
Pest
Autor: Karl Heinz Burmeister | Stand: 31.12.2011
Hochansteckende Krankheit, die Europa im Mittelalter und in der frühen Neuzeit häufig heimsuchte. Ihre Übertragung auf den Menschen erfolgt durch auf Ratten lebende Flöhe. Die Pest befiel die Liechtenstein benachbarte Stadt Feldkirch 1348/49 («der schwarze Tod»), 1383 mit 130 Toten, 1399, 1439, 1467, 1470, 1482, 1567, 1629 mit 700 Toten sowie 1635, Maienfeld 1493 mit 62 Toten, 1507, 1594/95. In Liechtenstein blieb keine Gemeinde unberührt. Pestjahre waren hier u.a. 1314/15, 1348/49, 1362, 1383, 1386, 1622 («ungarische Krankheit»), 1629 (60 Tote in Bendern), 1639 (Stiftung der Kapelle St. Sebastian und Rochus in Nendeln) und zuletzt 1689.
Die Pest führte zu Entvölkerung und Niedergang des Wirtschaftslebens (Preisverfall und Teuerung, Hungersnöte, verödete Güter, Auswanderung). Es gab kaum wirksame Mittel gegen die Pest. Oft suchte man sein Heil in der Flucht an höher gelegene Orte wie Planken und Triesenberg. Graf Heinrich V. von Werdenberg-Vaduz verlegte 1383 wegen der Pest seinen Haushalt nach Chur. Da man die Seuche als Strafe Gottes ansah, wurde in den Landsbräuchen das Fluchen, Spielen und Tanzen verboten. Auch setzte man geistliche Mittel (Wallfahrten, Prozessionen, Andachten, Bettage, Pestgebete) ein, die aber teilweise kontraproduktiv wirkten, da sie die Berührung mit Infizierten förderten. Medizinische Massnahmen wie Isolierung der Kranken, Ausräuchern der Krankenzimmer oder Schutzkleidung für die Ärzte blieben ohne grosse Wirkung. Beliebt als Heilmittel gegen die Pest waren im 17. Jahrhundert Besuche des Bades Vogelsang bei Triesen. Schliesslich suchte man durch rasche Beseitigung der Toten in mit Bildstöcken gekennzeichneten Massengräbern («Pestkappile» in Bendern, Gamprin, Schaan und Triesen) die Ansteckungsgefahr zu mindern. Die weit verbreiteten «Pestsprüche» (z.B. in Triesen: «Ist es nicht eine grosse Plag – 99 Jungfrauen in einem Grab!») sind Wandersagen, verdeutlichen aber die mit der Pest verbundenen Schrecken. Seit dem späten 17. Jahrhundert führten seuchenhygienische Massnahmen (Quarantäne infizierter Orte, Pestzeugnisse) zu einem allmählichen Rückgang der Pest in Europa.
Quellen
- Hans Stricker, Toni Banzer, Herbert Hilbe: Liechtensteiner Namenbuch, Teil I: Die Orts- und Flurnamen des Fürstentums Liechtenstein, Bd. 5: Lexikon der in den Namen enthaltenen Wörter, Vaduz 1999 (FLNB I/5), S. 393.
Literatur
- Engelbert Bucher: Pestzeit – Schreckenszeit. Die Masescha-Kapelle in der Pestzeit, in: 1342. Zeugen des späten Mittelalters. Festschrift «650 Jahre Grafschaft Vaduz», hg. von Hansjörg Frommelt im Auftrag des Liechtensteinischen Landesmuseums, Vaduz 1992, S. 232–241.
- Josef Büchel: Geschichte der Gemeinde Triesen, hg. von der Gemeinde Triesen, Bd. 2, Triesen 1989, S. 915–919.
- Peter Kaiser: Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein. Nebst Schilderungen aus Chur-Rätien‘s Vorzeit, Chur 1847, neu hg. von Arthur Brunhart, Bd. 1, Vaduz 1989, S. 146, 190f., 227, 420, 424f., 427.
Externe Links
- Liechtensteiner Namenbuch online
Zitierweise
<<Autor>>, «Pest», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 9.2.2025.