Liechtenstein, Karl von (1878–1955)

Autor: Harald Wanger | Stand: 31.12.2011

Landesverweser. *16.9.1878 Schloss Frauenthal (Steiermark), †20.6.1955 Schloss Frauenthal. Sohn des Alfred und der Henriette, geb. Prinzessin von Liechtenstein, Tochter des Alois II. Josef, elf Geschwister, unter anderem Franz, Alois, provisorischer Regierungschef Alfred und Professor Ildefons.  5.4.1921 Fürstin Elisabeth von Urach (*23.8.1894, †13.10.1962), vier Kinder.

Schottengymnasium und Studium der Rechtswissenschaften in Wien. Eintritt in den österreichischen Verwaltungsdienst, unter anderem Bezirkshauptmann in Mistelbach (NÖ). Im Ersten Weltkrieg kämpfte Karl als Rittmeister in der österreichischen Armee und wurde schwer verwundet.

Nach der Regierungskrise vom November/Dezember 1918 (→ Novemberputsch 1918) vermittelte der am 6.12.1918 in Vaduz eintreffende Karl zwischen den politischen Gegnern. Auf Wunsch des Landtags ernannte ihn Fürst Johann II. am 13.12.1918 zum Landesverweser. In Zusammenarbeit Karls mit den schweizerischen Behörden erfolgten ab 1919 Lebensmittellieferungen aus der Schweiz nach Liechtenstein. Diese entschärften die seit 1916 aufgrund eines Handelsboykotts der Entente herrschende Nahrungsmittelknappheit. In Karls Regierungszeit begann die aussenpolitische Umorientierung Liechtensteins von Österreich zur Schweiz. Im April 1919 ersuchte er bei Bundesrat Felix Calonder in Bern um Verhandlungen für eine wirtschaftliche und diplomatische Annäherung an die Schweiz. Im August 1919 kündigte der Landtag den Zollvertrag mit Österreich und im Oktober 1919 übernahm die Eidgenossenschaft auf Ansuchen Liechtensteins die diplomatische Vertretung der liechtensteinischen Interessen in Ländern, in denen das Fürstentum keine Auslandsvertretung besitzt. Ebenfalls 1919 errichtete Liechtenstein Gesandtschaften in Wien und Bern.

Die Innenpolitik prägten Streitigkeiten zwischen den 1918 entstandenen Parteien Volkspartei und Bürgerpartei sowie die Diskussion über die Schaffung einer neuen Verfassung. Ein von Karl im April 1920 vorgelegter Verfassungsentwurf, der sich eng an die monarchistische Staatsauffassung von 1862 anlehnte, spielte in den weiteren Verhandlungen keine Rolle. Obwohl auf Ausgleich bedacht, gelang es Karl nicht, die Gegensätze zwischen Volkspartei und Bürgerpartei zu überbrücken.

Der geplante Bau eines Landeskrankenhauses und die Gründung einer liechtensteinischen landwirtschaftlichen Schule mussten aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben, der Bau des Lawenawerks musste zurückgestellt werden. 1920 wurde ein Verteilernetz für die Stromversorgung des ganzen Landes gebaut. Zur Behebung des Kleingeldmangels gab Liechtenstein 1920 Notgeld heraus. Am 15.9.1920 übergab Karl sein Amt an Josef Peer. Karl unterzeichnete am 5.10.1921 im Auftrag und in Stellvertretung von Fürst Johann II. die neue Verfassung in Vaduz.

Literatur

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Zitierweise

<<Autor>>, «Liechtenstein, Karl von (1878–1955)», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 12.2.2025.

Normdaten

GND: 1067744886

Medien

Prinz Karl von Liechtenstein (Privatarchiv Rupert Quaderer, Schaan).