Presse

Autor: Wilfried Marxer | Stand: 27.1.2025

Das Pressezeitalter setzte in Liechtenstein mit grosser Verzögerung ein. Erst die konstitutionelle Verfassung von 1862 garantierte die Pressefreiheit und stärkte das Bedürfnis an öffentlichem Diskurs. Ausländische Presseerzeugnisse, insbesondere aus dem nahen Graubünden und Vorarlberg, wurden in Liechtenstein auch davor schon gelesen. In ihnen wurden aber nur vereinzelt liechtensteinische Themen behandelt.

Die Geburtsstunde der liechtensteinischen Presse schlug am 12.4.1863 mit der ersten Ausgabe der «Liechtensteinischen Landeszeitung», die bis 1868 erschien. 1873 erfolgte mit der «Liechtensteinischen Wochenzeitung» der zweite Anlauf, mittels einer Zeitung die politische Diskussion und Information zu verbessern; sie wurde 1877 eingestellt. Langfristigen Bestand hatte erst das «Liechtensteiner Volksblatt», das ab 1878 während 145 Jahren bis zu seiner Einstellung 2023 ununterbrochen herausgegeben wurde. Es war während mehrerer Jahrzehnte die einzige Zeitung in Liechtenstein. Eine Konkurrenz erwuchs ihm 1914 in den «Oberrheinischen Nachrichten», dem Sprachrohr einer kritischen Opposition im Landtag. Mit den Parteigründungen 1918 wurden beide Blätter zu Parteizeitungen: Das «Volksblatt» war forthin das Organ der Fortschrittlichen Bürgerpartei, die «Oberrheinischen Nachrichten» waren jenes der Christlich-sozialen Volkspartei. 1924 wurden die «Oberrheinischen Nachrichten» in «Liechtensteiner Nachrichten» umgetauft. Diese fusionierten 1936 im Zug eines Parteienzusammenschlusses mit der Zeitung «Liechtensteiner Heimatdienst» zum «Liechtensteiner Vaterland», der Zeitung der neuen Vaterländischen Union.

Auch die weiteren Zeitungsprojekte waren mit Ausnahme des seit 1936 erscheinenden Kirchenblatts «In Christo» eng an politische Bewegungen geknüpft: das «Heimatland» (1927), die «Liechtensteinische Volkswirtschaftliche Zeitung» (1931–1932) und die «Liechtensteinische Freiwirtschaftliche Zeitung» (1932–1933) an den Freiwirtschaftsbund, die «Liechtensteinische Arbeiter-Zeitung» (1932–1933) an den Arbeiterverband, der «Liechtensteiner Heimatdienst» (1933–1935) an die gleichnamige ständestaatliche Bewegung, «Der Umbruch» (1940–1944) an die nationalsozialistische Volksdeutsche Bewegung in Liechtenstein (VDBL). Dieses Bild änderte sich nach dem Zweiten Weltkrieg nicht: «Der Liechtensteiner» (1964–1971) bzw. der «Liechtensteiner Wochenspiegel» (1971–1976) dienten der Christlich-sozialen Partei als Sprachrohr. Der «Maulwurf» (1985–1989) war als alternative Zeitschrift in der neuen sozialen Bewegung verankert und stand der Freien Liste nahe, ebenso das Nachfolgeprodukt «Löwenzahn» (1990–1992). Die Freie Liste gibt seit 1988 zudem eine eigene, mehrmals im Jahr erscheinende Parteizeitung heraus (seit 2011 Magazin «Weiss»), ebenso 2013–2021 die Partei DU – Die Unabhängigen für Liechtenstein («Hoi du») und seit 2019 die Demokraten pro Liechtenstein (DpL) («transparent»).

Erst das Gratis-Sonntagsblatt «Liechtensteiner Woche» (Liewo) schlug 1993 einen parteiunabhängigen Weg ein, konnte aber keine journalistischen Akzente setzen; 1999 wurde sie vom Presseverein des «Liechtensteiner Vaterlands» übernommen. Das kommerzielle Motiv dominiert(e) bei ihr ebenso wie bei dem im Jahr 2000 während weniger Monate herausgegebenen «Liechtensteiner Anzeiger». Seit 2005 erscheint das Magazin «Liechtensteiner Monat» (bis 2013 «Der Monat»). Weitgehend werbefinanziert ist auch die seit 2011 bestehende kostenlose Monatszeitung «lie:zeit». Rein online erscheinende News- bzw. Zeitungspublikationen, wie der seit 2023 publizierte «Landesspiegel», blieben in Liechtenstein bislang wenig erfolgreich.

Vor 1921 sowie in den 1930er und 1940er Jahren war die Presse teilweise einer staatlichen Zensur unterworfen. Generell führte die geringe Vielfalt der liechtensteinischen Presse und deren Bindung an politische Parteien und Bewegungen zu einem Mangel an unabhängiger Berichterstattung und zu einer funktionalen Einschränkung der Informations- und Meinungsfreiheit. Die journalistische Arbeit wurde durch Partei- und Kommerzinteressen behindert, auf der Ebene der Redaktionen herrschte eine Form der Selbstzensur. Ihre dominante Stellung in der liechtensteinischen Medienlandschaft erlaubte den beiden Tageszeitungen «Volksblatt» und «Vaterland» eine Kanalisierung und Filterung von Informationen durch Absprachen. Ab den 1990er-Jahren öffneten sie sich allerdings und druckten seither abweichende Meinungen in Form von Leserbriefen und Forumsbeiträgen weitgehend ungefiltert ab. Die Ausbildung und Professionalität der Medienschaffenden verbesserten sich kontinuierlich. Nach dem durch den zunehmenden ökonomischen Druck auf dem Medienmarkt bedingten Ende des «Volksblatt» 2023 blieb das «Vaterland» als einzige liechtensteinische (Print-)Tageszeitung übrig. In einem neuen Redaktionsstatut bekannte sich das «Vaterland» im selben Jahr dazu, die Zeitung in Zukunft überparteilich zu positionieren. Damit sollte die journalistische Unabhängigkeit von der noch bestehenden Trägerschaft, die eng mit der VU verknüpft blieb, garantiert werden.

Die Presse leistet trotz aller Defizite einen wichtigen Beitrag zur Information und Meinungsbildung im politischen System Liechtensteins. Sie finanziert sich durch den Zeitungsverkauf (v.a. Abonnementseinnahmen), den Werbeverkauf und private Zuwendungen. Für die grossen Tageszeitungen spielten auch die lukrativen amtlichen Kundmachungen lange eine grosse Rolle, die jedoch im Zug der Digitalisierung laufend an Bedeutung einbüssen. Ferner profitiert die Presse seit dem Inkrafttreten eines Medienförderungsgesetzes im Jahr 2000 von einer massgeblichen staatlichen Zuwendung, welche die Leistungsfähigkeit und Qualität des Mediensystems stärken und verbessern soll.

Insbesondere seit den 2000er-Jahren nahm die Bedeutung der Online-Berichterstattung und der Sozialen Medien zu, welche jedoch auch mit sich verändernden journalistischen Routinen, neuen Lesegewohnheiten und ökonomischen Schwierigkeiten wie sinkenden Abonnentenzahlen und rückläufigen Erträgen einhergeht. Gemessen an der Bevölkerung verzeichneten die (Print-)Tageszeitungen in Liechtenstein noch in jüngster Vergangenheit trotz sinkender Tendenz im internationalen Vergleich hohe Auflagen und Reichweiten. Etwa 20 % der Bevölkerung lesen ausländische Zeitungen, v.a. schweizerische; werden auch ausländische News- und Zeitungsportale im Internet hinzugezählt, sind es etwa 40 %.

Literatur

Zitierweise

<<Autor>>, «Presse», Stand: 27.1.2025, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 9.2.2025.

Medien

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Die ersten liechtensteinischen Zeitungen: «Liechtensteinische Landeszeitung», 12.4.1863, und «Liechtensteinische Wochenzeitung», 24.1.1873 (LI LA).