
Marxer, Ludwig (1897–1962)
Autor: Christoph Maria Merki | Stand: 31.12.2011
Anwalt und Politiker. *27.4.1897 Eschen, †20.2.1962 Vaduz, von Eschen. Sohn des Ludwig Marxer und der Maria, geb. Öhri, sieben Geschwister. ⚭ 27.7.1932 Franziska Peer (*29.5.1907, †17.3.1983) von Feldkirch, Tochter des Landesverwesers Josef Peer; drei Kinder, darunter Peter. Aufgewachsen in Vaduz, Gymnasium in Feldkirch, Studium der Rechts- und der Staatswissenschaften an der Universität Innsbruck; 1922 Dr. iur., 1924 Dr. rer. pol.
Marxer eröffnete 1925 die zweite Anwaltskanzlei Liechtensteins und war einer der Gründerväter des Finanzplatzes Vaduz. 1933–45 betreute er fast die Hälfte aller Ausländer, die sich in Liechtenstein einbürgern liessen. Zugleich akquirierte er ausländisch beherrschte Sitzunternehmen. Da manche seiner Geschäftspartner und der von ihm betreuten Neubürger Juden waren, wurde er zum Ziel nationalsozialistischer Angriffe (Sprengstoffanschlag auf die Kanzlei 1940). Andererseits setzte ihn Grossbritannien 1943 auf eine Schwarze Liste (Handelsboykott), weil er mit Geschäftsleuten kooperierte, die sich im Dunstkreis der deutschen Kriegsindustrie bewegten. Die von Marxer gegründete Wirtschaftskanzlei blieb zu seinen Lebzeiten klein (1940 drei Beschäftigte, 1955 sieben). Heute ist Marxer & Partner die grösste Anwaltskanzlei Liechtensteins.
Marxer politisierte für die FBP, der er 1928–45 (zeitweilig als Parteipräsident) mit seinem Freund Regierungschef Josef Hoop den Stempel aufdrückte. 1926 weigerte sich die Volkspartei, Marxer in die Regierung zu wählen – die monatelange Regierungskrise wurde schliesslich durch den Verzicht Marxers gelöst. 1927–28 redigierte Marxer das FBP-Organ «Liechtensteiner Volksblatt», 1928–33 war er nebenamtlich stv. Regierungschef. Er verliess die Regierung aus Rücksicht auf die Kanzlei, auch weil sich die politische und die geschäftlichen Aufgaben kaum auseinanderhalten liessen – so im Fall der 1933 entführten Gebrüder Rotter, die zu seinen Klienten gehörten (→ Rotter-Entführung). Nach 1933 blieb Marxer Regierungsberater. Ehrungen: 1937 Fürstlicher Justizrat, 1960 Wirklicher Justizrat.
Werkauswahl
- Ludwig Marxer: Die Organisation der obersten Staatsorgane in Liechtenstein, Diss. Innsbruck 1924.
Literatur
- Peter Geiger, Arthur Brunhart, David Bankier, Dan Michman, Carlo Moos, Erika Weinzierl: Fragen zu Liechtenstein in der NS-Zeit und im Zweiten Weltkrieg: Flüchtlinge, Vermögenswerte, Kunst, Rüstungsproduktion. Schlussbericht der Unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg, Vaduz/Zürich 2005.
- Christoph Maria Merki: Von der liechtensteinischen Landkanzlei zur internationalen Finanzberatung. Die Anwaltskanzlei Marxer & Partner und der Finanzplatz Vaduz, Baden 2003.
- Franz Gschnitzer: Lebensrecht und Rechtsleben des Kleinstaates, in: Gedächtnisschrift Ludwig Marxer, Hg. Adulf Peter Goop, Zürich 1963.
Von der Redaktion nachträglich ergänzt
- Klaus Biedermann: Ludwig Marxer. Anwalt und Politiker, in: 22 Menschen, die Liechtenstein bewegten, hg. von Frank P. van Eck und Mathias Ospelt, Triesen 2023, S. 214–225.
Normdaten
GND: 128959754
Zitierweise
<<Autor>>, «Marxer, Ludwig (1897–1962)», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 17.2.2025.