
Nenzing
Autor: Manfred Tschaikner | Stand: 31.12.2011
Politische Gemeinde in Vorarlberg, Bezirk Bludenz, 5993 Einwohner (2011) mit den Gemeindeteilen Nenzing-Dorf, Beschling, Latz, Gurtis und Mittelberg (Motten, Mariex, Heimat, Rossnis, Halden, Rungeletsch). Seit 1993 Marktgemeinde. 826 Nanciengos, 1259 Nanzingen. Nenzing grenzt im Süden an Graubünden, im Südwesten an Liechtenstein.
Oberhalb von Beschling befindet sich die eisenzeitliche Anlage «Scheibenstuhl», oberhalb von Nenzing-Dorf die spätantike Fluchtstätte «Stellfeder». Vorgängerbauten der Pfarrkirche St. Mauritius sind bis ins frühe 6. Jahrhundert nachgewiesen. Die deutschen Ortsnamen Nenzing und «Beschling» im rätoromanischen Umfeld sind bereits im churrätischen Reichsgutsurbar 842/43 erwähnt. Nach dem Übergang Unterrätiens von den Grafen von Bregenz an die Grafen von Montfort und deren Erbteilungen im 12. und 13. Jahrhundert bildete Nenzing zusammen mit Frastanz eine Zone gemischter Herrschaftsrechte der Grafen von Montfort-Feldkirch und der Grafen von Werdenberg-Sargans am Übergang vom Rheintal in die Grafschaft im Walgau. Die Nenzinger Alpgebiete gehörten bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts zur Grafschaft Vaduz. Bis 1848/55 bezogen die liechtensteinischen Landesherren aus Nenzinger Alpen das Vogelmolken.
Einheimische Adelsgeschlechter waren die Ritter von Nenzing und die Junker Vaistli. Im 13. Jahrhundert errichteten die Herren von Ramschwag die Burg Welsch-Ramschwag. Der Burgname erinnert an das Vorherrschen der «welschen», das heisst rätoromanischen Sprache im Walgau. An deren Zurückdrängung im 14./15. Jahrhundert waren auch eingewanderte Walser beteiligt. Diese liessen sich in Nenzing vor allem an höheren Hanglagen nieder, vor allem am Nenzingerberg und in Gurtis. Zu den Walsersiedlungen in Liechtenstein bestanden familiäre Kontakte.
In der 1473/74 von Österreich eroberten beziehungsweise erworbenen Grafschaft Sonnenberg bildete Nenzing zusammen mit Frastanz die «kleine Genoss». An die einst enge Verflechtung der beiden Gemeinden erinnert eine ungewöhnliche Grenzziehung, die seit 1903 auch die Bezirksgrenze darstellt.
Die wirtschaftlichen Grundlagen bildeten bis ins 19. Jahrhundert die Landwirtschaft mit Ackerbau, Viehzucht, Alp- und Waldwirtschaft sowie Gewerbebetrieben vor allem am Meng-Bach in Nenzing-Dorf. Hier gab es auch Säumergewerbe. In Mariex und Motten wurde wie in Frastanz Tabak angebaut, im Galinatal im 15./16. Jahrhundert Bergbau betrieben. Einen Umbruch der traditionellen Verhältnisse brachte der Bau der Baumwollspinnerei und -weberei der Firma Getzner, Mutter & Cie. 1831/32. Es folgte die Gründung weiterer Industrie- und Gewerbebetriebe. Seit etwa 1870 war Nenzing das Ziel von Zuwanderern, die zunächst vor allem aus dem südlichen Tirol kamen. 1872 erfolgte der Anschluss an den Bahnverkehr, 1981 die Eröffnung der Walgauautobahn. Ende des 19. Jahrhunderts kam der Tourismus auf. Im Gemeindegebiet befinden sich etliche Naturdenkmäler. Im 17./18. Jahrhundert fanden jährlich am Magnus-Tag Prozessionen aus den Pfarreien Mauren und Eschen zur Kapelle von Beschling statt.
Literatur
- Manfred Tschaikner: Das spätmittelalterliche «Land im Walgau», in: Das Land im Walgau. 600 Jahre Appenzellerkriege im südlichen Vorarlberg, hg. von Thomas Gamon, Nenzing 2005.
- Elmar Schallert: Nenzing, in: Rheticus. Vierteljahresschrift der Rheticus-Gesellschaft, Jg. 16 (1994), S. 419–437.
- Topographisch-historische Beschreibung des Generalvikariates Vorarlberg, Bd. 6: Dekanat Sonnenberg, Dornbirn 1937, S. 241–389.
Zitierweise
<<Autor>>, «Nenzing», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 14.2.2025.