
Magie
Autor: Patrick Sele | Stand: 31.12.2011
Magie umfasst Handlungen, von deren korrektem Vollzug die sie ausübenden Personen eine übernatürliche Wirkung erwarten. Ziel ist die Einflussnahme auf die Umwelt oder die Erkundung derselben. Magie basiert auf der Überzeugung, dass Gegenständen oder Personen übernatürliche Kräfte innewohnen. Wird sie in schädigender Absicht praktiziert, spricht man von schwarzer Magie, wird sie in guter Absicht praktiziert, von weisser Magie; es gibt allerdings mannigfache Überschneidungen. Beide Formen wurden seit der Antike von christlichen Theologen und Kirchenführern verurteilt und deren Praktizieren wurde ab dem Spätmittelalter strafrechtlich verfolgt. Da die Magie jedoch schwer nachzuweisen war und zudem die weisse Magie von breiten Bevölkerungskreisen als hilfreich empfunden wurde, gestaltete sich die Verfolgung und Bestrafung der Magie zumeist als wenig erfolgreich. In katholischen Gebieten kam die Schwierigkeit dazu, dass der Unterschied zwischen unerlaubter weisser Magie und kirchlichen Praktiken wie zum Beispiel der Weihung von Gegenständen zum Schutz vor Unglück der Bevölkerung nur schwer zu vermitteln und selbst weiten Kreisen des Klerus unklar war.
Objekte mit magischer Funktion aus Liechtenstein sind bereits für die prähistorische Zeit nachweisbar. So hatten eine Bronzestatuette in der Gestalt eines Hirsches aus der jüngeren Eisenzeit (450–15 v.Chr.) sowie alamannische Bronzekapseln und Zierscheiben aus dem 7. Jahrhundert n.Chr. den Zweck, Unglück abzuwehren. Ab dem 16. Jahrhundert finden sich rechtliche Bestimmungen zur Magie: eine Erbschafts- und Testamentsverordnung des Grafen Karl Ludwig von Sulz (1560–1616) führt die Ausübung von «Zauberey und Hexenwerkh» (schwarze Magie) als Grund für Enterbung an. In der Carolina von 1532 wird Schadenzauber, im liechtensteinischen Landsbrauch auch die weisse Magie, namentlich das «Wahrsagen» (Mitteilung verborgener und zukünftiger Dinge) sowie das «Sprechen» oder «Seegnen» (Krankenheilung mittels Zaubersprüchen), unter Strafe gestellt. Dessen ungeachtet lässt sich auch in Liechtenstein für die frühe Neuzeit das Wirken von magischen Spezialisten nachweisen. Mindestens bis ins 19. Jahrhundert verbreitet war der Glaube an die Existenz von Hexen, denen schädigende magische Kräfte zugeschrieben wurden. Aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert sind Fälle aktenkundig, bei welchen mittels Magie versucht wurde, einen Geist dazu zu zwingen, den Ort eines Schatzes zu offenbaren (magische Schatzgräberei). Mit der Aufhebung der Carolina und des Landsbrauchs im frühen 19. Jahrhundert wurde die Magie entkriminalisiert. Die Ausübung von Magie, der Gebrauch von Gegenständen mit magischer Funktion (z.B. Zettel mit darauf gezeichneten Symbolen zur Abwehr von Unglück) und die Inanspruchnahme von Spezialisten für weisse Magie kommen bis heute vor.
Archive
- Liechtensteinisches Landesarchiv, Vaduz (LI LA).
Quellen
- Karin Schamberger-Rogl: „Landts Brauch oder Erbrecht“ in der „Vaduzischen Grafschaft üblichen“. Ein Dokument aus dem Jahr 1667 als Grundlage für landschaftliche Rechtsprechung, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 101 (2002), S. 104.
- Die Landesbeschreibung des Landvogts Josef Schuppler aus dem Jahre 1815, Textedition mit Einleitung, hg. von Alois Ospelt, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 75 (1975), S. 244.
Literatur
- Manfred Tschaikner: Schatzgräberei in Vorarlberg und Liechtenstein, 2006.
- Manfred Tschaikner: «Der Teufel und die Hexen müssen aus dem Land ...». Frühzeitliche Hexenverfolgungen in Liechtenstein, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 96 (1998), S. 1-198.
- Emanuel Vogt: Mier z Balzers. Wie es früher bei uns war, Bd. 3: Lebensart, Vaduz 1998, S. 418. 228–230, 274–288.
- Eva Labouvie: Verbotene Künste, 1992.
- Rudolf Degen: Liechtenstein zwischen Spätantike und Mittelalter, in: Archäologie im Fürstentum Liechtenstein, Basel 1978, (=Helvetia archaeologica 9, H. 34/36), S. 202–222, bes. S. 218–221.
- René Wyss: Fruchtbarkeits-, Bitt- und Dankopfer vom Gutenberg, in: Archäologie im Fürstentum Liechtenstein, Basel 1978 (= Helvetia Archaeologica 9, H. 34/36), S. 151–166, bes. 157.
Von der Redaktion nachträglich ergänzt
- Fabian Frommelt, Toni Büchel: Alraunenzauber und Christoffelgebet: Die magische Schatzsuche des Schellenbergers Leonhard Brendle und «consorten» 1703, in: Jahrbuch Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 118 (2019), S. 147–175.
Zitierweise
<<Autor>>, «Magie», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 16.2.2025.