
Liechtensteiner Volksblatt
Autor: Wilfried Marxer | Stand: 8.1.2025
Das Liechtensteiner Volksblatt war zunächst eine Wochen- und später eine Tageszeitung, die zwischen dem 16.8.1878 und dem 4.3.2023 erschien. Sie war ab 1918 eng mit der Entstehung und Geschichte der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP) verbunden und galt bis zu ihrer Einstellung als deren Parteizeitung.
Seit 1863 waren in Liechtenstein bereits zwei Wochenzeitungen entstanden und wieder eingegangen: die «Liechtensteinische Landeszeitung» (1863–1868) und die «Liechtensteinische Wochenzeitung» (1873–1877). Unter der Leitung des Fürstlichen Hofkaplans Johann Franz Fetz wurde acht Monate nach der Einstellung der «Wochenzeitung» mit dem Liechtensteiner Volksblatt ein dritter Anlauf zur Etablierung einer liechtensteinischen Zeitung genommen. Im Gegensatz zu den Vorgängerprojekten war kein politischer Anspruch vorhanden; so sollte laut Editorial zur ersten Ausgabe die «Pressefreiheit» nicht zur «Pressefrechheit» ausarten. Weltanschaulich folgte die Zeitung aber einer katholisch-konservativen Linie. Das Liechtensteiner Volksblatt sollte ein Blatt «für das Volk» sein und informieren, wobei der Zeitungsname wohl von anderen katholisch orientierten Zeitungen im deutschsprachigen Raum inspiriert war. 1914 entstand mit den «Oberrheinischen Nachrichten» eine Konkurrenzzeitung. Im Jahr der Parteigründungen 1918 wurden die «Oberrheinischen Nachrichten» zum Sprachrohr der Christlich-sozialen Volkspartei und das Liechtensteiner Volksblatt zum Organ der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP). Nach der Entstehung des «Liechtensteiner Vaterland» als Parteizeitung der Vaterländischen Union (VU) 1936 war die liechtensteinische Presselandschaft in der zweiten Hälfte des 20. und im frühen 21. Jahrhundert von der Konkurrenz zwischen dem «schwarzen» Volksblatt und dem «roten» Vaterland geprägt.
Seit Anbeginn war das Liechtensteiner Volksblatt amtliches Publikationsorgan, was ihm lange Zeit bedeutende staatliche Mittel verschaffte. Wirtschaftliche Basis der Zeitung waren ausserdem der Inseratenverkauf und die Abonnementsgebühren. Seit dem Jahr 2000 kamen staatliche Beiträge auf der Grundlage des Medienförderungsgesetzes hinzu (2001: 240 000 Fr., 2010: 842 000 Fr., 2022: 615 000 Fr.).
Das Liechtensteiner Volksblatt erschien bis zum 27.12.1918 wöchentlich, ab dem 4.1.1919 zweimal, ab dem 19.7.1927 dreimal, ab dem 3.1.1962 viermal, ab dem 1.1.1978 fünfmal, ab dem 7.1.1985 sechsmal und ab dem 5.2.2018 mit Einstellung der Dienstagsausgabe wieder fünfmal pro Woche. Es wurde bis 1923 bei J. Kuhn in Buchs gedruckt, anschliessend bei der Buchdruckerei Dr. Emil Buomberger beziehungsweise ab 1925 bei der Buchdruckerei Au im Schweizer Rheintal, 1961–1987 bei der Gutenberg AG in Schaan und 1987–1997 bei der Zeitungsdruck AG (ZDA) in Schaan, ab Oktober 1997 im Druckzentrum der «Südostschweiz» in Glarus und 2004–2023 im Vorarlberger Medienhaus-Druckzentrum in Schwarzach, dem Druckzentrum der «Vorarlberger Nachrichten».
Das Liechtensteiner Volksblatt wurde ab 1918 vom «Presseverein der FBP», 1932–2006 vom «Verlag Liechtensteiner Volksblatt» und 2006–2023 von der Liechtensteiner Volksblatt AG herausgegeben. Es war lange Zeit die auflagenstärkste Zeitung in Liechtenstein, ehe es in den 1970er Jahren vom «Liechtensteiner Vaterland» überholt wurde (Auflage 1975: rund 6 100 Exemplare). Die Reichweite des Liechtensteiner Volksblatts in Liechtenstein betrug im Jahr 2000 (Auflage: rund 7 500 Exemplare) aber immer noch fast 70 %. Nach dem Höhepunkt mit rund 9 000 Exemplaren im Jahr 2005 sank die Auflagenzahl jedoch kontinuierlich. 2018 gaben in einer Umfrage noch 41 % der Befragten in Liechtenstein an, das Volksblatt immer oder oft zu lesen. Die Printauflage betrug 2022 kurz vor Einstellung der Zeitung noch rund 4 000 Exemplare. Bereits ab 1996 war das Liechtensteiner Volksblatt im Internet präsent, zunächst mit der Plattform Liechtenstein Online (lol.li), ab 2000 unter dem eigenen Namen (volksblatt.li). Ab 2003, verstärkt ab 2007 informierte es online mittels selbst produzierter Videoclips («WebTV»), 2013 wurde kurzzeitig ein eigener Fernsehsender lanciert. 2018–2021 gab das Liechtensteiner Volksblatt die Wochenzeitung «fritig» heraus.
Als einzige Landeszeitung bis 1914 und als Parteizeitung der FBP ab 1918 prägte das Volksblatt die politische Geschichte Liechtensteins massgeblich mit. Sinkende Einnahmen aus Werbung und Kundmachungen, abnehmende Abonnementzahlen sowie der Druck durch die Digitalisierung führten 2023 zur Einstellung der Zeitung.
Quellen
- Liechtensteiner Volksblatt, 1878–2023.
Literatur
- Wilfried Marxer: Medien und öffentliche Kommunikation, in: Das politische System Liechtensteins. Handbuch für Wissenschaft und Praxis, hg. von Wilfried Marxer, Thomas Milic und Philippe Rochat, Baden-Baden 2024 (= Schriftenreihe des Liechtenstein-Instituts, Bd. 1), S. 575–600.
- Liechtensteiner Volksblatt, 4.3.2023 (letzte Ausgabe).
- Rupert Quaderer-Vogt: Bewegte Zeiten in Liechtenstein. 1914 bis 1926, 3 Bde., Vaduz/Zürich 2014.
- Peter Geiger: Kriegszeit. Liechtenstein 1939 bis 1945, 2 Bde., Vaduz/Zürich 2010, bes. Bd. 1, S. 102–105, 431–436.
- Wilfried Marxer: Medien in Liechtenstein. Strukturanalyse der Medienlandschaft in einem Kleinstaat, Schaan 2004 (= Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 37), S. 23–25, 90–100.
- 125 Jahre Volksblatt, in: Liechtensteiner Volksblatt, Beilage, 18.6.2003.
- Peter Geiger: Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren 1928–1939, 2 Bde., Vaduz/Zürich 1997, 22000, bes. Bd. 2, S. 60–66.
Medien
Verantwortliche Redaktorinnen und Redaktoren, 1878–2023
1878–1884 | Johann Fetz |
1884–1897 | Theodor Rheinberger |
1898–1917 | Meinrad Ospelt |
1918–1921 | Eugen Nipp |
1922 | Alphons Kranz |
1922–1925 | Bernhard Risch |
1925–1926 | Anton Sele |
1926–1927 | Bernhard Risch |
1927–1928 | Ludwig Marxer |
1928–1939 | Alphons Kranz |
1939–1945 | Bernhard Risch |
1945–1956 | Walter Ospelt |
1956–1963 | Edwin Nutt |
1963–1965 | Edwin Nutt und Walter Bruno Wohlwend |
1965–1984 | Walter-Bruno Wohlwend |
1984–1999 | Günther Meier |
1999 | Redaktionskommission (Manfred Oehri, Alexander Batliner, Siegfried Elkuch) |
1999–2001 | Alexander Batliner |
2001–2006 | Martin Frommelt |
2006–2009 | Tino Quaderer |
2009–2013 | Heinz Zöchbauer |
2013–2015 | Michael Benvenuti und Lucas Ebner |
2015–2018 | Lucas Ebner und Doris Quaderer |
2018–2023 | Lucas Ebner, Daniela Fritz, Hannes Matt |
Quelle: Impressum Liechtensteiner Volksblatt
Zitierweise
<<Autor>>, «Liechtensteiner Volksblatt», Stand: 8.1.2025, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 7.2.2025.