
Pokorny, Peter
Autor: Karl Heinz Burmeister | Stand: 31.12.2011
Landvogt. *4.10.1795 Butschowitz (CZ), †1866. ⚭ Antonia Walter, fünf Kinder. Studium der Rechtswissenschaften, dann Rechtspraktikant beim Justiz- und Kreisgericht Rabensburg (NÖ), 1820 Oberamtmann einer Herrschaft des gräflichen Hauses Kinsky. 1822 trat Pokorny in fürstlich-liechtensteinische Dienste und wurde Justiziar der Herrschaft Sternberg (CZ). Für den Fürsten von Liechtenstein waren auch zwei seiner Brüder (als Rentmeister bzw. Justiziar) und sein Sohn Moritz tätig.
Pokorny wirkte vom 1.2.1827 bis 30.6.1833 als Landvogt zu Vaduz. Der von seinem Amtsvorgänger Josef Schuppler eingewiesene Pokorny nahm die Geschäfte zu Beginn seiner Tätigkeit energisch und initiativ wahr. Er reorganisierte die Registratur des Oberamts nach dem Vorbild der liechtensteinischen Hofkanzlei, schuf 1827 ein neues Schulgesetz und begann 1828 mit dem Aufbau einer Landespolizei (→ Polizei). Pokorny erregte den Unwillen des Klerus und der Bevölkerung, als er 1827 das Zivilstandswesen unter staatliche Kontrolle stellte. 1829 berichtete er Fürst Johann I. über die Armut des Landes und schlug die Einrichtung eines Magazins für ca. 807 hl Mais sowie eines (erst 1845 eingeführten) Armenfonds vor.
1831 kritisierte eine Untersuchungskommission der fürstlichen Hofkanzlei, Pokorny vernachlässige seine Amtsgeschäfte. Auf Ablehnung bei den Untertanen stiess Pokorny 1830 mit der Einführung der Salzsteuer, die eine bedeutende neue Staatseinnahme bildete, und 1831 mit der Aushebung der Rekruten für das liechtensteinische Militärkontingent. Letzteres wurde aufgrund einer vom Deutschen Bund angeordneten Musterung nötig und bildete den Hauptauslöser für die Unruhen 1831/32. 1831 ersuchte die Bevölkerung den Fürsten, Pokorny von seinem Posten abzuberufen, da sie das Vertrauen in ihn verloren habe. Pokorny, der die Lage nicht unter Kontrolle brachte, bat den Fürsten 1831 zweimal um seine Versetzung. Durch ein auf Vorschlag Pokornys vom Fürsten erlassenes Untertanspatent, das für jede Art von Aufruhr schwere Strafen vorsah, wurden 1832 Ruhe und Ordnung wiederhergestellt. Auf den 1.7.1833 erfolgte die Ernennung Pokornys zum Schlosshauptmann in der Kammerherrschaft Troppau (CZ); er hatte das dortige Zivilrichteramt mit zu versehen. Pokorny verliess Liechtenstein, nachdem er seinen Nachfolger Johann Michael Menzinger in die Amtsgeschäfte eingeführt hatte. 1834–35 war er Kammerburggraf in Jägerndorf (CZ), 1847 Oberamtmann in Rumburg (CZ). 1850 erhielt er den Rang eines fürstlichen Rats, 1860 wurde er pensioniert.
Pokorny galt als treuer Diener des Fürsten sowie als ehrgeiziger und überheblicher Beamter. Er zeigte kein Verständnis für die Anliegen der Bevölkerung, auf die er herabsah. Darin ähnelte er seinem Vorgänger Josef Schuppler, dessen diplomatisches Geschick ihm aber abging. Verdient machte sich Pokorny u.a. durch den Beginn der staatlichen Kontrolle des Zivilstandswesens.
Literatur
- Paul Vogt: Verwaltungsstruktur und Verwaltungsreformen im Fürstentum Liechtenstein in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 92 (1994), S. 135f.
- Paul Vogt: Brücken zur Vergangenheit. Ein Text- und Arbeitsbuch zur liechtensteinischen Geschichte. 17. bis 19. Jahrhundert, hg. vom Schulamt des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz 1990, S. 119.
- Rupert Quaderer: Politische Geschichte des Fürstentums Liechtenstein von 1815 bis 1848, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 69 (1969), S. 5–242.
- Karl von In der Maur: Feldmarschall Johann Fürst von Liechtenstein und seine Regierungszeit im Fürstentum, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd.5 (1905), S. 149–216, bes. 197, 201f.
Zitierweise
<<Autor>>, «Pokorny, Peter», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 12.2.2025.