtensteinische Rote Kreuz (LRK) gegründet. Unter der Leitung der Fürstin, die dem LRK 1945–85 als Präsidentin vorstand (1985 Ehrenpräsidentin), wurden zunächst direkte Hilfsaktionen für die leidende Bevölkerung, vor allem Kinder, in den kriegsgeschädigten Ländern durchgeführt, an denen sich Gina stets beteiligte. Später wurde der Tätigkeitsbereich auf das Inland ausgeweitet. 1946 erfolgte die Einrichtung einer Mütterberatung, 1948 die Gründung der Familienfürsorge des LRK. 1956 konnte Gina in Triesen das erste Kinderheim des LRK eröffnen und 1972 wurde der Rettungsdienst des LRK ins Leben gerufen. 1987 erhielt sie vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) die Henri-Dunant-Medaille verliehen.

Fürstin Gina unterstützte auch die ab 1956 in Liechtenstein entstandenen Vereine für Familienhilfe. 1966–77 war sie zudem die erste Präsidentin und 1977–89 Schirmherrin des Verbands der Liechtensteinischen Familienhilfen (Ehrenpräsidentin). 1989 wurde sie Ehrenpräsidentin des Internationalen Rats für Familien- und Hauspflegedienste (International Council of Homehelp-Service).

Ein Anliegen der Fürstin war der Aufbau einer Heilpädagogischen Tagesstätte (→ Heilpädagogisches Zentrum). Ihrem Träger, dem 1967 gegründeten Verein für heilpädagogische Hilfe, stand sie 1967–83 als Präsidentin vor (Ehrenpräsidentin). 1969 wurde in Schaan eine Schule für behinderte Kinder eröffnet und ab 1975 wurden Beschützende Werkstätten geschaffen. Gina war zudem die erste Präsidentin des Stiftungsrats der 1971 auf ihre Initiative entstandenen Liechtenstein Stiftung für das Alter (seit 1996 Stiftung Liechtensteinische Alters- und Krankenhilfe LAK) und stand der 1972 gegründete Martin-Tietz-Stiftung für Erziehungs- und Familienberatung vor. Auf Ginas Initiative hin und mit Unterstützung des Liechtensteiner Bauernverbands entstand 1966 der Verband Liechtensteiner Bäuerinnen; sie nahm an dessen Jahresversammlungen teil und wurde 1966 zur Ehrenpräsidentin ernannt. Sie war Schirmherrin der Pfadfinderinnen und besuchte häufig deren Anlässe. Gina führte jährlich die Frauenwallfahrt an und hielt im dabei stattfindenden Gottesdienst gelegentlich die Predigt. Sie setzte sich auch für politische Ziele ein, unter anderem für die Einführung des Frauenstimmrechts in Liechtenstein.

Fürstin Gina war aufgrund ihres sozialen Engagements, vor allem für Familien, Behinderte, Betagte und Flüchtlinge, sowie ihrer herzlichen und offenen Art in der Bevölkerung, die in ihr die fürsorgliche Landesmutter sah, sehr beliebt. Ein wesentlicher Charakterzug war ihre Naturverbundenheit. Wanderungen im Gebirge trugen ebenfalls viel zu ihrer Volkstümlichkeit bei. 1988 erhielt die Wanderstrecke Sareis–Augstenberg–Pfälzerhütte (Malbun) den Namen «Fürstin-Gina-Weg».

Literatur

  • Harald Wanger: Die Regierenden Fürsten von Liechtenstein, Triesen 1995, S. 174–181.
  • Norbert Jansen: 50 Jahre Liechtensteinisches Rotes Kreuz, 1995.
  • Walter Kranz: Kurzbiographie I.D. Fürstin Gina von und zu Liechtenstein, in: Fürstentum Liechtenstein – eine Dokumentation, 81982, S. 35–38.
  • Robert Allgäuer, Harald Wanger: Fürstin Gina von Liechtenstein, 1981 (Schallplatte mit Beiheft).

Von der Redaktion nachträglich ergänzt

  • Henning von Vogelsang: Fürstin Gina von Liechtenstein. Ein Herz für alle, in: 22 Menschen, die Liechtenstein bewegten, hg. von Frank P. van Eck und Mathias Ospelt, Triesen 2023, S. 170–179.

Nachrufe

Liechtensteiner Vaterland und Liechtensteiner Volksblatt, 19., 20., 21., 23., 24., 25. und 26.10.1989.

Normdaten

GND:112624642

Zitierweise

<<Autor>>, «Liechtenstein, Georgine (Gina) von», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 8.2.2025.

Medien

Fürstin Gina überreicht dem französischen Stadtkommandanten von Feldkirch ein Liebesgabenpaket für die Verwundeten, 1945. Links neben der Fürstin Regierungschef Josef Hoop (mit Brille) (Liechtensteinisches Landesarchiv).


ZUR VERTIEFUNG
Tod von Fürstin Gina und Fürst Franz Josef II., 1989

Fürst Franz Josef II. und Fürstin Gina von und zu Liechtenstein am 15. August 1988. (Wikimedia Commons, Foto: Tom Ordelman).