
Liechtenstein, Gundaker von
Autor: Heinz Dopsch | Stand: 31.12.2011
*30.1.1580 Eisgrub, †5.8.1658 Wilfersdorf, // Wilfersdorf, evangelisch, ab 1602 katholisch. Sohn des Hartmann II. und der Anna Gräfin von Ortenburg, acht Geschwister, unter anderem Karl I. und Maximilian I. ⚭ 1) 1604 Agnes Gräfin von Ostfriesland (†1616), 2) 1616 Elisabeth Lukretia Herzogin von Teschen (*1.6.1599, †19.5.1653). Aus der ersten Ehe sieben, aus der zweiten Ehe drei Kinder.
Gundaker, der ab 1599 als Kämmerer im Dienst des Erzherzog Matthias von Österreich stand, trat 1602 nach dem Beispiel seiner älteren Brüder Karl und Maximilian zum katholischen Glauben über. Im Familienvertrag von 1606 erhielt Gundaker die Güter Wilfersdorf, Mistelbach, Poysdorf und Ringelsdorf (alle im heutigen Niederösterreich). Er wurde 1605 Verordneter des Landes Österreich unter der Enns, Kaiser Rudolf II. ernannte ihn 1606 zum Hofkammerrat und verlieh ihm am 2.10.1608 den Titel «Hoch- und Wohlgeboren». Kaiser Matthias übertrug Gundaker, der ihm besonders eng verbunden war, 1613 fallweise die Direktion der Hofkammer und ernannte ihn zum niederösterreichischen Kammerrat. Obwohl er in zweiter Ehe mit einer Tochter Adam Wenzels, des letzten Herzogs von Teschen aus dem Haus der Piasten, verheiratet war, gelang es Gundaker 1618 nicht, die schlesischen Stände für Kaiser Matthias zu gewinnen. 1619 war er kaiserlicher Gesandter bei verschiedenen Kur- und Reichsfürsten und wohnte der Kaiserkrönung Ferdinands II. in Frankfurt bei. Im folgenden Jahr ernannte ihn der Kaiser zum Hofkammerpräsidenten und Wirklichen Geheimen Rat. Als Präsident der Exekutionskommission für das von Bayern besetzte Erzherzogtum Österreich ob der Enns übernahm Gundaker die Rekatholisierung des Landes und die Bestrafung der Aufständischen; die Stände unterwarfen sich 1624 in Linz. Nachdem er 1622 Ferdinand II. zum Reichstag nach Regensburg begleitet hatte, erhielt Gundaker am 12.9.1623 gemeinsam mit seinem älteren Bruder Maximilian den erblichen Reichsfürstenstand verliehen, 1624 das Prädikat «Oheim» und avancierte im selben Jahr zum Obersthofmeister des Kaisers. Trotzdem vermochte Gundaker das Erbe seiner beiden Gattinnen nicht zu realisieren. Um die Grafschaft Rietberg und um Teile Ostfrieslands als Erbe seiner ersten Gattin führten noch seine Nachfolger einen langen, vergeblichen Prozess vor dem Reichshofrat, die Belehnung mit dem Herzogtum Teschen verweigerte die kaiserliche Kammer. Dafür erwarb Gundaker ebenso wie sein ältester Bruder Karl reichen Besitz aus der Masse der konfiszierten «Rebellengüter»: 1622 die Herrschaften Mährisch-Kromau und Ungarisch-Ostra, die vom Kaiser am 22.12.1633 zum Fürstentum Liechtenstein erhoben wurden. Die Fürstenwürde und der Name wurden 1719 auf die im römisch-deutschen Reich gelegenen Herrschaften Vaduz und Schellenberg übertragen. Gundaker erhielt 1633 auch das grosse Palatinat, 1636/37 war er Mitglied und Direktor des Geheimen Rats und der provisorischen Regierung des Erzherzog Leopold Wilhelm, und 1637 wurde er Wirklicher Geheimer Rat Kaiser Ferdinands III. So wie unter Kaiser Ferdinand II. als Obersthofmeister bekleidete Gundaker ab 1645 auch unter Kaiser Ferdinand III. als Vorsitzender des Geheimen Rats das höchste und einflussreichste Amt am Hof. Kurz vor 1650 zog sich der alternde Fürst auf seine Herrschaften zurück. Nach dem Tod seines Bruders Maximilian (1643) hatte er die Herrschaften Rabensburg, Hohenau und Steinitz (Ždánice) geerbt. Als Vertrauter dreier Kaiser trug der gebildete und schreibfreudige «Höfling» Gundaker, der vor allem als Verwaltungsreformer geschätzt wurde, ebenso viel zur Blüte des Hauses Liechtenstein bei, wie seine älteren Brüder, der Staatsmann Karl und der Feldmarschall Maximilian. Die von ihm gegründete Gundaker’sche Linie des Hauses Liechtenstein übernahm nach dem Erlöschen der Karolinischen Hauptlinie 1712 die Herrschaft und stellt bis heute die regierenden Fürsten des Hauses Liechtenstein.
Literatur
- Thomas Winkelbauer: Fürst und Fürstendiener. Gundaker von Liechtenstein, ein österreichischer Aristokrat des konfessionellen Zeitalters, Wien 1999.
- Otto Seger: Gundacker von Liechtenstein und Albrecht von Wallenstein, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 80 (1980), S. 77–110.
- Oskar Freiherr von Mitis: Gundacker von Liechtensteins Anteil an der kaiserlichen Zentralverwaltung (1606–1654), 1908.
- Jacob von Falke: Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein, Bd. 2 (1877), S. 267–299.
- Gustav Wilhelm: Stammtafel des Fürstlichen Hauses von und zu Liechtenstein, o.J., Tafel 4.
Zitierweise
<<Autor>>, «Liechtenstein, Gundaker von», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 8.2.2025.
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