Mechanisierung

Autor: Christoph Maria Merki | Stand: 31.12.2011

Unter Mechanisierung versteht man den Einsatz von Maschinen und Werkzeugen, die den Menschen von schwerer Arbeit entlasten. Schon früh erfasste die Mechanisierung das Handwerk und das Gewerbe, vor allem durch die Nutzung der Wasserkraft in Mühlen, Schmieden oder Sägereien. Sie war ein wesentliches Merkmal der Industrialisierung, die in Liechtenstein in den 1860er Jahren einsetzte. Im 20. Jahrhundert verbreiteten sich Maschinen im Zug der Elektrifizierung und Motorisierung auch in der Landwirtschaft, im Dienstleistungssektor, in den privaten Haushalten (Hausarbeit) sowie im Verkehr.

In der Geschichtswissenschaft dient der Begriff Mechanisierung vor allem dazu, die Produktivitätssteigerung der Landwirtschaft im 20. Jahrhundert zu erklären. Die Mechanisierung der Landwirtschaft ist jedoch wesentlich älter; schon der tiergezogene Pflug war ein Schritt in dieser Richtung.

Das technische Zeitalter erfasste die liechtensteinische Landwirtschaft spät. Die kleinen Betriebe verfügten nicht über das zur Anschaffung von Maschinen nötige Kapital. Ackerbau und Milchwirtschaft verlangten kaum nach einer Mechanisierung, solange sie vor allem der Eigenversorgung dienten. In den 1860er Jahren tauchten die ersten Dreschmaschinen auf. 1929 zählte man bei 1317 Betrieben 122 Mostpressen, 479 Milchzentrifugen für die Rahmgewinnung, 135 Mähmaschinen und 104 Heuwender. Traktoren fehlten noch ganz, jedoch standen 76 Motoren im Einsatz. Die meisten liechtensteinischen Bauern griffen für die Grasernte noch immer zu Sense, Heugabel und Rechen. Pflüge und Fuhrwerke wurden meist von Kühen gezogen, selten von Ochsen und Pferden.

Seit den 1940er Jahren nahm der Einsatz von Maschinen zu. Motormäher und Melkmaschinen verbreiteten sich seit den 1950er, Miststreuer und Ladewagen seit den 1960er Jahren. 1960 gab es bereits 447 Traktoren. Die Hälfte von ihnen waren umgebaute Autos, weil sich nur die grösseren Betriebe richtige Traktoren leisten konnten. Die heutigen Bauernhöfe besitzen meist einen grossen Maschinenpark. Aber auch der überbetriebliche Einsatz teurer Maschinen (zum Beispiel Erntemaschinen, Jauchefässer, Spezialmaschinen) hat stark zugenommen, zum Beispiel durch Lohnarbeit, Maschinenringe oder gemeinsame Anschaffungen durch Genossenschaften, welche die Maschinen an ihre Mitglieder verleihen. Seit 1955 besteht in Schaan eine genossenschaftliche Grastrocknungsanlage. Auch die Gebäude wurden seit den 1960er Jahren mechanisiert (Innenmechanisierung). Aus dem Bauernhof von einst ist ein Landwirtschaftsbetrieb mit Futtersilos, Laufställen, Entmistungsanlagen usw. geworden.

Quellen

  • Statistiken und Publikationen des Amts für Volkswirtschaft (AVW).

Literatur

  • Christoph Maria Merki: Wirtschaftswunder Liechtenstein. Die rasche Modernisierung einer kleinen Volkswirtschaft im 20. Jahrhundert, Zürich/Triesen 2007, bes. S. 58f.
  • Hanswerner Schnetzler: Beiträge zur Abklärung der Wirtschaftsstruktur des Fürstentums Liechtenstein, Winterthur 1966, S. 59–61.

Zitierweise

<<Autor>>, «Mechanisierung», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 7.2.2025.