Ministerialität (Dienstmannschaft)

Autor: Heinz Dopsch | Stand: 31.12.2011

In karolingischer Zeit (8./9. Jahrhundert) bezeichnete man den Träger eines Amts (ministerium) im Dienst des Königs, vom Bischof bis zum einfachen Knecht, als ministerialis. Als Geburtsstand, dessen Anfänge ins frühe 11. Jahrhundert zurückreichten, blieb die Ministerialität auf das Heilige Römische Reich beschränkt. Zunächst waren es Bischöfe und Äbte, die unfreie Eigenleute aus den Reihen ihres grundherrlichen Verbands (familia) mit besonderen Aufgaben in der Verwaltung (Meier) und Rechtsprechung, mit berittenem Kriegsdienst und mit der Wahrnehmung von Hofämtern als Marschall, Truchsess, Mundschenk und Kämmerer betrauten und dafür mit einem besonderen Dienstrecht ausstatteten (Worms 1023/25, Limburg 1025, Bamberg 1061/62, St. Gallen 1064 bzw. 1166). Im weltlichen Bereich führte der Investiturstreit (1076–1122) zur Ausbildung der Reichsministerialität unter den Saliern und Staufern, deren Angehörige in Italien bis zu Reichsfürsten aufsteigen konnten. Beim Auf- und Ausbau der Landesherrschaft in Deutschland stützten sich die Landesfürsten seit dem 12. Jahrhundert vor allem auf die Landesministerialität. Kennzeichen der Ministerialität blieb trotz der Zugehörigkeit zum Adel und der Lehensfähigkeit bis ins 13./14. Jahrhundert die persönliche Unfreiheit; der Eintritt Edelfreier in die Ministerialität spielte zahlenmässig nur eine geringe Rolle. Während die Ministerialität im Spätmittelalter grösstenteils im ritterlichen Adel, teilweise auch im städtischen Patriziat aufging, bildete in einigen habsburgischen Erbländern (Österreich, Steiermark, Kärnten) die Spitzengruppe der Ministerialität gemeinsam mit Grafen und Edelfreien einen eigenen Herrenstand.

Im Gebiet des heutigen Liechtenstein errichteten die Herren von Schellenberg, die aus der Ministerialität der Bischöfe von Freising stammten, die gleichnamigen Burgen. Im Dienst König Rudolfs I. von Habsburg erlangten sie als Reichsministeriale und Reichslandvögte Bedeutung. Die Ministerialität der Grafen von Montfort und von Werdenberg setzte sich hingegen durchweg aus einfachen, rittermässigen Geschlechtern zusammen wie den von Richenstein, von Trisun und den Vaistli. Weitere Ministerialen stammten aus der Dienstmannschaft der Bischöfe von Chur (von Eschen, von Unterwegen) und der Freiherr von Sax (von Gamprin). Aus der Ministerialität der Abtei St. Gallen kamen die Ramschwag, die über etliche Generationen im Dienst der Habsburger Burgvögte auf Gutenberg waren.

Literatur

  • Franziska Hälg-Steffen: «Ministerialität», in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.11.2009.
  • Roger Sablonier: Adel im Wandel. Eine Untersuchung zur sozialen Situation des ostschweizerischen Adels um 1300, 22000.
  • Thomas Zotz: Die Formierung der Ministerialität, in: Die Salier und das Reich 3, Hg. S. Weinfurter, 1991, S. 3–50.
  • Knut Schulz: Ministerialität, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 6 (1993), Sp. 636–639.
  • Karl Bosl: Die Reichsministerialität der Salier und Staufer, 1950–51.

Zitierweise

<<Autor>>, «Ministerialität (Dienstmannschaft)», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 8.2.2025.