
Mähren (Markgrafschaft, tschechisch Morava)
Autor: Heinz Dopsch | Stand: 31.12.2011
Der Name Mähren ist vom Fluss March (Morava) abgeleitet. Im 6. Jahrhundert slawisch besiedelt, erlangte Mähren im 9. Jahrhundert eine bedeutende Machtposition (Wirken der byzantinischen Missionare Konstantin und Method ab 863), geriet aber ab etwa 905 unter die Herrschaft der Ungarn. Die irreführende Bezeichnung «Grossmährisches Reich» beruht auf einem Übersetzungsfehler. Seit 1019 mit Böhmen vereinigt, erhielt Mähren 1063 ein eigenes Bistum in Olmütz und wurde 1182 reichsunmittelbare Markgrafschaft, blieb lehenrechtlich aber an Böhmen gebunden. Der König von Böhmen war seit Přemysl Otakar II. (1253–1278) auch Markgraf von Mähren.
Das in Süd-Mähren gelegene Nikolsburg bildete 1249– 1560 das Zentrum der Besitzungen des Hauses Liechtenstein. Dieses erwarb in Mähren eine grosse Zahl weiterer Herrschaften, darunter Eisgrub und Butschowitz. Die beiden etwa 65 km voneinander entfernten Herrschaften Mährisch Kromau und Ungarisch Ostra wurden für Fürst Gundakar I. 1633 zum Fürstentum Liechtenstein erhoben, das bis 1646 bestand; 1719 griff man darauf zurück und übertrug Namen und Fürstenwürde auf das heutige Fürstentum Liechtenstein. Mit Böhmen fiel Mähren 1526 an die Habsburger, es wurde aber erst 1849 ein eigenes Kronland. Als Hauptstadt wurde Olmütz 1641 von Brünn (Brno) abgelöst. Der «mährische Ausgleich» brachte Mähren 1905 eine verbesserte Rechtsstellung (Selbstverwaltung, Deutsch und Tschechisch als Landessprachen bei Behörden und Schulen). 1918 wurde Mähren Teil der Tschechoslowakei.
Literatur
- Deutsche Geschichte im Osten Europas, Böhmen und Mähren, Hg. Friedrich Prinz, Berlin 1993.
- Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, Hg. Karl Bosl, 4 Bände, Stuttgart 1967–74.
- Berthold Bretholz: Geschichte Böhmens und Mährens, 4 Bände, 1921–24.
- Berthold Bretholz: Geschichte Mährens, 2 Bände, 1893–95.
- Beda Dudik: Mährens allgemeine Geschichte, 12 Bände, 1860–86.
Zitierweise
<<Autor>>, «Mähren (Markgrafschaft, tschechisch Morava)», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 7.2.2025.
Medien
Fürstlich-liechtensteinischer Besitz in Mähren
Name der Besitzung | Erwerb |
---|---|
Nikolsburg (Mikulov) | 1249 |
Eisgrub (Lednice) | um 1370 |
Mährisch-Aussee (Úsov) | 1597 |
Butschowitz (Bučovice) | 1597 |
Nowihrad (Nový Hrad) | 1597 |
Cernahora (Černá Hora) | 1597 |
Plumenau (Plumlov) | 1602 |
Posoritz (Posořice) | 1604 |
Hohenstadt (Zábřeh) | 1622 |
Goldenstein (Kolštejn, ab 1955 Branná) | 1622 |
Eisenberg (Ruda) | 1622 |
Ungarisch Ostra (Uherský Ostroh) | 1622 |
Mährisch Kromau (Moravský Krumlov, 1634-46 Liechtenstein) | 1622 |
Mährisch Trübau (Moravská Trěbová) | 1622 |
Mährisch-Schönberg (Šumperk) | 1622 |
Steinitz (Ždánice) | 1626 |
Lundenburg (Břeclav) | 1638 |
Göding (Hodonín) | 1692 |
Sternberg (Šternberk) | 1695 |
Karlsberg (Karlovec) | 1699 |
Nikolsburg wurde 1560 an Ladislav Kerecsin verkauft. Alle übrigen Besitzungen wurden durch die Tschechoslowakei teils nach dem Ersten Weltkrieg, teils aufgrund der Beneš-Dekrete nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet.